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Interview: "SWISS - Auf zu neuen Höhenflügen"

Bernhard Wodl, SWISS
Bernhard Wodl, SWISS

Als Nachfolgegesellschaft der Regionalfluggesellschaft Crossair - die damals Teile der insolventen Swissair übernommen hatte - ging das neue Unternehmen im Jahre 2002 unter dem Namen Swiss International Air Lines, oder kurz SWISS, an den Start. Im ersten Jahr nach dem Start flog das Unternehmen noch ein Minus ein: – Das EBIT lag 2002 bei -909 Mio CHF. Doch schon bald interessierten sich sowohl Lufthansa als auch die ONE WORLD Allianz unter der Führung von British Airways für das Schweizer Unternehmen und starteten mit Verhandlungen für eine Übernahme. Nachdem die ersten Verhandlungen noch gescheitert waren, wurde schlussendlich im Jahre 2005 doch die schrittweise Übernahme in den Lufthansa Konzern vereinbart (Star Alliance). Seit dieser Entscheidung und der daraus folgenden konsequenten Restrukturierung, scheint es so, als sollte die Erfolgsgeschichte der Schweizer Fluggesellschaft kein Ende mehr nehmen. Martin Dichler sprach mit Bernhard Wodl (SWISS Regional Manager Austria& Osteuropa)

Austrian Wings: Ich gratuliere, SWISS wurde in diesem Sommer in einer SKYTRAX Umfrage mit den Preisen „Beste Fluggesellschaft in Westeuropa“ und „Beste Business Airline Europa“ ausgezeichnet. Wie kam es dazu und was schätzen die Kunden an SWISS?

Bernhard Wodl:Als nationale Fluggesellschaft der Schweiz fühlen wir uns unserer Herkunft und einem hohen Qualitätsanspruch verpflichtet. Wir möchten unseren Kunden ein konstant hochwertiges Produkt und Service am Boden und in der Luft bieten. Unser hoher Qualitätsanspruch spiegelt sich beispielsweise in unserer neuen Business Class auf unserer Langstreckenflotte wider. Die Kundenzufriedenheit konnte damit deutlich gesteigert werden, dies gilt auch für die neue Economy und First Class auf dem Airbus 330-300, den wir 2009 eingeführt haben. Unsere Kunden schätzen die Qualität unserer Produkte, unsere Zuverlässigkeit und unsere Nähe zu ihnen. Diese Merkmale sind auch unsere Vorteile gegenüber den stärker werdenden Low Cost Airlines. Dank unserer überschaubaren Größe sind wir näher am Kunden und können uns als Netzwerkgesellschaft leichter um Lösungen für unsere Kunden bemühen. Weiters zeigt sich die Nähe zu unseren Kunden auch in der persönlichen Ansprache an Bord unserer Flugzeuge. Hier legen wir bereits bei der Schulung unserer Mitarbeiter großen Wert auf die persönliche Betreuung. Zusätzlich pflegen wir unsere Schweizer Traditionen, jeder unserer Passagiere erhält an Bord ein Stück klassischer Schokolade. In der Regel stehen beim Verlassen des Flugzeuges auch unsere Piloten in der Flugzeugkabine und verabschieden die Kunden persönlich. Das alles zusammen sind nette kleine Gesten, die unsere Kunden schätzen. Unser Hub, der Züricher Flughafen Kloten ist für uns als Airline natürlich besonders wichtig. Dieser bietet einfache und kurze Wege, der Kunde findet sich beim Umsteigen leicht zurecht. Das ist ein großer Vorteil gegenüber anderen Hubs großer Fluggesellschaften. Außerdem verfügt der Flughafen über eine ausgezeichnete Infrastruktur, die in naher Zukunft durch eine zentrale Sicherheitskontrolle und das neue Dock B erweitert wird. Ganz wichtig für den Kunden ist natürlich auch unser Streckennetz. Wir bieten Verbindungen in die wichtigsten Metropolen dieser Erde, dadurch ergeben sich viele interessante (Transfer)Destinationen auch für unsere österreichischen Passagiere.

 

Austrian Wings: SWISS hat seit ihrer Übernahme durch den Lufthansa Konzern im Jahre 2007 eine Bilderbuch-Karriere hingelegt und schreibt regelmäßig schwarze Zahlen. Welche Maßnahmen mussten gesetzt werden und wie kam es zu diesem Erfolg?

