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TV-Tipp: 11. September, 22:05 Uhr, 3Sat: "Flug in die Nacht"

Der Himmel ist weit, am 1. Juli 2002 aber nicht weit genug. Kurz vor Mitternacht passiert über dem Bodensee das Unfassbare, zwei Flugzeuge kollidieren. 71 Menschen sterben, mehr als die Hälfte Kinder. Wen trifft die Schuld? Allein den diensthabenden Lotsen der Flugsicherung? - Der SWR-Fernsehfilm "Flug in die Nacht - Das Unglück von Überlingen" verarbeitet die Katastrophe zu einem eindringlichen Drama über persönliche Verantwortung, die Suche nach Erklärungen und dem Wunsch nach Vergebung.

Bernd Wegmann (Heinrich Schmieder) und seine Frau Clara (Susanne Marie Wrage) haben nach dem Unglück den russischen Waisenjungen Kolja (Anton Bennent) bei sich aufgenommen.
Autor und Regisseur Till Endemann verwebt in der Verfilmung die Schicksale zweier Männer, die beide zu Tätern und Opfern werden. Fluglotse Johann Lenders, gespielt von Ken Duken, hat Dienst, als eine Passagiermaschine der Bashkirian Airlines und ein Frachtflieger der DHL über dem Bodenseeraum ihrem Ziel zufliegen.

Yuri Balkajews (Jevgenij Sitochin) Familie sitzt in dem Flugzeug aus der russischen Republik und ist auf dem Weg zu ihm nach Barcelona. Doch der Flieger wird nicht ankommen. Abgelenkt durch eine dritte Maschine, die eine verspätete Landeerlaubnis für den Flughafen Friedrichshafen erbittet, bemerkt Lenders erst spät, dass sich die beiden anderen Flugzeuge aufeinander zu bewegen. Die Technik macht Probleme, ein Ausweichmanöver scheitert, die Maschinen kollidieren, alle Passagiere sterben.

Zurückhaltend und gerade dadurch umso eindrücklicher erzählt der Film von der Zeit danach, den quälenden Schuldgefühlen Lenders und der Verzweiflung Balkajews. Grundlage für das Film-Drehbuch sind die realen Ereignisse aus dem Jahr 2002. "Unser Anspruch war und ist es, den Opfern und ihren Familien, eigentlich allen, die direkt mit diesen Katastrophen zu tun hatten, mit Respekt zu begegnen. Und mehr als das, ihrer zu gedenken", erklärt Endemann zu dem Film, im dem es für ihn vor allem um das Thema Verantwortung geht.

Albert Steiger (Peter Jecklin) und Katharina Rohl (Sophie von Kessel) von der AirGuideControl nehmen an der Gedenkfeier für die Unglücksopfer teil.

Verantwortung für das Geschehen will niemand übernehmen. Im Film wird dies vor allem deutlich durch die Figur der Katharina Rohl (Sophie von Kessel), der Rechtsberaterin der Flugsicherungsfirma AirGuideControl. Sie soll verhindern, dass es zu einer Schuldanerkenntnis kommt, um eventuellen Forderungen nach Schadensersatz vorzubeugen. Sie schirmt Lenders von der Öffentlichkeit ab, er soll sich zu den Geschehnissen nicht äußern, sich nicht bei den Opfern entschuldigen. Dabei ist es genau das, eine Entschuldigung, die Balkajew hören will.
Und so endet das Drama im Film wie in der Realität mit dem Mord des verwaisten Mannes an dem Lotsen, der für ihn die Verantwortung am Tod seiner Familie trägt. Endemann selbst will die Frage nach der ultimativen Schuld im Spielfilm nicht stellen. "Gerade bei diesem Fall ist die Frage nach der Schuld wirklich schwer zu klären, weil menschliche und technische Fehler sich zu einem komplexen Gerüst verdichtet haben", erklärt Endemann. "Es gibt jedoch Fehlverhalten, das benannt und verurteilt werden muss, das tut der Film auch. Der Film ist dennoch nicht als Anklage an irgendjemanden zu verstehen, sondern als Appell, aus diesen Fehlern zu lernen."

Zur Ausstrahlung des Fernsehfilms wünscht sich Endemann, dass die Zuschauer diesen Apell verstehen und Wahrhaftigkeit, wahre und ehrliche Anteilnahme über alles andere stellen.

(red / 3Sat)