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Vereinigung Cockpit gegen Streikverbot

Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) hat am 26. Oktober 2015 beim Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde und beim Hessischen Staatsgerichtshof eine Grundrechtsklage eingereicht. Beide Rechtsmittel richten sich gegen das im einstweiligen Verfügungsverfahren vom Hessischen Landesarbeitsgericht (LAG) am 9. September 2015 ausgesprochene Streikverbot, teilte die Pilotengewerkschaft mit.

Das LAG ist nach Ansicht der Gewerkschafter in rechtlich unzulässiger Weise von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG)abgewichen. Ferner ist das LAG mit dem Argument, der VC ging es bei der Streikmaßnahmen um etwas anderes als den Tarifvertrag Übergangsversorgung, von einem falschen Sachverhalt ausgegangen, so der Standpunkt der Personalvertreter.

Die Verhandlungen zum Tarifvertrag Übergangsversorgung waren im April 2014 gescheitert. In der Folge hat die VC dem arbeitgeberseitigen Wunsch einer letztendlich erfolglos gebliebenen Gesamtschlichtung entsprochen. Außerdem ist die VC dem arbeitgeberseitigen Wunsch eines Bündnisses für Wachstum und Beschäftigung aus dem Februar 2015 gefolgt und hat – nach einer angemessenen Aussetzung der Tarifauseinandersetzung aufgrund des Germanwings-Unglücks – auch diesbezüglich substantielle Vorschläge unterbreitet, die nicht nur die Übergangsversorgung betrafen. Es liegt in der Natur einer Gesamtschlichtung bzw. eines Beschäftigungspakts, dass dort unterschiedliche Themen gleichzeitig behandelt werden. Die Lufthansa hat sich nun gerade diesen Aspekt treuwidrig zu Eigen gemacht, indem sie im einstweiligen Verfügungsverfahren vortrug, dass der Abschluss eines Tarifvertrags Übergangsversorgung nur ein vorgeschobenes Streikziel sei und es der VC in Wahrheit um die Verhinderung des von der Lufthansa geplanten „Wings-Konzepts“ gehe. Erstaunlicherweise ist das LAG dieser These gefolgt und will entgegen des Inhalts des Streikbeschlusses, der Streikankündigung sowie des Streikaufrufs ein neues Streikziel erkannt haben. Es ist schlichtweg nicht nachvollziehbar, wie das Gericht objektiv und rechtssicher feststellen kann, wann welche Verhandlungsposition und Vorschläge, die auch andere Punkte in Tarifverhandlungen einbeziehen, zu einem „heimlichen Streikziel“ mutiert sein sollen.

Die Lufthansa hat in der seit April 2014 andauernden Tarifauseinandersetzung zur Übergangsversorgung gegen mehrere Streikmaßnahmen einstweiligen Rechtsschutz gesucht, aber diesen weder vor den Landesarbeitsgerichten in Frankfurt am Main noch in München gefunden. Ebenfalls haben die Arbeitsgerichte in Frankfurt am Main und in Köln die übereinstimmenden Verfügungsanträge der Lufthansa mit zwei Urteilen vom 8. September 2015 zurückgewiesen.

„Umso verblüffender ist es nun, dass das Hessische LAG in seinem Urteil vom 9. September 2015 zu dem Schluss kommt, dass der seit April 2014 fortgesetzte Arbeitskampf zum Tarifvertrag Übergangsversorgung offensichtlich rechtswidrig sei. Wenn der Arbeitgeber einen Tarifvertrag einseitig kündigt, muss es der Gewerkschaft mögliche sein, einen neuen – wenn nicht anders möglich auch mithilfe von Arbeitskämpfen – durchzusetzen“, sagt Markus Wahl, Sprecher der VC. „Zwar handelt es sich bei dem Urteil des LAG um eine Einzelfallentscheidung, gleichwohl geht hiervon eine fortdauernde beeinträchtigende Wirkung von Gewerkschaftsrechten aus.“, so Wahl weiter. Der langwierige Weg zum Bundesverfassungsgericht und zum Hessischen Staatsgerichtshof ist der einzig Weg, um festzustellen, dass die hohen Hürden, die an die Untersagung des von Art. 9 Abs. 3 GG garantierten Rechts zur Durchführung eines Arbeitskampfes geknüpft sind, mit dem Urteil des LAG vom 9. September 2015 verletzt wurden.

Die VC und Lufthansa haben ihre Verhandlungen zum Abschluss eines Tarifvertrags Übergangsversorgung fortgesetzt; eine substanzielle Annäherung konnte bisher nicht erreicht werden, betont man bei der Vereinigung Cockpit.

(red / VC / Titelbild: Piloten bei der Arbeit im Cockpit, Symbolbild - Foto: Huber / Austrian Wings Media Crew)