Österreich

Historischer Fotobericht: "Damals, als wir fliegen lernten ..."

Ganz links Fluglehrer Hochleitner (Ausspruch: "San's narrrisch" im besten Wienerisch), ansonsten fast die gesamte Schülerschaft - Fotos: Siegfried Niedek

Seit rund 90 Jahren ist der Spitzerberg bei Hainburg eine Wiege des heimischen Segelfluges. Für Austrian Wings erinnert sich Siegfried Niedek an seine Ausbildung im Jahr 1977 zurück.

Wann immer Bilder vom Spitzerberg-Flugplatzfest zu sehen sind, kommt die Erinnerung an den Herbst 1977. Drei Wochen Segelflugkurs – mit 9 Österreichern und 2 Bundesdeutschen (aus Berlin). Am ersten Tag gab es auch das erste Verbot: Die Kellergasse vor Prellenkirchen ist "off limits", jedenfalls so lange der Kursus dauert. Die Trauer darüber hielt nur kurz an, denn schon am zweiten Tag waren wir abends so müde, dass das Wort Kellergasse keine Reaktion mehr erzeugte.

Geschult wurde auf Bergfalke III – ein gutmütiges Flugzeug, mehr ein Schlachtschiff als ein kleiner Kreuzer. Für die besseren Schüler kam schon nach kurzer Zeit die Ka-8 zum Einsatz. Gewöhnungsbedürftig war uns Bundesdeutschen die Küche: echte Hausmannskost – z.B. Beuschel und ähnliches. Aber es schmeckte alles sehr gut, besonders die tollen Suppen. Gegen 7 Uhr morgens wurden wir aus dem Schlaf gerissen, jeden Tag. Fluglehrer Pressler startete mit der Piper Super Cub zum Stare-Vertreiben über den Weingärten am Spitzerberg. Schnell hatte er den Spitznamen "Starl-Fighter" weg. Dann der Tag, als der Platz in dichtem Nebel lag. Bevor die Fluglehrer das Wort "Theorie-Tag" auch nur denken konnten, waren wir schon im Kaffeehaus in Bad Deutsch-Altenburg. Da strahlten elf Flugschüler um die Wette über diese kleine Erholung von dem täglichen Stress: Fliegen und Theorie.

Fluglehrer Kurt Henschl mit einer Schülerin im Cockpit

Das Wetter spielte fast die ganze Zeit mit. Der Wind kam aus Südost, ein Tiefdruckgebiet war weit und breit nicht zu sehen, glücklicherweise. Die lokale Wettervorhersage am Platz war allerdings sehr dürftig. Da kam uns die Idee, über Mittelwelle den Berliner Rundfunk-Sender RIAS Berlin abzuhören, um 07:30 Uhr. Die Nachrichten dauerten damals noch zehn Minuten, mit einem ausführlichen Wetterbericht am Schluss (herausgegeben vom Meteorologischen Institut der Freien Universität Berlin). So kannten wir bereits am Morgen die Wetterlage über Mitteleuropa. An einem Nachmittag erzählte ein Unfall-Chirurg aus Wien etwas über Erste-Hilfe. Er machte das amüsant und sehr einprägsam. Was wir nicht ahnten, am nächsten Tag konnten wir das Erlernte in die Praxis umsetzen: Auf der Landstraße neben dem Platz kam ein Mopedfahrer aus Richtung Prellenkirchen, in Schlangenlinien fahrend. Er prallte gegen einen Strassenbaum und blieb regungslos liegen. Einige liefen zur Unfallstelle, andere zum Telefon. Der Oberschenkel des Verunglückten sah so eigenartig aus, also betteten wir nur den Kopf etwas bequemer. Die Ambulanz kam schon bald und lobte uns für das korrekte Verhalten.

Ausbilder Tazreiter, liebevoll "Tazi" genannt
Leo Harrer überwachte alles mit Argusaugen

Die Theorie-Prüfung nahte. Es hatte sich herumgesprochen, dass die zwei Bundesdeutschen Meteorologie studierten. Während der Prüfung (Multiple-Choice-Verfahren) verließ der aufsichtsführende Lehrer kurz den Raum. Sofort fragten die anderen Prüflinge nach den richtigen Wetter-Antworten. So kam es, dass fast alle Prüflinge die Wetterfragen richtig beantwortet hatten, bis auf einen Prüfling. Er dachte, dass wir bewusst falsche Antworten weitergeben. Dies gestand er am Tag danach.

Fluglehrer Oszwald (zweiter von rechts), links neben ihm Günther Grabner (Augenarzt, später Professor in der Augenklinik Uni Salzburg), links daneben Inge Niedek (später Wetter-Moderatorin beim ZDF), links neben ihr Elli Hochleitner, die Frau eines damaligen Fluglehrers

Auch, wenn mittlerweile mehr als 40 Jahre vergangen sind, so denke ich auch heute immer noch gerne an diese drei Wochen im Herbst 1977 zurück ...

Text & Fotos: Siegfried Niedek