Österreich

Zukunft "Green Aviation": Luftfahrt-Symposium 2018

Podiumsdiskussion beim Luftfahrt-Symposium 2018 - Foto: Franz Zussner

"Green Aviation Future" war am 12. September 2018 das Thema des diesjährigen Luftfahrt-Symposiums des Österreichischen Luftfahrtverbandes (ÖLFV) unter seinem neuen Präsidenten Dr. Peter Malanik, der seinem Vorgänger, KR Mario Rehulka, im Sommer dieses Jahres nachfolgte. Im Eingangsstatement würdigte er das Jahrzehnte lange Engagement von Mario Rehulka für den ÖLFV ("Austrian Aviation Association" in der Luftfahrt-Sprache Englisch). Ein Bericht von Franz Zussner für Austrian Wings.

Persönlichkeiten aus allen Bereichen der Luftfahrt, wie Airlines, Industrie, Flughäfen, Flugsicherung, Politik und Wirtschaft hielten Vorträge über alternative Treibstoffe zur nachhaltigen CO²-Reduktion im Luftverkehr. Obwohl es nicht ganz einfach umzusetzen sein wird, ist ein erklärtes Ziel der Luftfahrt, bis zum Jahr 2050, die CO²-Emissionen um die Hälfte zu verringern. Peter Malanik betonte in seiner Eröffnungsrede, dass die Luftfahrt und die Industrie in diesem Bereich immer schon ein Motor für Innovationen war und ist – Themen wie Verbundwerkstoffe, Gewichtsreduktion, neue Treibstoffe und vieles mehr. Die kommerzielle Luftfahrt verkommt somit hoffentlich nicht zum letzten "erdölfressenden Dinosaurier". Digitalisierung, Biotreibstoffe und E-Mobilität werden auch in der Luftfahrt Einzug halten. Für die Zukunft möchte Malanik mehr "Freunde" aus Industrie und Wirtschaft gewinnen, wie FACC, Frequentis usw., die mit ihren Produkten die Flugzeughersteller bereichern. 

Peter Koren (IV) und Christian Domany (WKO) betonen, dass die Politik unbedingt eine positive Luftfahrt-Standort-Politik bekräftigen muss, denn nicht weniger als 270 Leitbetriebe haben ursächlich bzw. indirekt mit der Luftfahrt zu tun, und nach wie vor ist die Luftfahrt ein großer Wachstumsmarkt. Auch mehr Investitionen und die Forschung in die Entwicklung neuer Technologien (Emissionshandel), Biotreibstoffe sollen gefördert werden. In dasselbe Horn bläst auch Gerhard Gürtlich vom BMfVIT. Mehr Verkehr schafft zwar auch Wohlstand, aber dieser verbraucht zu viele Flächen, erzeugt Lärm und einen hohen CO² Ausstoß, wobei hier der Flugverkehr "nur" einen geringen Anteil dieser Emissionen verursacht. Der Dieselkraftstoff ist hier der größte Verursacher von CO², und daher trägt der dieselgetriebene Verkehr aller Art zur KIimaerwärmung mehr bei als der vielgeschmähte Luftverkehr. 

Ein "alter Hase" als Vortragender ist Drew C.Magill, Boeing Europe, der diesmal ein Zwiegespräch mit Wolfgang Henle, Austrian Technik Bratislava (ATB), über alternative Treibstoffe, führte. Henle meinte dabei, dass Turboprops auf Kurzstrecken wesentlich weniger CO² emittieren als Jets, und warum man nicht mehr Props dafür einsetzt, die fast gleich schnell sind, aber günstiger produzieren. Magill konnte als Boeing Repräsentant wenig dazu sagen, hob aber seine innovative Produktpalette wie B737MAX, B787, B777 hervor, die durch neue Technologien auch CO²-arm produzieren. Ferner betonte Magill, dass heute bereits täglich 10 Mio. Menschen in ein Flugzeug steigen und sich die Passagierzahl alle 15 Jahre verdoppelt. "Sicher und verlässlich muss die Luftfahrt sein", sagt Magill. – "Aviation connects the world."

