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Red Bull Air Race: Dolderer: „Jetzt holen wir uns das Ding“

Mit seinem Sieg beim siebten Rennen der Red Bull Air Race Weltmeisterschaft 2016 vor 62.000 Zuschauern auf dem Indianapolis Motor Speedway schrieb der deutsche Matthias Dolderer Geschichte: Der 46-Jährige gewann nicht nur als erster Pilot ein Rennen auf dem legendären Speedway, er ist auch der erste Deutsche Weltmeister überhaupt in der ultimativen Motorsportserie der Lüfte, die 2003 ins Leben gerufen wurde.

Matthias, wie fühlt es sich an, Weltmeister zu sein?
Dolderer: „Wahnsinn, ich kann es immer noch nicht begreifen. Ein Traum ist wahr geworden. Ich glaube, es wird noch einige Tage dauern, bis ich das wirklich realisiere.“

Wie groß war die Liste der Gratulanten?
Dolderer: „Ich habe nach dem Rennen erstmals vor der Pressekonferenz auf mein Handy geguckt, da waren es schon rund 250 Nachrichten. Cool war, dass mir in den letzten Tagen auch viele Sportgrößen gratuliert haben. Das hat mich sehr gefreut.“

Du warst schon 2015 einer der besten Piloten im Feld. Wenn es drauf ankam, sind dir aber immer wieder unnötige Fehler unterlaufen. In diesem Jahr hast Du gerade unter Druck Deine Leistung abrufen können. Wie kam es dazu?
Dolderer: „Wir haben uns mental komplett neu aufgestellt. Es hat im vergangenen Jahr an der ein oder anderen Stelle an Selbstvertrauen gefehlt. Und gerade das ist ein Schlüssel zum Erfolg. Wir haben alles in einzelne Bausteine zerlegt, um herauszufinden, wo wir noch etwas besser machen können.“

Und fündig geworden?
Dolderer: „Ja. Es ist unglaublich wichtig, sich nur von Rennen zu Rennen zu konzentrieren. Wenn du schon vorher T-Shirts mit der Aufschrift Weltmeister druckst, dann beschäftigst Du Dich auch damit, wie es sein könnte, wenn… Und damit verlierst Du den Fokus auf das Wesentliche.“

Du sprichst von ‚mental neu aufgestellt‘. Heißt das, dass Du Dir Hilfe geholt hast?
Dolderer: „Nicht direkt, aber ich habe mich mit vielen Leuten unterhalten und um Rat gefragt. Da bekommst Du sehr viele interessante, aber auch unterschiedliche Antworten. Und aus denen musst Du die herausfiltern, die für Dich die Richtigen sind. Außerdem ist mein Team sehr wichtig, da muss alles passen. Über den Winter haben wir alle hart daran gearbeitet und jetzt denke ich, dass ich das beste Team der Welt hinter mir habe.“

Blicken wir nochmal zurück auf Indianapolis. Das war ein kleines Meisterstück…
Dolderer: „Es war ein ganz spezielles Rennen, nicht nur aufgrund der Location. Nicolas Ivanoff hatte in der ersten Runde eine gute Zeit vorgelegt. Ich habe versucht, diese auszublenden und mein Rennen zu fliegen, was mir gelungen ist. In der Round of 8 ist Yoshi Muroya dann eine unglaubliche Zeit geflogen. Ich habe mir dann nur gesagt: Den muss ich jetzt platt machen.“

Und auch das hat wieder geklappt…
Dolderer: „Ja, aber ich hatte nach der Runde nicht einmal Zeit, mein Flugzeug zu verlassen, bin bis zum Final 4 drin sitzen geblieben. Als es dann losging, habe ich zu meinem Team nur gesagt: ‚Jetzt holen wir uns das Ding‘.“

Wie war das denn, als Ihr großer Widersacher im Kampf um den WM-Titel, Matt Hall, vor Ihnen gepatzt hat?
Dolderer: „Die Frage war, ob ich easy going gehe oder auf Sieg fliege. Wir haben uns für alles oder nichts entschieden, denn wir wollten das Rennen unbedingt gewinnen und Geschichte schreiben. Also sind wir Kampflinie geflogen. Als ich dann gewonnen hatte, das war ein ganz spezielles Gefühl. Ebenso wie der Kuss der legendären Yard of the Bricks. Auf der Indy-Siegerliste mit großen Namen wie zum Beispiel Michael Schumacher zu stehen, das ist unglaublich. Da kommt jetzt mein Name mit dazu. Ich kann es immer noch nicht glauben…“

Jetzt kommt noch das Saisonfinale in Las Vegas. Wie nimmst Du das Rennen in Angriff?
Dolderer: „Wie alle anderen Rennen auch. Wir freuen uns auf Las Vegas und wollen die Saison mit einem weiteren Erfolgserlebnis beenden.“

Um top motiviert in die Winterpause zu gehen?
Dolderer: „Die Winterpause ist nur sehr kurz. Es gibt keine Garantie dafür, dass es im kommenden Jahr so weitergehen wird. Disziplin ist von großer Bedeutung, das Gesamtkonzept muss stimmen und das große Puzzle zusammenpassen. In diesem Jahr hat es gepasst. Wir haben als Team funktioniert und als Team den WM-Titel gewonnen.“

Das Saisonfinale der Red Bull Air Race Weltmeisterschaft 2016 wird am 15./16. Oktober auf dem Las Vegas Motor Speedway ausgetragen.

(red / Matthias Dolderer / Titelbild: Matthias Dolderer ist zuversichtlich - Foto: Markus Dobrozemsky)