International

Billigflieger mit starkem Wachstum

Symbolbild Flugverkehr - Foto: Huber / Austrian Wings Media Crew

Zahl der Low Cost-Verbindungen ab Deutschland liegt laut DLR auf Rekordniveau.

In der Sommersaison 2018 stagnieren die Preise für günstige Flugtickets mit teils wieder leichten Steigerungen, begleitet durch einen weiter deutlichen Ausbau der Billigflieger in Deutschland. Eurowings und Easyjet erweiterten ihr Netz mit der Übernahme zahlreicher Flugzeuge und Strecken von der insolventen Air Berlin und Ryanair hat den Frankfurter Flughafen mittlerweile zu einer seiner größten Basen in Deutschland ausgebaut. Mit 48 Prozent ist Eurowings weiter Marktführer in Deutschland. Konkurrent Ryanair folgt mit rund 19 Prozent verfügt dabei aber mittlerweile über ein Angebot von 305 Strecken im Vergleich zu 390 Strecken bei Eurowings. Deutlich wächst auch das Angebot aus Europa nach Übersee durch neue Konzepte und Flugzeugmodelle. Vorreiter ist hier die Fluggesellschaft Norwegian, die ihr Angebot nach Nordamerika und Asien im Sommer 2018 um 50 Prozent erweiterte. Diese Ergebnisse stehen im nun erschienenen "Low Cost Monitor 2/2018" des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Der Bericht wird seit 2006 jeweils im Frühling und Herbst veröffentlicht.

6750 Starts pro Woche ab Deutschland

"Eurowings konnte als Marktführer in Deutschland die Anzahl angebotener Flüge im Vergleich zum Vorjahr um 25 Prozent erweitern auf mittlerweile 3200 Starts pro Woche", sagt Studienleiter Dr. Peter Berster vom DLR-Institut für Flughafenwesen und Luftverkehr in Köln. "Insgesamt haben wir die die Rekordzahl von 6750 Starts pro Woche verzeichnet, wobei 35 Prozent neu hinzugekommen sind. Auf Ryanair entfallen 1269 Flüge sowie auf Easyjet 1095 Flüge pro Woche." Mittlerweile verzeichnet der günstige Flugverkehr ab Deutschland 926 Strecken. Noch einmal 124 Strecken mehr als im Vorjahr. Der Ausbau der Strecken resultiert zu einem großen Teil aus dem Ausbau der Basen von Ryanair in Frankfurt und von Eurowings in München. Besonders profitieren davon Fluggäste, die Reiseziele in Spanien, Griechenland oder Italien haben. Der Anteil des Low Cost Segments am Flugverkehr von deutschen Flughäfen liegt mittlerweile bei rund 32 Prozent im Vergleich zu 25 Prozent im Sommer 2017. Auch hier ist das Wachstum deutlich erkennbar.

Preise steigen im Schnitt leicht, Ryanair wird günstiger

"Der anziehende Ölpreis führt zu leichten Preissteigerungen bei den Günstigfliegern gegenüber dem Vorjahr", erklärt Dr. Peter Berster. "Die ermittelte Preisspanne liegt in diesem Herbst bei rund 38 bis 100 Euro nach 35 bis 97 Euro im Herbst 2017 und 40 bis 105 Euro im Herbst 2016." Lediglich bei Ryanair gibt es nach der Analyse eine Preissenkung, hier haben sich jedoch die Regelungen zum Handgepäck verändert, sodass nicht mehr wie bisher zehn Kilogramm kostenlos befördert werden, sondern lediglich eine kleine Handtasche. "Damit hat Ryanair trotz weiter verstärkter Präsenz an Großflughäfen die Preise erneut gegenüber dem letzten Jahr gesenkt und den Trend fallender Ticketpreise fortgesetzt", so Berster. "Aber auch die anderen Gesellschaften schaffen es die Preise trotz des leichten Anstiegs auf einem sehr niedrigen Niveau zu verstetigen." Die angegebene Preisspanne fasst die durchschnittlichen Brutto-Flugpreise für eine repräsentative Auswahl an Flugstrecken der in Deutschland bedeutendsten Low Cost-Airlines Eurowings, Ryanair, Easyjet und Wizz zusammen. Die Durchschnittspreise werden im Low Cost Monitor auf Grundlage verschiedener Vorausbuchungszeiträume von einem Tag bis zu drei Monaten ermittelt.

Düsseldorf auf Platz eins

Bei den Standorten fällt das Wachstum der günstigen Flugangebote am Großflughafen Düsseldorf beeindruckend aus. "Düsseldorf kommt durch eine starke Erhöhung des Angebots, besonderes durch Eurowings, auf über 1.000 Starts pro Woche und liegt damit auf Platz eins der deutschen Flughäfen mit den meisten Low Cost Angeboten", erklärt Berster. Der verkehrsreichste Flughafen Deutschlands, Frankfurt, spielt auf Grund seiner ausgeprägten Drehkreuzfunktion im klassischen Linienverkehr und den zeitweise ausgelasteten Kapazitäten auch im Sommerflugplan 2018 nur eine untergeordnete Rolle im Segment der Low Cost Angebote", so Berster weiter. Europaweit punkten die Flughäfen in Barcelona, London und Dublin mit dem größten Angebot im Low Cost Verkehr bedingt durch eine hohe Anzahl von Angeboten der Gesellschaften Vueling, Easyjet und Ryanair.

