Punktlandung

MH 370: Von Scharlatanen und tatsächlichen Experten

Das Schicksal von MH370 ruft jede Menge Experten und Scharlatane auf den Plan, in der Hoffnung für ihre 15 Minuten Berühmtheit sich die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zu sichern. Tatsächlich gibt es bis heute keine Beweise für irgendeine der Theorien und so wird fast alles an Theorien zu nicht mehr als Kaffeesudleserei. Was haben wir nicht alles gelesen. Zuletzt wurde ein Indiz diskutiert weil ein Pilot eine Höhenmeldung innerhalb von 6 Minuten wiederholte, und ein anderer Experte stellt sogar den letzten Kontakt als idealen Zeitpunkt für einen Flugzeugdiebstahl in den Raum. Fakten gibt es bis heute nur, dass die Maschine um 1:19 das letzte Mal am Funk bei der Übergabe an die nächste Kontrollstelle zu hören war und zwei Minuten später auch das ACARS seine letzte Meldung losschickte. Danach breitete sich traurige Stille um den Flug aus. Ob nun die Maschine noch Stunden später Daten über andere Kanäle, wie zB Triebwerkstelemetrie oder ähnliches schickte scheint auch nicht wirklich gesichert. Und damit erschöpfen sich auch die Fakten.

Die Kombination aus fehlender Absturzstelle im Suchgebiet, wo der Kontakt abriss und möglicherweise Telemetriedaten lassen die Vermutung zu, dass die Maschine sich von der letzten bekannten Position noch einige Zeit in irgendeine bis heute unbekannte Richtung weiterbewegte. Es ist rätselhaft, dass das so gut wie überall vorhandene Militär ein Primärziel (bei Primärradarortung wird jedes Metallflugzeug, besonders große Linienflugzeuge geortet. Es ist kein Gerät an Bord der Maschine zur Ortung notwendig) so einfach verlieren kann und so mancher Verteidigungsminister aus diesen Gegenden wird sich einige Fragen gefallen lassen müssen, soferne die Militärs tatsächlich so ahnungslos sind wie sie behaupten. Zur Erinnerung, in der Vergangenheit wurden leider immer wieder Zivilflugzeuge versehentlich abgeschossen, und nie – außer im Falle des Iranair Abschusses durch die USA - hatten es Militärs besonders eilig, das zuzugeben. Sämtliche Interpretationen eines unbewiesenen Verhaltens der Crew, zu denen sich jüngst Mr. Goodfellows hinreißen hat lassen, sind zum Teil absurd und zum anderen Teil zu einhundert Prozent spekulativ. Die Theorie ein Feuer innerhalb der Druckkabine durch einen Steigflug zu löschen hat etwa die Qualität, als würde man behaupten, dass ein Mensch unter Wasser im Atlantik leichter ertrinkt als im Pazifik und lässt einen schon sehr an der genannten Qualifikation des Autors zweifeln. Das einzige was nun außerhalb der Druckkabine Feuer fangen könnte wäre ein Triebwerk, was unweigerlich zum Abschalten des selbigen führen würde und damit einen Steigflug, ja sogar das einfache Halten der Reiseflughöhe unmöglich machen würde.

 

Ob nun die Kommunikation vorsätzlich abgeschaltet wurde, oder technisch ausfiel, weiß bis heute auch niemand. Man braucht auch ein Funkgerät nicht außer Betrieb zu nehmen. Einfach nicht zu antworten erzeugt am Boden denselben Eindruck. Es gibt nur zwei Möglichkeiten.

 

Das Flugzeug wurde vorsätzlich durch jemanden woanders hingesteuert und man hat es in unserer kontrollierten Welt geschafft die Maschine so zu entführen, dass niemand über den Verbleib Bescheid weiß oder etwas darüber preisgeben will. Kein Bekenner, keine Forderung werfen die Frage auf, wozu dann? Hatte die Maschine etwas derart Wichtiges oder Wertvolles geladen, das den Aufwand (neben der Eliminierung der Passagiere) lohnen würde? Das Flugzeug könnte sich so oder so nie mehr wo blicken lassen, womit ein Diebstahl zu Verwertung auch mehr als unwahrscheinlich ist.

 

Die zweite Möglichkeit ist ein technisches Gebrechen, bei dem die Crew früher oder später die Kontrolle über die Maschine verlor und das Flugzeug irgendwann unkontrolliert niederging. Es gibt mehrere Varianten: Elektrische Probleme mit oder ohne Feuer und Rauch in Kombination mit Druckverlust und damit Bewusstseinsverlust der Crew sind nur einige davon. Die Vergangenheit kennt viele Unfälle mit solchen oder einer Kombination solcher Gründe.

 

Was nun wirklich an Bord von MH370 passiert ist, wird man mit Sicherheit erst nach Auswertung möglicherweise noch unter Verschluss gehaltener Daten, dem Auffinden der Maschine oder der Auswertung der Datenrekorder wissen. Das ist zwar weit weniger spannend als wilde Spekulationen, aber bis heute der einzige seriöse Ansatz zu dem Schicksal der vermissten 777.

 

 

 

Der Autor dieser Puntklandung ist Flugkapitän mit mehreren tausend Flugstunden Erfahrung. Er war viele Jahre für eine große österreichische Fluglinie tätig.

 

 

Titelbild: Die Unglücksmaschine 9M-MRO beim Start - Foto: Ercan Karakas via Wiki Commons)

Hinweis: „Punktlandungen” sind Kommentare einzelner Autoren, die nicht zwingend die Meinung der Austrian Wings-Redaktion wiedergeben.