Österreich

Flugrettung: Droht in Vorarlberg ein "Luftrettungskrieg" wie einst in Kärnten?

Robin 1 ist der leistungsstärkste Notarzthubschrauber im Ländle - und der einzige, der mit einer Seilwinde ausgestattet ist. Obwohl es offenbar die kostengünstigste Lösung wäre, dieses Luftrettungsmittel als gleichwertige Ergänzung zu "Christophorus 8" und "Gallus 1" zu Notfalleinsätzen zu disponieren, will die Bergrettung Vorarlberg scheinbar um teures Geld stattdessen einen anderen Helikopter neu installieren - Foto: Austrian Wings Media Crew

Vor gut 20 Jahren tobte ein Kärnten ein regelrechter "Luftkrieg" in der Flugrettung, als das Rote Kreuz seinen eigenen Hubschrauber (RK-1) in Klagenfurt installierte, der mitunter selbst dann zu Notfällen ausrückte, wenn ein anderer Notarzthubschrauber eine kürzere Anflugzeit hatte. Eine ähnliche Situation könnte nun in Vorarlberg drohen.

Das Rückgrat der Flugrettung im "Ländle" ist der in Nenzing stationierte ÖAMTC-Notarzthubschrauber "Christophorus 8". Saisonale Unterstützung erhalten die gelben Engel vom Vorarlberger Traditionsunternehmen Wucher Helicopter mit "Gallus 1". Diese beiden Luftrettungsmittel sind in das System der Rettungsleitstelle eingepflegt und werden zu Notfalleinsätzen in ganz Vorarlberg disponiert. Die jeweiligen Betreiber der Helikopter stellen die Piloten, während die Flugretter und die Notärzte von der Bergrettung Vorarlberg gestellt werden.

Seit rund 20 Jahren gibt es darüber hinaus den Notarzthubschrauber "Robin 1" der von der SchenkAir betrieben wird und in Schruns (Montafon) stationiert ist. Bei "Robin 1" handelt es sich um eine Agusta A109, die mit einer Rettungswinde ausgestattet ist und somit ideal für die Rettungsfliegerei im hochalpinen Gelände geeignet ist. Allerdings ist dieser Hubschrauber nicht umfassend in das System der Rettungsleitstelle eingepflegt und wird folglich nicht entsprechend disponiert. Deshalb kommt "Robin 1" nur bei direkter Anforderung (etwa durch Privatpersonen oder Betreiber von Skigebieten) zum Einsatz, obwohl der Helikopter wesentlich mehr Kapazitäten hätte. Einzige Ausnahme: Wenn sowohl "Christophorus 8" als auch "Gallus 1" im Einsatz sind, wird "Robin 1" als "Reserve" zu Primäreinsätzen geschickt.

Für das Flugrettungswesen in Vorarlberg ist die Bergrettung Vorarlberg zuständig. Dort sieht man nun offenbar Bedarf für einen weiteren Hubschrauber. Die naheliegendste, kostengünstigste und für die Patienten sinnvollste Variante wäre es laut einhelliger Expertenmeinung zweifellos, "Robin 1" künftig ebenfalls über die Rettungsleitstelle disponieren zu lassen - ebenso wie "Christophorus 8" und "Gallus 1".

Bergrettung kocht ihr eigenes Süppchen
'Doch statt diesen effizientesten und kostengünstigsten Weg zu gehen, kocht man bei der Vorarlberger Bergrettung aus unerfindlichen Gründen sein eigenes Süppchen und will stattdessen die Firma Wucher Helicopter mit der Stationierung eines weiteren "Gallus"-Notarzthubschraubers beauftragen. Der Betrieb wird laut Austrian Wings Informationen aus öffentlichen Geldern bestritten, geht also zu Lasten des Steuerzahlers, während "Robin 1" von der SchenkAir bereits verfügbar wäre und ohne öffentliche Finanzierung auskommt. Hubschrauber und Personal werden von der SchenkAir gestellt, lediglich die Einsätze selbst werden über die Sozialversicherung bzw. über die Zusatzversicherungen der Patienten abgerechnet. Für einen zusätzlichen Hubschrauber eines anderen Betreibers, der von der Bergrettung beauftragt wird, müssten dagegen laut unseren Informationen öffentliche Mittel aufgewendet werden.

Ähnlich wie seinerzeit beim "Kärntner Luftkrieg der Flugretter" sind, unabhängig von den entstehenden zusätzlichen Kosten, damit Situationen wie diese vorprogrammiert, wie ein Insider gegenüber "Austrian Wings" schildert: "Bricht sich beispielsweise ein Schitourengeher im hinteren Montafon ein Bein, kommt es dort zu einem Lawinenabgang oder ereignet sich ein Verkehrsunfall wird nun der zusätzlich installierte Hubschrauber aus dem großen Walsertal disponiert um den Einsatz zu bedienen. Bei wesentlich längerer Anflugzeit wird über einen ohnehin bereitstehenden Notarzthubschrauber in der Region ("Robin 1", Anmerkung der Redaktion) hinweggeflogen, während der Patient einer längeren Zuführung zur dringend notwendigen medizinischen Versorgung ausharren muss. Das leistungsstärkste Flugrettungsgerät im Bundesland, ausgestattet mit modernem Windensystem, bleibt derweil am Boden. Sprich – neben nicht nachvollziehbaren wirtschaftlichen Aspekten und Verzögerungen in der medizinischen Versorgung werden bei längerer Anflugzeit mit älterem Fluggerät auch Aspekte der Nachhaltigkeit und des Umweltgedankens hinten angestellt."

Kurzfristige Ankündigung um Nachfragen zu verhindern?
Offenbar um möglichen Entgegnungen solcher fragwürdiger Vorgänge möglichst zu verhindern, wurden laut informierten Kreisen bei der Rettungsleitstelle die nunmehrigen Vorgänge kurz vor der offenbar überraschend im Dezember beginnenden Wintersaison kommuniziert. Dies dürfte nicht nur beim Steuerzahler und vernünftig denkenden potentiellen Patienten, sondern auch bei den bestehenden Flugrettungsbetreibern Kopfschütteln auslösen.

Bergrettung hüllt sich in Schweigen
Austrian Wings bat die Bergrettung Vorarlberg um eine Stellungnahme. Seitens der Geschäftsführung wurde darauf verwiesen, dass das Thema "zu komplex" sei, um es innerhalb der Deadline erläutern zu können. Austrian Wings verlängerte die Deadline daraufhin um einen weiteren Tag, erhielt jedoch keine Antwort mehr. Verwiesen wurde lediglich darauf, dass die für die Flugrettung verantwortliche Bergrettung Vorarlberg "kein Steuergeld" erhält, was ja in diesem Kontext auch nie behauptet wurde.

(red)