Foto: Martin Dichler

Bernhard Wodl: Die ersten Weichen für den Erfolg von SWISS wurden schon vor der Integration in den Lufthansa Konzern gelegt. Wir befanden uns damals bereits in einer Restrukturierungsphase, die sicher eine maßgebliche Voraussetzung dafür war, dass wir heute so nachhaltig erfolgreich sind. Ich komme aus dem Lufthansa Konzern und es ist bewundernswert, wie kostenbewusst die Mitarbeiter von SWISS agieren. Man dreht bei den Ausgaben jeden Schweizer Franken nochmals um, bevor er ausgegeben wird. Gerade in diesem Margenschwachen Geschäft ist es wichtig, dass die Mitarbeiter dieses Prinzip leben. Wir halten im Unternehmen regelmäßig Kaizen Worksshops (japanische Philosophie zur kontinuierlichen Verbesserung von Prozessen) ab. Die Kaizen Workshops werden immer von einem Kaizen Meister begleitet, der mit den Mitarbeitern sämtliche, für den jeweiligen Bereich relevante Prozesse durchgeht. Das Konzept kann man in den verschiedensten Bereichen einsetzen, wie z.B. der Vereinfachung von Abläufen im Passagierbereich, den Arbeitsprozessen an Bord-, oder auch für Wartungsprozesse bei Flugzeugen. Ein wichtiger Bereich zum Thema Kosten ist dabei auch die moderne und effiziente Flotte. Wir fliegen mit einer Airbus 330/340 Flotte auf der Langstrecke und mit der A-320 Familie auf unseren Mittel- und Kurzstrecken. Zudem setzen wir im Europaverkehr Avro Regionaljets mit knapp 100 Sitzplätzen ein. Dieser relativ homogene Flottenmix ermöglicht es uns, beim Creweinsatz, dem Training oder der Wartung kosteneffizient zu operieren und flexibel auf Nachfrageschwankungen zu reagieren.

Austrian Wings: Die heimische Austrian Airlines hat sich in den vergangenen Jahren auf den FOCUS EAST konzentriert, in welchen Bereichen sieht die SWISS ihre Stärken?

Bernhard Wodl: Uns ist es wichtig ein weltweites Netzwerk zu den wichtigsten Metropolen der Welt anbieten zu können um für Geschäfts-, aber auch für die Freizeitreisende attraktiv zu sein. Für den Geschäftsreisenden ist es ganz wichtig aus einer Vielzahl an Verbindungen zu einer bestimmten Destination auswählen zu können. Mit freien Kapazitäten wird daher zuerst versucht Frequenzen zu erhöhen, bevor eine neue Strecke eröffnet wird. Für Fluggäste in Richtung Fernost bieten wir eine attraktive Auswahl an Destinationen an: Tokio, Hongkong, Schanghai, Delhi, Mumbai und Bangkok werden täglich angeflogen, zusätzlich fliegen wir ab Februar 2012 täglich nach Peking. Dieses umfangreiche Angebot nach Fernost ist besonders interessant für Business Passagiere. Auf diesen Flügen bieten wir alle drei Klassen (Economy, Business, First) an. Zudem setzen wir auf den Fernost - Flügen lokale Cabin Crew Mitglieder aus dem jeweiligen Land ein, die ihre Sprachkompetenz sowie die kulturellen Umgangsformen in den Service einzubringen. Wenn Sie mich auf den österreichischen Markt ansprechen, so sind wir da besonders stark in Richtung Nordamerika aufgestellt. Für diese Strecken wächst auch die Nachfrage aus Österreich heraus kontinuierlich. Wir fliegen viermal täglich nach New York und die im Jahre 2010 eingeführte Verbindung nach San Francisco wurde wegen der guten Nachfrage - auch ab Österreich- inzwischen aufgestockt. In Zusammenarbeit mit unserer Schwestergesellschaft Edelweiss Air bedienen wir im Leisure - Bereich die beliebtesten Ferienziele in der Karibik, den Malediven, oder Ziele in Afrika. Bei der Vermarktung dieser Flüge arbeiten wir mit allen namhaften Reiseunternehmen in Österreich zusammen.

 

Austrian Wings: Sie haben in den vergangenen Jahren ihr Angebot auf der Langstrecke kontinuierlich ausgebaut. Warum funktioniert die Langstrecke bei SWISS so gut und nutzen inzwischen vermehrt auch österreichische Fluggäste dieses Angebot über Zürich?

