Punktlandung

Body Scanner – die nackte Wahrheit

September 2014, Logan international Airport, Boston MA, USA. Der nun beschriebene Prozess ist relativ simpel: Jacken ausziehen, Taschen leeren, Gürtel weg und die Schuhe gehören nicht auf die Füße, sondern in der Kiste – so lautet der Screeningprozess im Terminal E am Logan international Airport in Boston. Bis zu diesem Zeitpunkt kennt sich der Mensch so gut aus, dass ein Blick auf die Security-Mitarbeiter nicht einmal notwendig ist. Was danach passiert ist jedoch eigenartig. Statt durch den allbekannten Metalldetektor (WTMD – Walk Through Metal Detector) zu gehen, betreten alle Passagiere, ausnahmslos, eine Glaskapsel, den sogenannten Body Scanner. Hände in die Höhe strecken, Beine breit machen und nach 8 Sekunden wird der Passagier von seinem Plastikgefängnis befreit. Ob der Passagier die Kontrolle positiv oder negativ bestanden hat, errechnet ein hochmodernes System, das ein Bild des Körpers mittels X-ray beziehungsweise, Wellenstrahlung entweder passiv oder aktiv erzeugt.

Das klingt sehr futuristisch, ist aber gelebte Realität - nicht nur in den USA. Der Body Scanner, der Mitte der 90er als Maßnahme gegen Selbstmordanschläge auf sogenannten ",Hostile Environments" entwickelt wurde, ist bereits in mehreren europäischen Länder im Einsatz. Unsere Nachbarn in Deutschland haben bereits 2010 den Body Scanner am Flughafen Hamburg installiert. Testphase wurde es damals genannt; die Teilnahme der Passagiere war freiwillig. Das Ergebnis war nicht sehr erfreulich, sodass nach zehnmonatigem Betrieb die Geräte wieder abgebaut und die Einführung dieser Technik auf deutschen Flughäfen unterlassen wurde.

Grund dafür war einerseits die hohe Fehlerquote, die zu einer Nachkontrolle und anschließend zu massiven Verzögerungen geführt hat, als auch andererseits wurden gesundheitliche Bedenken von Kritikern immer wieder ins Treffen geführt.

Doch 3 Jahre sind vergangen und die Botschaft in Deutschland heißt: Körperscanner sollen nun doch an deutschen Flughäfen eingeführt werden. Inzwischen sei die Technik ausgereift genug dafür. Auch die Mitnahme von Flüssigkeiten an Bord soll ab 2016 möglich sein, heißt es.

Aber kann eine Maschine den Menschen ersetzen? Das ist die Millionenfrage in der Aviation Security Branche. Können in Zukunft operative Kosten (OPEX) durch die Investition und Einführung von Hardware (CAPEX) gespart werden? Laut den Herstellern der Ganzkörperscanner lautet die Antwort auf diese Frage "Ja".

Um die Situation richtig bewerten zu können müssen zunächst die Grundzüge der Security bekannt sein. Die Security weltweit, insbesondere wenn es sich um Aviation Security handelt (Fokus auf Counter Terrorismus), besteht aus drei Grundelementen, auch als das „Security Dreieck“ bekannt: Intention (Absicht), Capability (Potential), Realization (Realisierung).

Dies bedeutet, dass zunächst einmal abgeklärt wird, ob durch die ersten zwei Elemente, eine Gefahr für ein Objekt oder eine Person (Menschen, Infrastruktur) besteht. Um die Gefahr zu minimieren bzw. ein Attentat zu verhindern (es gibt keine Garantie für 100% Security, es ist nur die Zielsetzung!), müssen folgende 3 Elemente jedenfalls berücksichtigt werden: Technologie, Personal, Prozess.

Fällt eines dieser Elemente weg, kann keine vernünftige Reaktion auf die Gefahr eingeleitet werden. Werden die Elemente nur zum Teil eingesetzt beziehungsweise sind sie nicht professionell genug (Thema Schulung der Mitarbeiter), kann dies zu fatalen Ergebnissen führen.

