Punktlandung

Qatar: Wenn die (Service-) Wolkendecke den "Sternen-Himmel" verdeckt

"Genießen Sie das luxuriöse Reiseerlebnis mit unserer orientalischen Gastfreundschaft und dem 5-Sterne-Service." Qatar verspricht auf ihrer Website ein Reiseerlebnis aus tausendundeiner Nacht, bei dem es an nichts fehlen soll. Im Fall von Flug QR184 am 9. Februar 2015 glich dieses angebliche "Sterneservice" für viele Passagiere allerdings eher einer servicetechnischen Bruchlandung.

Die Maschine, welche um 14:45 Uhr nach Doha abheben sollte, war pünktlich geboarded und rollte bereits in Richtung Enteisungsposition. Doch zum De-Icing sollte es gar nicht mehr kommen, denn schon am Weg dorthin bemerkte die Crew Probleme mit den Bremsen des Jets. Zurück zum Gate hieß es also für die B787-8 "Dreamliner" mit der Registrierung A7-BCG. Während Techniker versuchten, das Problem zu lokalisieren und zu beheben, wurden die Fluggäste zunächst mit Wasser versorgt. Einen Abflugzeitpunkt der Maschine korrigierte die Crew in regelmäßigen Abständen nach hinten.

Gegen 17:20 Uhr wurde offensichtlich, dass das Problem nicht adhoc zu lösen sei. "Die Fluggäste wurden wieder von Bord gebeten und erhielten erst über eine Stunde später einen Verpflegungsgutschein", berichtet Austrian Wings-Leser Thomas T.

Ausgebremst: Ein Technik-Defekt zwang den Jet dazu, am Boden zu bleiben

Um 19:30 Uhr ließ die Airline ausrichten, dass man den Flug streichen werde, weil der technische Defekt erst im Verlauf der weiteren Abendstunden lösbar sei. Die gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeiten der Crew wären damit nicht mehr einhaltbar gewesen. Kurzerhand entschied Qatar, sämtliche Passagiere in das am Flughafen ansässige NH-Hotel bringen zu lassen. Möglichkeiten zu einer kurzfristigen Umbuchung auf andere Flüge wurden nicht offeriert, schildern mehrere Betroffene übereinstimmend. Mehr noch: Vorausschickend soll Qatar gleich verkündet haben, dass es alles andere als sicher sei, den Flug am Folgetag mit der dann instand gesetzten Maschine durchführen zu können. Selbst die Umbuchung auf nächsterreichbare Qatar-Flüge wie etwa QR183 wurde verneint. "Das Qatar-Personal vor Ort war offenbar mit der Situation völlig überfordert", ärgern sich die Reisenden.

Zusätzlich ärgerlich: Mehrere Passagiere des ausgefallenen Qatar-Fluges wollten via Doha nach Bangkok reisen. Auf dem AUA-Flug OS25 (Wien - Bangkok, Abflug 23:20 Uhr) bestanden freie Kapazitäten. Logistisch wäre es also durchaus möglich gewesen, Passagiere auf diese Verbindung umzubuchen, so dass diese noch am selben Tag ihre Reise nach Bangkok antreten hätten können. Das wurde aber - trotz mehrfacher expliziter Nachfrage der gestrandeten Passagiere - seitens Qatar abschlägig beschieden. Ein Brancheninsider dazu: "Leider ist das gängige Praxis. Kaum eine Airline bucht in einem solchen Fall freiwillig auf die Konkurrenz um. Maximal wird dies innerhalb derselben Allianz gewährt. In den anderen Fällen schauen Passagiere fast immer durch die Finger."

Fluggäste mussten Alternativ-Verbindung in Eigenregie organisieren

Nur dank der Hartnäckigkeit einzelner Fluggäste sowie dem hilfreichen Eingreifen von Austrian Airlines wurde es für einige Passagiere schließlich doch noch möglich, mit der rot-weiß-roten Airline in Richtung Thailand abzuheben. Ironischerweise profitierten davon letztendlich einige Reisende, die sich - wie sie gegenüber Austrian Wings betonen - bewusst für das teurere Qatar-Ticket entschieden hatten, um mit einem "Dreamliner" fliegen und das angepriesene "5-Sterne-Service" genießen zu können. Ihr enttäuschtes Resümee: "Irgendwie setzt man bei '5-Star-Airlines' professionelleres Groundhandling, Problemmanagement und Flexibilität voraus, was hier leider gar nicht der Fall war."

Austrian Wings wollte daraufhin von Qatar wissen, was für ein Problem mit den Bremsen tatsächlich vorgelegen hatte, und weshalb man den Fluggästen nicht anbieten wollte, im Rahmen freier Kapazitäten auf andere Airlines auszuweichen. Doch auch in diesem Fall präsentierte sich die selbsternannte 5-Sterne-Airline keinesfalls als auskunftsbereites Vorzeige-Unternehmen. Mehrere Tage Wartezeit und Urgenz waren vonnöten, bis Qatar sich schließlich dazu hinreißen ließ, lapidar mitzuteilen, was sämtliche Betroffenen ohnedies bereits miterlebt hatten: Dass der Flug "abgesagt werden musste" und "Übernachtungen im Flughafenhotel organisiert" wurden. Man habe seitens Qatar angeblich "alles unternommen, um den Flug zu realisieren und den Passagieren die Wartezeit so angenehm wie möglich zu machen."

Das mag vielleicht stimmen. Offensichtlich wurde allerdings nicht alles unternommen, um den Passagieren zu gewährleisten, mit so wenig Verzögerung wie möglich an ihr Ziel zu gelangen. Das haben erst das persönliche Engagement der Kunden sowie das unterstützende Eingreifen von Austrian Airlines zumindest teilweise ermöglicht. Und so bringen es auch die Nutzer zahlreicher Bewertungsportale im Internet auf den Punkt: "Fünf Sterne sehen anders aus", schreibt etwa ein österreichischer Fluggast über Qatar. Ebenfalls "keine 5 Sterne" würde ein Schweizer Kunde austeilen - die Gesellschaft könne seiner Ansicht nach "noch viel von Emirates lernen". Dass Qatar "schwer nachgelassen" hat, empfindet auch ein Passagier aus Deutschland, der einräumt, "früher begeistert" gewesen zu sein. Und als "schrecklich" bewertet ein selbst als Flugbegleiter tätiger Reisender das Kundenservice der Fluglinie, die seiner Ansicht nach zwar "gerne eine 5-Star-Airline wäre, aber real nur einen Stern verdient".

Fazit: Wirkliche 5-Sterne-Qualität offenbart sich vor allem dann, wenn es darum geht, Leistung zu zeigen, wo sie deutlich dringender vonnöten ist als bei der täglichen Routine. Denn das beste Komfort-Versprechen aus der Werbung hilft einem gestrandeten Passagier, der mit seinem "Luxus-Jet" erst gar nicht abheben kann, nicht weiter.

(red Aig / Titelbild, Symbolfoto: Qatar "Dreamliner" in Wien-Schwechat; am 9. Februar 2015 hieß es jedoch "Aus der Traum" für die Passagiere von Flug QR184. - Foto: Austrian Wings Media Crew)

Hinweis: „Punktlandungen” sind Kommentare einzelner Autoren, die nicht zwingend die Meinung der Austrian Wings-Redaktion wiedergeben.