Punktlandung

Flugfunkscanner-Verbot: "Ich pfeif drauf!"

In vielen Ländern ist es völlig legal, beim Flugfunk mitzuhören. Entsprechende Geräte sind bereits für unter 100 Euro über das Internet zu bekommen. In Österreich dagegen wird, so Planespotter, „ein Drama“ aus der Benutzung eines Funkscanners gemacht. Wir lassen anonym einen von ihnen zu Wort kommen. Er erklärt - in durchaus bewusst provokanter Form - was ihn am Flugfunk so reizt und weshalb er trotz gesetzlichen Verbots zuhört.

Meine ersten Erfahrungen mit einem Funkscanner hatte ich Anfang der 1990er Jahre, als ich einen älteren Briten auf dem alten Besucherdeck des Wiener Flughafens mit so einem Gerät sitzen sah und mit ihm ins Gespräch kam. Es war, das ist mir heute noch in Erinnerung, ein "Win 108". Ich war fasziniert davon, wie die Piloten sprachen und dachte mir, dass diese Informationen (wo wird ein Jet abgestellt, welche Piste ist in Betrieb, welche Rollwege werden benutzt, wie stark geht der Wind, wann startet wer ...) vor allem für mich als Planespotter interessant sein könnten. Da als Jugendlicher das Geld nicht gerade locker saß, half meine Großmutter mit 3.000 Schilling für ein hochwertiges Gerät aus, das fortan jahrelang zum Einsatz kam und heute noch bei mir daheim im Schrank steht (wenn auch inaktiv als „Erinnerungsstück“).

Aktuell besitze ich zwei Geräte, die ich regelmäßig nutze. Was, um nur einige Beispiele zu nennen, in der Schweiz (auf dem Flughafen Zürich wird der Flugfunk sogar live per Lautsprecher auf das Besucherdeck übertragen), den Niederlanden, der Slowakei oder auch dem in vielen anderen Bereichen extrem restriktiven Amerika (USA) nicht das geringste Problem darstellt, wird in Österreich fast schon als Staatsverbrechen klassifiziert.

Kaum zu glauben, aber wahr: Auf dem zu unterschreibenden Infoblatt für Spotter bei der diesjährigen Airpower war der Hinweis auf das Flugfunkempfänger-Verbot fett gedruckt, während das Verbot „gefährlicher Gegenstände“ quasi nur nebenbei erwähnt wurde. Diese Perversion muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Flugfunkscanner, also jene Geräte, mit denen Aviatikfans auf der ganzen Welt nichts anderes machen, als völlig harmlos aus persönlicher Begeisterung den Gesprächen zwischen Pilot und Tower zu lauschen, werden in Österreich tatsächlich als „Gefahr“ eingestuft. Ein Gratisblättchen schrieb in einem Nachbericht zur Airpower gar davon, dass bei der Sicherheitskontrolle ein "brisanter" Fund gemacht worden sei: ein Scanner! Padauz! Mögen uns die Schutzheiligen beistehen! Gleichzeitig wurde ein Teil des Funkverkehrs zwischen Pilot und Tower auf der Airpower aber über Lautsprecher für 185.000 Menschen hörbar live übertragen. Das müsste nach den Maßstäben des Gratisblättchens dann also ebenso "brisant" gewesen sein.

Das Verbot von Flugfunkempfängern auf der Airpower war scheinbar noch wichtiger als das Verbot von gefährlichen Gegenständen, denn es war der einzige Punkt, der sogar in Fettschrift dargestellt wurde. Trotzdem ließen es sich zahlreiche Spotter nicht nehmen, dem Funkverkehr zu lauschen, sowohl auf dem Gelände als auch außerhalb - Foto: ZVG

Weil solche staatsbedrohenden Gefahren aber in Österreich bekanntlich mit der vollen Härte des Gesetzes bestraft werden müssen, sind rund um die Flughäfen im Land immer wieder spezielle „Funküberwacher“ mit Peilsendern im Einsatz, deren einzige Aufgabe und berufliche Daseinsberechtigung vermutlich darin besteht, Luftfahrtenthusiasten, die Scanner benutzen, zu jagen und zu bestrafen.

Auch auf der Airpower 2019 waren diese Greiftrupps auf dem Veranstaltungsgelände und außerhalb im Einsatz und ertappten tatsächlich einige unvorsichtige Spotter, was einigen Beamten meiner Beobachtung nach augenscheinlich sichtbar kindliche Freude bereitete. Weil die paramilitärisch auftretenden Herren der gefährlichen Bedrohung "Spotter mit Scanner" mitunter dabei alleine offenbar nicht Herr wurden, holten sie noch einen Streifenwagen der Exekutive hinzu. Sicher ist sicher. Auf diese Art und Weise wurden dann (zumeist sehr junge oder ausländische) Luftfahrtfans mit Scanner beamtshandelt wie Schwerbrecher. Muss das wirklich sein? Haben wir in Österreich tatsächlich keine anderen Sorgen?