Nun zurück zum zuvor erwähnten Body Scanner – folgende Fragen bleiben jedoch unbeantwortet: Ist die Technologie wirklich ausgereift (es existieren viele Berichte darüber, dass potentiell gefährliche Gegenstände trotz Body Scanner den Weg durch die Kontrolle geschafft haben)? Ist die Verletzung der Intimsphäre tatsächlich ausgeschlossen? Vereinfacht das Gerät den Screeningprozess oder wird der Prozess eher verkompliziert? Das sind alles berechtigten Fragen, die im Aviation Bereich gestellt werden müssen.

Besonderes Augenmerk müsste in jedem Fall auf die Fähigkeiten des kontrollierenden Personals gelegt werden. Denn der Mensch ist "The last line of defence".

Die Fluglinie EL AL schafft es mit einem speziellen Profiling Prozess seit mehr als 40 Jahren, ein hohes Maß an Security zu erreichen – am TLV Ben Gurion Airport, kann man Flüssigkeiten mit an Bord nehmen, obwohl dort weder Body Scanner noch Detektionsgeräte für Flüssigkeiten vorhanden sind. Klar, die europäische Verordnung (EU 185/2010) ist in Israel nicht gültig. Trotzdem ist die Lage in Israel etwas gefährlicher als in die meisten EU Ländern.

Ich habe ein paar Kollegen von diversen europäischen Flughäfen, Fluglinien und Behörden nach ihrer Meinung zu diesem Thema gefragt. Die Rückmeldung war sehr überraschend. Egal ob Ost- oder Westeuropa, die Body Scanner wurden operativ als problematisch bezeichnet. Die Fehlquote sei zu hoch, der Aufwand bei der Nachkontrolle daher enorm, die Passagiere seien ungeduldig. Ein Security Manager einer renommierten Airline hat auch seine Bedenken zu der Kontrolle der Crew geäußert. "Da werden die Fetzen fliegen", meinte er. Ein Lead Trainer aus den Nordics meinte, es wäre sinnvoll gleichzeitig sowohl auf den technologischen Aspekt als auch auf den menschlichen Aspekt Rücksicht zu nehmen. Dadurch können Prozesse optimiert werden, und es sind eben diese Prozesse, welche das Bindeglied zwischen Mensch & Maschine darstellen. Der Body Scanner in seiner derzeitigen Form ist laut ihm noch nicht optimal ausgereift.

Neue Technologien sind in meinen Augen, als Security Manager in der Aviation, von immenser Bedeutung. Jede neu entwickelte Technologie beziehungsweise Geräte, die eingesetzt werden, beunruhigen auf der einen Seite den Attentäter, da er einen neuen Modus Operandi "erfinden"´ muss. Auf der anderen Seite ermöglicht die Technologie die Erkennung und Verifizierung mehrerer bislang nicht erkennbarer Bedrohungen.

Nun muss diese Technologie 100% zuverlässig, das Securitypersonal professionell ausgebildet sein, und die Prozesse zu 100% implementiert und befolgt werden. Aber ist das wirklich der Fall?  Ist die Technologie ausgereift genug, um den Menschen zu ersetzen?

Ich behaupte: Nein, das ist sie nicht! Die Technologie sollte den Mensch unterstützen aber nicht ersetzen, die Prozesse müssen entwickelt, umgesetzt und kontrolliert werden.

Text: Elad Gadot - der Autor ist ein ECAC zertifizierter Aviation Security Manager und ACC3 Validator. Er ist seit mehr als 15 Jahren im Sicherheitsbereich tätig.
Titelbild: Symbolbild "klassische" Sicherheitskontrolle auf einem Flughafen - Foto: Austrian Wings Media Crew

Hinweis: „Punktlandungen” sind Kommentare einzelner Autoren, die nicht zwingend die Meinung der Austrian Wings-Redaktion wiedergeben.