Reportagen

Sein letzter Flug - vor 100 Jahren fiel der "Rote Baron"

Freiherr von Richthofen

Mit 80 bestätigten Luftsiegen gilt Manfred Albrecht Freiherr von Richthofen - besser bekannt als der "Rote Baron" - als der erfolgreichste Jagdflieger des ersten Weltkrieges. Bereits zu Lebzeiten eine Legende, starb der von Freund und Feind respektierte Pilot vor genau 100 Jahren bei einem Luftkampf. Wir erzählen seine Geschichte.

Geboren am  2. Mai 1892 in Breslau, der damals zu mehr als 90 Prozent von Deutschen bewohnten Hauptstadt Schlesiens, als zweites von vier Kindern des Kavallerieoffiziers Albrecht Freiherr von Richthofen (1859–1920) und dessen Frau Kunigunde, geborene von Schickfus und Neudorff (1868–1962), war der Weg des jungen Manfred von Richthofen bereits seit frühester Kindheit vorbestimmt. Ebenso wie seine beiden Brüder Lothar und Karl-Bolko, durchlief er eine militärische Ausbildung, zunächst an einer Kadettenanstalt.

Bei Ausbruch des ersten Weltkrieges im Jahr 1914 diente Manfred von Richthofen in einer Kavallerieeinheit. Im Mai 1915 auf eigenen Wunsch zu den Fliegern versetzt, absolvierte Richthofen zunächst eine Ausbildung als Bordbeobachter. In weiterer Folge brachte ihm einer seiner Piloten das Fliegen selbst bei und er entschloss sich, die Flugzeugführerausbildung offiziell zu absolvieren. Die Prüfung als Feldpilot legte er am 24. Dezember 1915 ab.

Flugfähige Replik von Richthofens Dr.1 DreideckerNoop 1958 via Wikipedia

Im September 1916 kam er schließlich zur Jagdstaffel (Jasta) 2, die unter dem Kommando von Oswald Boelcke stand. Seinen ersten Luftsieg errang Richthofen am 17. September 1916 über Cambrai. Zur Erinnerung an ihre jeweilige Feuertaufe überreichte Boelcke jedem seiner erfolgreichen Flieger einen Ehrenbecher als Anerkennungsgeschenk. Richthofen war dies jedoch zu wenig und so belohnte er sich für jeden Luftsieg mit einem kleinen Silberbecher. Dazu beauftragte er einen bekannten Berliner Juwelier, der ihm die Becher mit der jeweiligen Inschrift des Abschussdatums sowie des Flugzeugtyps lieferte, wie zeitgenössische Quellen zu berichten wissen. Im späteren Verlauf des Krieges war Silber jedoch nicht mehr verfügbar, sodass Richthofen mit Kupferbechern Vorliebe nehmen musste.

Richthofen bewies - als leidenschaftlicher Jäger - im Luftkampf einen guten Instinkt und Draufgängertum. So errang er Luftsieg um Luftsieg. Nach seinem 16. Abschuss wurde Richthofen am 12. Januar 1917 der Orden Pour le Mérite, die höchste preußische Tapferkeitsauszeichnung, verliehen. Über diesen Orden, der im Volksmund auch "Blauer Max" genannt wurde im Jahr 1966 sogar ein Film mit George Peppard in der Hauptrolle gedreht, in dem die Figur Richthofens ebenfalls erscheint. Die von ihm geführte Jagdstaffel (Jasta) 11 entwickelte sich zu einem der erfolgreichsten Fliegerverbände der deutschen Luftwaffe.

Der "Rote Baron" nach der Verleihung des Pour le Mérite - Foto: C. J. von Dühren

Dem Tod entkommen
Am 6. Juli 1917 wäre Richthofen schon einmal beinahe ums Leben gekommen. Während eines Luftkampfes erlitt er durch das MG-Feuer eines Gegners einen Kopfschuss, konnte aber noch landen, wurde von deutschen Truppen aufgefunden und ins Lazarett gebracht. Doch nach seiner Entlassung war Richthofens Wesen verändert. Schon nach 40 Tagen setzte er sich entgegen den Rat der Mediziner wieder hinter das Steuer.

US-amerikanische Neuropsychologen vermuten heute, dass Richthofen durch die im Sommer 1917 erlittene Kopfverletzung ein posttraumatisches Syndrom entwickelte. In weiterer Folge habe ihn die Schädigung des vorderen Hirnlappens ein "fixierendes Verhalten " entwickeln und dadurch unvorsichtig werden lassen. Doch aufgrund seines Patriotismus, seiner militärischen Erziehung der sich für das Deutsche Reich stetig verschlechternden Kriegslage dachte Richthofen nicht daran, sich vom Fronteinsatz zurückzuziehen.