Bernhard Wodl: Wir haben in den letzten Jahren kontinuierlich in unsere Produkte und Serviceleistungen am Boden und in der Luft investiert. Davon profitieren natürlich auch unsere österreichischen Kunden. So haben wir beispielsweise im Jahr 2009 eine neue Business Class eingeführt, die mittlerweile auf all unseren Langstreckenflugzeugen eingebaut ist. Diese Investition kommt bei unseren Kunden sehr gut an und wir erhalten sehr viel positives Feedback. Besonders attraktiv für unsere Passagiere in Österreich ist das Flugangebot in die Metropolen der USA wie San Francisco, Los Angeles oder Chicago, da die diese optimale Anschlüsse von und nach Österreich bieten. Unsere Langstreckenziele werden fast alle täglich bedient.

Austrian Wings: Wie wichtig ist dabei für Sie die Mitgliedschaft in der Star Alliance?

Bernhard Wodl: Die Mitgliedschaft in der Star Alliance ist wichtig, denn sie bietet uns und unseren Kunden zahlreiche Vorteile. Der Kunde hat eine viel größere Flexibilität bei der Auswahl seiner Ziele und Verbindungen im Star Alliance Netzwerk. Wir können durch diesen Verbund unsere Kunden mit einen Ticket überall hin auf der Welt befördern und diese fast unbegrenzte Auswahl an Destinationen ist ein ganz großer Vorteil auch beim Vermarkten unserer Flüge. Außerdem können unsere Kunden auf allen Flügen der Star Alliance Fluggesellschaft Meilen sammeln und einlösen sowie deren Lounges nutzen.

 

Austrian Wings: Sie haben im März 2009 ihr neues SWISS First Class Produkt auf der A-330 vorgestellt. Was erwartet den Kunden in der First Class und warum verkauft sich das Produkt bei SWISS noch immer, während andere Airlines ihre Flugzeuge auf Business Sitze umstellen?

Bernhard Wodl: Unser First Class Produkt verkauft sich sehr gut! SWISS versteht sich als Premium Airline und dazu gehört eben auch eine First Class, die man den Top-Kunden anbieten möchte. Unsere neue First Class, die wir 2009 mit den A330-300 eingeführt haben, wird von unseren Kunden sehr gut bewertet und ist äußerst beliebt. Sie zeichnet sich durch neue Sitze, einen noch besseren Service an Bord, als auch am Boden aus. Wir bieten unseren Kunden einen eigenen First Class Check-In und unsere First Class Lounge in Zürich bietet eine Vielzahl an Annehmlichkeiten. Vorab kann der Kunde schon ein Mittag- bzw. Abendessen in der Lounge einnehmen und wird dann mit einer eigenen Limousine bis zum Flugzeug gebracht. Jedem Kunden, der bei uns zum ersten Mal First Class fliegt, schicken wir im Anschluss einen Brief und eine kleine Überraschung. Seit dem Beginn meiner Tätigkeit für SWISS in Österreich sind jeden Monat ein paar neue First Class Kunden dazu gekommen sind und die Tendenz zeigt nach oben.

Austrian Wings: Der Wiener Flughafen sieht sich als Transferhub und bewirbt seine „Minimum –Connecting-Time“ von nur 25 Minuten. Zürich-Kloten ist natürlich auch ein Transferflughafen mit schnellen Umsteigezeiten, wie lange müssen in der Regel Passagiere, die ab Wien über Zürich fliegen auf ihren (Interkontinental) Anschlussflug warten?

Bernhard Wodl: Grundsätzlich garantieren wir 40 Minuten Umsteigezeit. Bei bestimmten Verbindungen sind aber auch Anschlüsse mit 35 Minuten Umsteigezeit möglich. Wir wollen das Umsteigen in Zürich so angenehm wie möglich gestalten. Zürich ist auf alle Fälle ein Umsteigeflughafen der kurzen Wege. Uns ist es natürlich wichtig, dass nicht nur der Passagier seinen Flug erreicht, sondern dass auch dessen Gepäck garantiert seinen Anschlussflug erreicht. Ich persönlich fliege sehr gerne mit SWISS nach Bangkok. Wenn man um 06:10Uhr früh aus Bangkok in Zürich ankommt und der Weiterflug bereits um 07:10 Uhr startet, dann bleibt fast nur eine Stunde Aufenthalt am Züricher Flughafen. Diese Zeit vergeht mir persönlich fast zu schnell. In dieser einen Stunde kann man zwar gemütlich und entspannt einreisen, erledigt seine Einreiseformalitäten und die Sicherheitskontrolle und ist immer noch rechtzeitig am Flugsteig nach Wien. Was zählt ist im Grunde genommen aber immer noch das gemütliche Umsteigen für den Fluggast und die Möglichkeit, dass er entspannt unsere Lounges oder die Einkaufsmöglichkeiten nutzen kann.