Günstig von Europa in die Welt

Norwegian und Eurowings bauen ihr Angebot an günstigen Flugtickets im Langstrecken-Geschäft kräftig aus. Die skandinavische Billig-Airline steigert ihr Angebot an Interkontinental-Flügen sogar erneut um 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Auf den Großflughäfen London, Paris, Kopenhagen und Stockholm wird so um Passagiere der klassischen Allianzfluggesellschaften geworben. Neuerdings sind mit Rom und Madrid weitere große Abflugorte in Europa hinzugekommen, wobei auch ein direkter Wettbewerb mit Air France besteht. Ziele sind beispielsweise New York, Los Angeles, Fort Lauderdale und Oakland in Nordamerika sowie Bangkok in Asien. Mit modernem kleineren Fluggerät werden inzwischen aber auch Sekundärflughäfen auf beiden Seiten des Atlantiks, wie beispielsweise Edinburgh in Europa oder Providence in den USA bedient. Insgesamt bietet Norwegian im Sommer 2018 auf 57 Strecken von Europa nach Nordamerika und Asien Low-Cost-Verbindungen an. Eurowings engagiert sich stark in Düsseldorf und München, will sich dafür aber aus Köln aus dem Langstreckenverkehr zurückziehen.

Europaweit bauen Ryanair und Easyjet ihre Marktführerschaft weiter aus. Ryanair verzeichnet mittlerweile mehr als 15.000 Starts pro Woche auf dem Kontinent und Easyjet folgt mit knapp 12.550 Starts. Während bei Ryanair rund 200 Strecken hinzugekommen sind, erhöhte Easyjet im Sommer 2018 das Netz um 140 Strecken. Der Wettbewerb unter den Günstigfliegern in Europa ist weiterhin relativ gering. Es gibt etwas mehr als 1.400 Strecken, auf denen zwei oder mehr Anbieter fliegen. Um den Angebotsausbau bewältigen zu können verfügt Ryanair mittlerweile über eine Einheitsflotte von mehr als 440 Flugzeugen des Typs Boeing 737 mit 189 Sitzplätzen, ein Plus um zehn Prozent zum vergangenen Jahr. Easyjet vergrößerte die eigene gesamte Flotte im gleichen Zeitraum um rund zehn Prozent auf 312 Flugzeuge. Auch Norwegian hat den eigenen Flugzeugpark weiter ausgebaut. Hierzu zählen neben rund 120 Flugzeugen des Flugzeugtyps Boeing 737 zusätzlich fast 30 Flugzeuge des modernen Langstreckenmodells Boeing 787, die im Interkontinentalverkehr nach Asien und Amerika eingesetzt werden. Weiterhin kommen rund zehn Flugzeuge des Typs Boeing 737Max8 hinzu, eine Langstreckenversion der Boeing 737, die besonders von kleineren Flughäfen aus Interkontinentalverbindungen ermöglicht.

Low Cost und traditioneller Linienflugbetrieb

Die Fluggesellschaften gestalten ihr Low Cost Angebot oft sehr unterschiedlich. Dadurch lassen sich nur wenige eindeutige Abgrenzungskriterien für das Marktsegment Low Cost definieren: beispielsweise ein niedriger Preis und seine generelle Verfügbarkeit oder ein Direktvertrieb über das Internet. Zunehmend wird die Tendenz sich vermischender Geschäftsmodelle bei den Airlines sichtbar. Während Ryanair verstärkt auch an Großflughäfen tätig wird und durch Verkauf von Zusatzpaketen versucht, Premiumkunden anzusprechen, greifen Chartercarrier sowie etablierte Fluggesellschaften über Tochtergesellschaften oder eigene Angebote zunehmend in den Markt der preisgünstigen Flugangebote ein. In Deutschland hat Lufthansa ihre innerdeutschen und europäischen Flüge außer von und zu den Drehkreuzflughäfen Frankfurt und München an die Tochtergesellschaft Eurowings abgegeben. Die genannten Ergebnisse der Studie basieren auf Daten einer Referenzwoche im Juli 2018.

Kritik an Arbeitsbedingungen und Sicherheit

Fachleute kritisieren jedoch die Schattenseiten des Low Cost Booms. Sowohl Piloten als auch Flugbegleiter seien häufig einem enormen Druck ausgesetzt, die Arbeitsbedingungen vielfach prekär, die finanzielle Absicherung im Krankheitsfall - oder bei Frauen im Fall einer Schwangerschaft - schlecht beziehungsweise gar nicht gegeben, Stichwort "Scheinselbstständigkeit". Auch "Pay 2 Fly", also ein System, bei dem Piloten dafür zahlen müssen, um arbeiten zu dürfen, hat Einzug in die Branche gehalten. Derartige Rahmenbedingungen seien der Sicherheit nicht förderlich. Es bestehe das Risiko, dass fluguntaugliche Besatzung ihren Dienst aus Angst vor Jobverlust oder schlichtweg, weil sie sich ein Fernbleiben vom Arbeitsplatz finanziell nicht leisten können, trotzdem antreten.

(red / DRL)