Punktlandung

Journalisten-Bruchlandung: NIKI-Hetzkampagne als Rohrkrepierer

"Lügenbaron" Münchhausen war ebenfalls offenbar sehr luftfahrtverbunden, wenn es etwa um seinen berühmten Ritt auf der Kanonenkugel geht. Ob diese Figur auch für den "falschen NIKI-Informanten" als Vorbild gedient haben mag? - Grafik: Gavur von August von Wille, gemeinfrei

Der massiv angeschlagene Air Berlin-Konzern mit seiner Österreich-Tochter NIKI kommt kaum aus seiner wirtschaftlichen wie operativen Schieflage. Und wäre das nicht dramatisch genug für Deutschlands zweitgrößte Fluggesellschaft, finden sich sogar in den Reihen von Branchenjournalisten rabenschwarze Schafe, die versuchen, mit erfundenen Skandalgeschichten zusätzlich Öl ins Feuer zu gießen.

"Neue Probleme sind das, was der deutsche Billigflieger Air Berlin am allerwenigsten braucht", konstatierte das Wirtschaftsmagazin "trend" kürzlich angesichts der katastrophalen Bilanz der deutschen Airline, welche verzweifelt versucht, sich vom "Billig-Image" zu befreien und als Hybrid-Carrier zu platzieren - was auch immer man unter dieser eher unüblichen Bezeichnung verstehen mag.

Flugstreichungen, organisatorisches Chaos, Beschwerden über miserables Kundenservice, die geplatzte Tuifly-Fusion - die Presse ist in jüngerer Vergangenheit voll von Berichten über zahllose Dinge, die im Konzern ganz offensichtlich gewaltig schief laufen. Hierzu erreichen auch die Austrian Wings-Redaktion regelmäßig Zuschriften von Passagieren, teils aber auch überforderten Crewmitgliedern.

Von brisanten Infomationen und auskunftsfreudigem Personal
Vor wenigen Wochen schneite wieder ein E-Mail herein, vollgespickt mit Skandalschilderungen. Diesmal allerdings in besonders brisanter Form: technisch liege, so der vermeintliche Insider-Informant, einiges im Argen. Vor allem bei der Österreich-Marke NIKI orte er massive Gefahr im Verzug. Das sei Grund genug für ihn, uns zu kontaktieren, um brisantes Material zu übergeben und auch für ein Interview bereit zu stehen.

Fake-Pilot "Franz K." beim Versuch, eine Airline schlecht zu machen - perfiderweise, während im eigenen Medienbetrieb offensichtlich einiges turbulent schief läuft... - Faksimilie/Auszug: Austrian Wings Media Crew

Als Franz K. stellte sich besagter Informant, angeblicher First Officer bei Air Berlin, vor und pochte inständig auf ein Zusammentreffen während eines kurzen Stopovers in Wien-Schwechat. Es müsse nur sichergestellt werden, dass er anonym bleiben könne. Doch dann wolle er aus dem Nähkästchen plaudern und angeblich sensible Unterlagen vom Allerfeinsten vorlegen - "(...) weil ich Ihnen brisante Informationen, Fotos und Ausdrucke bezüglich grober Verstöße gegen die Flight Duty Regulations, Sicherheit und dem rauen Umgang mit dem fliegenden Personal geben möchte. Wenn so weiter gemacht wird, wird es nie zum 'Tuifly-Deal' kommen, weil Air Berlin Niki eher als Mülleimer für alles Lästige und Teure betrachtet, aber das Ops in Wien total überfordert und unterbesetzt ist", versuchte "Pilot Franz" unserem Redaktionsteam den Mund wässrig zu machen. Und weiter: "Bei Niki werden auf den Außenstationen viele Wartungen unterlassen oder in Tape-Manier provisorisch gepfuscht. Einträge im Logbuch bzw. Meldungen an die Technik werden mit großem Druck versucht zu unterdrücken. Dazu kommt, dass es massive Personalprobleme gibt, und malen Sie sich mal aus, warum."

Selbst sei der gute Franz "auf einer Außenstation" eingesetzt, nur an einem ganz speziellen Tag für ein besonders kurzes Zeitfenster in Wien und er wisse nicht, wann es ihn danach wieder in die Bundeshauptstadt verschlagen würde. Und der Termin sei ihm unglaublich wichtig: "Ich habe alles feinstsäuberlich mit Fotos, Ausdrucken und so weiter dokumentiert, die ich Ihnen morgen, nebst den detaillierten Erklärungen worum es geht, also es ist wirklich brandgefährlich, übergeben werde", drängte der "First Officer".

Die Waffen professioneller Journalisten: Recherche, Branchenkontakte und echte IT-Spezialisten
Das klingt doch nach einem gefundenen Fressen für ein Luftfahrt-Fachmagazin? Wie das Schnitzel für den Wiener, das Käsefondue für den Schweizer oder die Maultaschen für den Schwaben... Doch was den Fachjournalismus vom Sensationsboulevard unterscheidet, ist zunächst einmal Recherche - und vor allem ein besonders ausgeklügeltes Netzwerk. Und damit gilt es, "Fake News" von Fakten blitzschnell zu trennen.

In seiner Euphorie hatte "First Officer Franz" nämlich einige kapitale, aber natürlich nur für versierte Personen erkennbare Fehler begangen. In akribischer, gleichwohl jedoch flotter Zusammenarbeit von Branchenprofis und IT-Experten, denen selbst gerichtsverwertbare Auswertungen nicht fremd sind, wurde dem "Informanten" nachgegangen. Die Verfolgung seiner tatsächlichen Spur führte brisanterweise aber nicht etwa zum bezichtigten Air Berlin-Konzern, sondern ausgerechnet zu einem Online-Magazin. Der angeblich so auskunftsfreudige Franz sollte sich sohin vielmehr als Alter-Ego im "Auftrag" eines Journalisten darstellen, der unangenehmerweise aktuell selbst auf der Anklagebank eines Strafgerichtes Platz nehmen musste, um sich nach Betrugsvorwürfen zu verantworten. Für den Versuch, um jeden Preis hiervon abzulenken, erschien dem identitätskreativen Schreiberling offensichtlich sogar ein (Informations-) "Betrugsversuch" nur allzu verlockend. Auf Kosten einer ohnehin ums Überleben kämpfenden Fluglinie, deren fliegendes Personal und Techniker es an vorderster Front sind, die allen Widrigkeiten zum Trotz zumeist bemüht bleiben, das sprichwörtliche "Werk'l am Laufen" zu halten.

Die Idee, ausgerechnet als Journalist gegen genau diese Personen eine kollektive Schmutzkübelkampagne anzuzetteln, ist nicht nur verwerflich, sondern eine Niederträchtigkeit in Reinkultur. Da wäre die Zeit für den eigenen Abflug mehr als reif.

(TUG / MT)

Hinweis: „Punktlandungen” sind Kommentare einzelner Autoren, die nicht zwingend die Meinung der Austrian Wings-Redaktion wiedergeben.