Austrian Wings: Das SWISS Streckennetz umfasst 72 Destinationen, eine davon ist Wien. Wie wichtig ist diese traditionsreiche Strecke für ihr Unternehmen?

Bernhard Wodl: Sehr wichtig. Wien ist seit Gründung im Flugplan von SWISS und ist eine unserer Top-Ten Destinationen im Europanetz. Gemeinsam mit unserem Partner Austrian Airlines bieten wir acht tägliche Flüge zwischen Wien und Zürich an und die Nachfrage ist sehr gut. Das unterstreicht die Wichtigkeit dieser Strecke.

Auf den Flügen nach Wien setzt derzeit SWISS, wie schon zuvor Swissair, Flugzeuge der A320-Familie ein
Auf den Flügen nach Wien setzt derzeit SWISS, wie schon zuvor Swissair, Flugzeuge der A320-Familie ein

 

Austrian Wings: Sie fliegen im Codeshare mit Austrian 8x täglich auf der Strecke Wien-Zürich-Wien. Wie viele Passagiere werden insgesamt auf dieser Strecke pro Jahr befördert?

Bernhard Wodl: Passagierzahlen können wir nicht bekannt geben, wir sind mit der Auslastung auf unseren Flügen auf jeden Fall zufrieden. Zum Einsatz kommt die komplette A320 Familie, der Morgenflug wird zumeist mit einem A319 geflogen, bei großer Nachfrage setzten wir aber auch schon einmal einen A321 ein.

 

Austrian Wings: Flyniki fliegt seit Oktober 2004 auf der Wien-Zürich Strecke. Glauben Sie hat sich mit dem Einstieg von Flyniki der Markt auf dieser Strecke verändert?

Bernhard Wodl: Ich denke, dass Low Cost Airlines neue Märkte öffnen können, vielleicht für traditionelle Bahn oder Bus Kunden. Allerdings haben die Kunden inzwischen gelernt, dass der Low Cost Anbieter nicht gleichzeitig das beste Angebot und nicht den besten Service hat. Wir bieten unseren Kunden Qualität an Bord und am Boden und das alles zu einem All-Inclusive-Tarif. Es steht jedem Kunden frei zu entscheiden, was er haben möchte und wie viel er bereit ist dafür zu zahlen. Neben dem Service und einen hochwertigen Produkt bieten wir zusätzlich ein umfangreiches Netzwerk an Destinationen an, wie beispielsweise acht tägliche Flüge auf der Wien-Zürich Strecke. Das ist ein Vorteil, den unseren Kunden sehr schätzen.

Austrian Wings: Neben ihren Wien Flügen bieten Sie nur noch ab Salzburg Direktflüge nach Zürich (Cirrus Air Dornier 328) an. Ist das Aufkommen ab den Bundesländern einfach zu gering für einen Direktflug?

Bernhard Wodl: Wir sehen uns den Markt natürlich ganz genau an, unser kleinstes Fluggerät ist aber der Avro Regionaljet mit knapp 100 Sitzplätzen. Unsere Flugzeugkapazitäten sind beschränkt, unser Fokus liegt stärker auf dichten Frequenzen als auf möglichst vielen Zielen. Wenn wir aber unsere Chancen sehen, wie im Falle mit Salzburg und Cirrus Air, so nutzen wir diese. Unsere Partner OS und LH decken mit ihren Flügen den österreichischen Markt aber sehr gut ab, so dass wir im Verbund auch sehr gut an das weltweite Streckennetz angebunden sind. Natürlich ist aber auch klar, dass wir den Markt bzw. die Nachfragenentwicklungen immer genau beobachten und auf Veränderungen entsprechend reagieren

Austrian Wings: SWISS ersetzt ab dem Jahr 2014 ihre Avro Jets durch die neuen C-Series-Jets von Bombardier. Wird man diesen neuen Flugzeugtyp von SWISS auch in Österreich einmal sehen?

Bernhard Wodl: Wir fliegen derzeit mit größerem Fluggerät nach Wien, ausschließen kann man es natürlich nicht, dass die CSeries auch einmal nach Wien kommt. Grundsätzlich ist mit diesem Flugzeug aber geplant, die Avro Regionaljets zu ersetzen.

Das Interview führte Martin Dichler
Fotos: Martin Dichler