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"Mit 'V' wie 'Flügel'..." - Eine niederländische Vision schreitet voran

"Flying V": Mit einem maßstabsgetreuen Modell fanden erste Tests statt - Foto: Joep van Oppen

Vor etwa einem Jahr erschienen in den sozialen Medien Bilder über ein neues futuristisches und energieeffizientes V-förmiges Flugzeug in KLM-Lackierung. Es blieb nicht nur als Vision für die Zukunft. Nach einer Zeit umfangreicher Windkanal- und Bodentests reiste in diesem Sommer ein Team von Forschern, Ingenieuren und einem Drohnenpiloten der Technischen Universität (TU) Delft in den Niederlanden zum ersten Testflug eines maßstabsgetreuen Modells zum Luftwaffenstützpunkt Faßberg in Deutschland.

Während eines Webcasts zeigten und erläuterten Henri Werij, der Dekan der Fakultät für Luft- und Raumfahrttechnik TU-Delft und Flying-V-Projektleiter Roelof Vos, zusammen mit Chefingenieur Malcom Brown und Flying-V-Pilot Nando van Arnhem, die Ergebnisse des Testflugs. Pieter Elbers, der CEO von KLM, und Daniel Reckzeh, Senior Manager R&T bei Airbus, äußerten sich aus Sicht des Betreibers und der Industrie zu den Perspektiven des Flying-V und warum die Konzentration auf nachhaltiges Fliegen für beide Unternehmen als wesentlich angesehen wird.

Das Fliegende V
Die "Flying-V" ist ein Entwurf für ein äußerst energieeffizientes Langstreckenflugzeug. Das Konzept entstand ursprünglich als Idee des TU-Berliner Studenten Justus Benad während seiner Diplomarbeit bei Airbus in Hamburg. Der Entwurf integriert die Passagierkabine, den Frachtraum und die Treibstofftanks in seiner Flügelstruktur. Computerberechnungen haben vorausgesagt, dass das Flugzeug aufgrund seiner aerodynamischen Form und seines geringeren Gewichts 20 Prozent weniger Treibstoff verbrauchen soll als die modernsten Flugzeuge von heute. KLM ist seit letztem Jahr (finanzieller) Partner des Projekts.

Die "Flying-V" wäre kürzer als ein Airbus A350, hätte aber die gleiche Spannweite von 65 Metern und könnte in der Standardkonfiguration bis zu 314 Passagiere oder 160 m3 Fracht befördern. Dies würde es dem Flugzeug ermöglichen, die derzeitige Infrastruktur auf Flughäfen zu nutzen, sollte es tatsächlich in Produktion gehen.

Foto: Malcolm Brown

Testflug Modell
Um zu zeigen, dass das Flugzeug auf der Grundlage des vorhergesagten mechanischen Verhaltens tatsächlich fliegen kann, und um erste Daten über die Flugeigenschaften zu erhalten, bauten Studenten der TU Delft ein maßstabsgetreues Modell, wobei zwischen dem anfänglichen Konzept und dem tatsächlichen Flug des Modells eineinhalb Jahre verstrichen. Computermodelle und Windkanaltests können dieses Fliegen unter dynamischen Bedingungen nicht vollständig ersetzen – spezifisch da es sich hier um ein neues Konzept handelt. Der Jungfernflug am Faßberg zeigte, dass das Flugzeug mit der derzeitigen Konstruktion gut zu fliegen ist - zwar wackelnd, unter Luftfahrtexperten auch "Dutch Roll" genannt, was eine gewisse Instabilität verursacht und der Grund für eine harte Landung war, bei der das Bugfahrwerk abbrach. Dennoch verbuchen die Initiatoren den Erstflug als erfolgreich. Aerodynamische Berechnungen hatten dieses Verhalten vorhergesagt, und nun, da dies in einem realen Flug nachgewiesen wurde, werde das Team in der Lage sein, das Flugzeug entsprechend anzupassen. Zum Beispiel würde der Einbau eines so genannten Gier-Dämpfers, manchmal auch als Stabilitätsverbesserungssystem bezeichnet, wie es einst erfolgreich in Fokker-Flugzeugen eingeführt, dieses Problem lösen.

Weiters schien der Schwerpunkt der Maschine etwas weiter hinten zu liegen, als im Voraus berechnet worden war. Durch zusätzliches Gewicht in der Nase und die Platzierung des Fahrwerks weiter vorne wurde dieses Problem gelöst.

Nächste Schritte
Eine beträchtliche Menge an Daten wurde gesammelt und muss analysiert werden. Sobald dies geschehen ist, wird das Delfter Team in der Lage sein, ein aerodynamisches Modell des maßstabsgetreuen Flugmodells zu erstellen. Dieses soll dann ermöglichen, genau zu berechnen, in welcher Weise das maßstabsgetreue Modell angepasst werden muss. Das Team wird das Modell weiter für neue Flugtests vorbereiten.

Der nächste Schritt ist die Ausstattung des "Flying-V" mit einem nachhaltigen Antrieb. Derzeit sind die Triebwerke des Airbus A350 vorgesehen. Da Entwicklungen jedoch ständig voranschreiten, könnten auch dann aktuellere Modelle ausgewählt werden - sollte sich die "Flying-V" jemals zu einem Modell in Originalgröße entwickeln.

Das letztendliche Ziel ist es, vollständig mit nachhaltiger Energie zu fliegen, was ein weiterer Bereich ist, an dem die TU-Delft arbeitet. Bis dahin bleibt noch viel Arbeit in Forschung und Modellierung.

(RE / CvD / Aig)