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Deutschland: Weniger Unfälle bei Hubschrauber-Rettungseinsätzen

ADAC EC-135 - Foto: Wikimedia Commons

Bei Hubschrauber-Rettungseinsätzen besteht auch für den Piloten selbst Gefahr: Wenn Nebel oder aufgewirbelter Sand und Schnee die Sicht nahezu ganz einschränken oder Stromkabel übersehen werden, besteht ein erhöhtes Unfallrisiko bei der Landung. Rettungseinsätze finden zudem oft in unebenem und unbekanntem Gelände statt – der Pilot hat, anders als ein Linienpilot, häufig unvorbereitete Landeplätze. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) forscht im Projekt ALLFlight (Assisted Low Level Flight and Landing on Unprepared Landing Sites) an einem System, das eine digitale Umgebungskarte für das Cockpit erstellt und den Piloten in schwierigen Situationen unterstützt – bis hin zu einer vollautomatischen Landung. Am Montag, 5. Dezember 2011, fand dazu der letzte erfolgreiche Test im Flugversuch in diesem Jahr mit dem DLR-Forschungshubschrauber ACT/FHS (Active Control Technology/Flying Helicopter Simulator) statt.

"Wir entwickeln verschiedene Assistenzstufen für Start, bodennahen Flug mit Hindernissen und Landung: Unsere Software schlägt dem Piloten verschiedene Landeanflüge - so genannte Trajektorien - vor, ein Flugregler unterstützt den Piloten bei der Steuerung des Hubschraubers. Am Ende des Projekts soll der ACT/FHS vollautomatisch landen", erklärt Projektleiter Robin Lantzsch vom DLR-Institut für Flugsystemtechnik in Braunschweig. Die Trajektorien sind vierdimensional und berücksichtigen zusätzlich den Faktor Zeit. Die Vorschläge der Software sind abhängig von der Umgebung: Ist es hügelig? Herrscht Nebel? Sind Stromkabel in der Nähe? Von wo kommt der Wind? Der Pilot wählt eine der verschiedenen Trajektorien aus und bleibt so immer "im Loop". "Wir haben für die Entwicklung des Landeanflugs unter anderem Befragungen von Piloten durchgeführt und sie nach ihrem Flugverhalten gefragt. Wie fliegt sich welche Trajektorie wann am besten? Diese Ergebnisse haben wir ebenfalls in die Software mit einfließen lassen", sagt Lantzsch. Außerdem entwickeln die Wissenschaftler zusätzliche Reglungssysteme. "Die Software liefert die Informationen über die Umgebung und die Regler unterstützen den Piloten und entlasten ihn somit", erklärt Lantzsch.

Digitale Umgebungskarte direkt ins Cockpit

Gleich vier Sensoren kommen bei der Erstellung der dreidimensionalen digitalen Umgebungskarten zum Einsatz: TV-Kamera, Infrarotkamera, Laser sowie Radar. Anhand der Zeit, die der Laserstrahl zwischen Senden und Empfang unterwegs ist, wird ein digitales Bild des Untergrunds erstellt. Die Kamera zeigt die Umgebung bei tatsächlicher Sicht und die Infrarotkamera zeichnet ein Wärmebild. Das Radar hat den Vorteil, dass es gut durch Sichtbehinderungen wie Nebel "sehen" kann, ist aber nicht so präzise wie ein Laser. "Unsere Software wandelt anhand von Algorithmen die Daten aus den Sensoren in ein digitales Bild der Umgebung um. Dieses wird dem Piloten dann entweder auf einem seiner Displays im Cockpit - das nennt sich Head-down - oder direkt in einem Helmdisplay - Head-up - dargestellt", erklärt Dr. Thomas Lüken vom DLR-Institut für Flugführung. 14 Testflüge wurden bis jetzt absolviert, die die Besatzung der DLR-Einrichtung Flugexperimente durchgeführt hat. Die Testflüge fanden in der Region Braunschweig statt, wo das System auf Herz und Nieren getestet wurde. Im Nachgang wertet Robin Lantzsch mit seinem Team riesige Datensätze im Labor aus und passt die Algorithmen an. In 2012 werden dann die erstellten Algorithmen im Flugversuch mit dem Forschungshubschrauber ACT/FHS erprobt.

Weltweit wird schon an vollautomatischen Hubschrauber-Landungen geforscht. Mit dem ACT/FHS ist es aber einzig dem DLR möglich, die gesamte Kette vom Sensor über die Anzeige auf einem Helm bis hin zur Flugregelung experimentell im Flug zu erproben. Bei diesen Erprobungen fließt Wissen der DLR-Institute für Flugsystemtechnik und Flugführung sowie der Einrichtung Flugexperimente zu einem Ganzen zusammen.

(red / DLR)