Zwei Funküberwacher eines Greiftrupps haben einen "Übeltäter" geschnappt und bestrafen ihn; derartige Bilder sorgen in der Schweiz, den Niederlanden oder Slowakei für ungläubiges Kopfschütteln, denn dort ist die Benutzung von Flugfunkscannern durch Luftfahrtenthusiasten eine völlig legale und alltägliche Angelegenheit

Sicherlich, vom rein rechtlichen Standpunkt her ist die Sache klar: Der Betrieb eines Flugfunkempfängers durch nichtbefugte Personen ist nun einmal verboten. Streng genommen dürfte nicht einmal ein Pilot im Besitz einer Funklizenz mit so einem Gerät "zuhören". Weil in Österreich „Vurschrift is Vurschrift“, und sei sie noch so sinnbefreit, über allem und damit auch über jeder Form des gesunden Menschenverstandes steht, wird das auch zukünftig so sein.

Allerdings: Die Frage nach der Sinnhaftigkeit dieses Gesetzes, noch dazu in Zeiten von Live-ATC, mobilem Internet, Flightradar 24 und sonstigen Livestreams, konnte mir noch niemand schlüssig erklären. Mangels echten Argumenten kam dann immer der "Totschläger": Das sei halt das Gesetz, da könne man nichts machen.

Auch werden im analog betriebenen Flugfunk keinerlei geheimdienstliche Informationen verbreitet. Ich verstehe das Verbot der Nutzung von Flugfunkgeräten durch Unbefugte. Hier gab es in der Vergangenheit bereits Fälle, in denen Kriminelle mittels dieser Geräte Piloten falsche Anweisungen gaben und damit Menschenleben in Gefahr brachten. Ein solch kriminelles Verhalten steht für mich auf der gleichen Stufe wie das Anvisieren von Flugzeugen mit Laserpointern. Dass hier ein hartes Durchgreifen notwendig ist, versteht sich von selbst und kein noch so leidenschaftlicher Spotter oder "ATC-Zuhörer" würde dies anzweifeln.

Aber ein Flugfunkempfänger ist eben nichts anderes als ein Radio. Man kann nur zuhören aber nicht senden damit, und das ist völlig harmlos. Das in Österreich bestehende Verbot ist deshalb nicht mehr zeitgemäß, sondern einfach lächerlich und nicht lebensnah. Ich werde meinen Scanner jedenfalls auch in Österreich weiterhin benutzen um für mich als Planespotter interessante Informationen zu erhalten, die mir das Hobby vereinfachen. Außerdem fühle ich mich ein bisschen wie "mittendrin statt nur dabei", fast wie im Cockpit, wenn ich auf Englisch den verrauschten Stimmen aus dem Lautsprecher zuhören kann.

Der „Reiz des Verbotenen“ hat damit rein gar nichts zu tun, ganz im Gegenteil: Ich würde eine Legalisierung der Nutzung von Flugfunkempfängern sehr begrüßen, wie das beispielsweise in der Schweiz oder den Niederlanden längst der Fall ist. Doch die Spotter sind eben eine kleine Gemeinde ohne politische Lobby und damit ist eine solche Gesetzesänderung rein illusorisch. Wir werden damit zwangsläufig in die Illegalität gedrängt. Das ist schade, derzeit aber leider nicht zu ändern. Darum dürfen wir uns eben nicht erwischen lassen und gleichzeitig appelliere ich an die Beamten der Funküberwachung: Spotter mit Flugfunkempfängern sind keine Kriminellen. Sie sind einfach Luftfahrtenthusiasten, die es satt haben, kriminalisiert zu werden. Macht Euren Job doch mit mehr Menschlichkeit und Augenmaß ...

Anmerkung der Redaktion
Austrian Wings hat die zuständige österreichische Behörde - das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie – seit Anfang August wiederholt per E-Mail um eine Stellungnahme zur rechtlichen Situation und dazu, ob eine Legalisierung der Flugfunkempfänger in Österreich geplant ist, gebeten, um das Statement ergänzend und objektivierend in diesen Spotter-Kommentar einfließen lassen zu können. Sämtliche in den vergangenen Wochen gestellten Anfragen blieben - trotz Urgenz -  bis zur Veröffentlichung dieses Beitrages jedoch seitens des BMVIT bedauerlicherweise unbeantwortet.

(Gastkommentar mit redaktioneller Ergänzung)

Hinweis: „Punktlandungen” sind Kommentare einzelner Autoren, die nicht zwingend die Meinung der Austrian Wings-Redaktion wiedergeben.