Fliegender Zirkus
Wegen der zahlenmäßigen Unterlegenheit der deutschen Fliegertruppe (Verhältnis 1 : 3) entwickelte Richthofen im Frühjahr 1918 sogar noch eine Kampftaktik, die, von den Engländern “Flying Circus” genannt wurde und in weiterer Folge in die Annalen der Geschichte einging. Richthofens Einheit war mobil und wechselte rasch den Standort. So konnte das Geschwader - wie ein Wanderzirkus - innerhalb kürzester Zeit zu den entsprechenden Einsatzgebieten verlegt werden. Außerdem bemalten Richthofen und seine Männer ihre Maschinen anstelle der üblichen Tarnfarben in knallbunten Farben. Richthofens Flugzeug war scharlachrot gestrichen, was die Engländer dazu veranlasste, ihm den Namen "Red Baron" - zu deutsch "Roter Baron" - zu verleihen. Die Legende war geboren.

Das Ende
Am 21. April 1918 startete Richthofen mit einem Fokker-Dr.I-Dreidecker und neun anderen Piloten vom Flugplatz Cappy. Die Männer verwickelten sich in einen Luftkampf mit den Sopwith Camels der No. 209 Squadron RAF, angeführt von dem Kanadier Arthur Roy Brown. Als sich der junge kanadische Leutnant Wilfrid May vom Kampfgeschehen entfernte, jagte Richthofen ihm nach. Brown sah, dass sein Freund May in Schwierigkeiten war, setzte sich im Sturzflug hinter von Richthofen und schoss aus großer Entfernung einige Feuerstöße, die höchstwahrscheinlich fehlgingen. Während Richthofen May über die britischen Linien verfolgte, wurde er von drei australischen MG-Schützen beschossen. Getroffen von einer Kugel, die von rechts unten in seinen Oberkörper eingedrungen war, landete von Richthofen nahe der australischen Stellung, unweit der französischen Gemeinde Corbie und verstarb kurz darauf - zwei Wochen vor seinem 26. Geburtstag.

Die Beerdigung Richthofens nach seinem Tod im Jahr 1918

Jahrzehntelang galt Roy Brown als Bezwinger des Roten Barons, was von der alliierten Propaganda auch entsprechend befeuert wurde. Doch Experten hegten daran schon immer Zweifel und im Jahr 2001/2002 simulierten Experten mit Hilfe von GPS- und Lasertechnik Richthofens finalen Flug und kamen zu der gesicherten Erkenntnis, dass Richthofen vom Boden aus abgeschossen wurde. Als wahrscheinlichster Schütze gilt der Australier William John „Snowy“ Evans.

Der Dreidecker des Roten Barons wurde von Souvenirjägern ausgeschlachtet - heute ist gesichert nur noch der Motor der Dr. 1 erhalten, er befindet sich im Imperial War Museum in London. Die Leiche des Jagdfliegers wurde mit allen militärischen Ehren bestattet. Zwei Tage später, am 23. April 1918, warf ein britischer Pilot über dem deutschen Flugplatz einen Kranz mit der Botschaft "To the German Flying Corps. Rittmeister Baron Manfred von Richthofen was killed in aerial combat on April 21st 1918. He was buried with full military honours" ab.

Der Motor von Richthofens Maschine im Imperial War Museum in London Foto: Scargill / Wiki Commons

In der Folgezeit wurde der Leichnam Manfred von Richthofens mehrfach umgebettet, sodass der Flieger schließlich erst 1975 seine letzte Ruhestätte fand - auf dem Südfriedhof Wiesbaden ruht der erfolgreichste deutsche Ritter der Lüfte des Ersten Weltkrieges nun neben seinem Bruder Karl-Bolko und seiner Schwester Elisabeth. Seit dem Jahr 1961 trägt das JG 71 der neuen deutschen Luftwaffe den Traditionsnamen "Richthofen".

Inschrift auf dem heutigen Familiengrab - Foto Pic1886 via Wiki Commons

Noch heute ist der Name des Roten Barons in aller Munde - sogar in Schweidnitz (Niederschlesien, heute Polen), wo der Pilot eine Zeit lang lebte, befindet sich eine Gedenktafel. Unzählige Bücher wurden über ihn geschrieben und Filme gedreht. Auf dem Flughafen Berlin Tegel hängt sogar eine Replik seines Fokker-Dreideckers im Terminal.

Als Opfer des Krieges war es Manfred von Richthofen nicht vergönnt alt zu werden - und sein Schicksal lässt den Autor dieser Zeilen unweigerlich an das Lied "Es ist an der Zeit" des großen deutschen Liedermachers Hannes Wader denken ...

Text: HP