Interessant waren die Vorträge von Arne Roth, Bauhaus Luftfahrt e.V. München, und Kay Kratky (vormals CEO Austrian Airlines AG – derzeit Chairman of the Advisory Board and Partner, CCP-Technology GmbH, München), die konkrete Vorschläge und auch mögliche Lösungen für eine CO²-reduzierte Luftfahrt präsentierten. "Es braucht für die Luftfahrzeuge einen Paradigmenwechsel", meinte Roth – Treibstoff aus erneuerbarer Energie, um den Zielen von der Pariser Klimakonferenz aus 2015  Chairman of the Advisory Board und Partnergerecht zu werden (z. B. die Erderwärmung auf 1,5 bis 2 Grad Celsius in Graz zu begrenzen). "Denn das Wachstum ist bereits größer als der Effizienzgewinn", sagt Roth. Technologien wie E-Flüge (Batterie zu schwer), hybrid-elektrisch (man braucht trotzdem Kerosin) bzw. mit flüssigen, kyrogenen Gasen bringen derzeit noch kaum Vorteile. Die Kosten dafür sind äußerst hoch, sodass noch keine Airline darauf zurückgreifen wird. Biokraftstoffe aus Solarenergie, Kerosin aus erneuerbarem Strom (Elektrolyse), aber auch eine solar-thermische Produktion von Kerosin bzw. eine Mischung aus mehreren Kraftstoffvarianten wäre eine fast ideale Lösung. "Einen 'goldenen Weg' gibt es nicht, alle erneuerbaren Optionen haben Potenziale, aber auch Schwächen", meint Roth. Kay Kratky verfolgt hier seit Jahren sozusagen einen Mittelweg: Die "CAPHENIA" Kraftstoff-Technologie ist zwar keine reine Bioproduktion, recycelt aber CO², woraus wiederum dieser Caphenia-Kraftstoff hergestellt wird. Diese Produktionsform ist in der Entwicklungsphase, und man hofft, innovative Firmen als "Crowd-Funder" zu gewinnen. "Eine Tonne Caphenia ist zum Preis von USD 440,00 bereits günstiger als eine Tonne Kerosin", betont Kratky. "So wäre z. B. die OMV in Schwechat ein interessanter Standort zur Produktion von Caphenia, eines alternativen Kerosins", meint Kratky.

Der abschließende Club-Talk unter der bewährten Leitung von Markus Pohanka, Austro Control GmbH, brachte auch wieder Interessantes zu Tage. Alexis von Hoensbroech, (Austrain Airlines AG), Heinz Sommerbauer (Austro Control GmbH), Julian Jäger (Flughafen Wien AG), Thomas Haagensen (easyJet) und Thomas Rötger (IATA Genf) stellten sich den Fragen: Vor allem, warum es in diesem Sommer im Flugverkehr so viele Probleme gab (Verspätungen, Ausfälle, Umleitungen usw.).  Dazu gaben alle Talk-Gäste unisono die gleichen Antworten: Neue Wetterphänomene, die bis in große Höhen auftraten (15.000 m), überfüllter Luftraum, zu wenig Fluglotsen im Ausland, Lotsenstreik in Frankreich, und da es noch kein SES (Satellite Earth Stations and Systems) gibt – wie seit vielen Jahren geplant. Hoensbroech sieht weitere Ursachen, wie die "Nicht-Bewältigung" der Pleite von Air Berlin, technische Probleme, mehr Sicherheitskontrollen usw. – durch diese Verspätungen wurden nicht mehr beherrschbare Rotationen der Flugzeuge hervorgerufen. Haagensen sieht es etwas gelassener, da die Flugzeuge von easyJet kaum betroffen waren. So betonte Haagensen, dass die täglichen rund 1.900 Flüge des öfteren morgens "simuliert" werden, um so Schwachstellen finden zu können. Julian Jäger sieht "seinen" Flughafen in Wien weniger betroffen als die deutschen Airports, da der Flughafen Wien gut "performed" hat. Es gab vor rund zehn Jahren in VIE schon 40.000 Flugbewegungen mehr, und daher gibt es momentan keine Kapazitätsprobleme. Rötgers von der IATA sieht das "komplexe System" als sehr störanfällig, die Wettersituationen werden immer häufiger, und der Klimawandel verstärkt sich. Nur eine europäische Zusammenarbeit der einzelnen Flugsicherungen könnte dem entgegenwirken – Stichwort "SES": Dazu meint Sommerbauer, hat Austro Control GmbH die Zusammenarbeit mit den Nachbarn von Österreich (Slowenien, Ungarn) und nun auch mit Kroatien und Bosnien-Herzegowina den "free route airspace" ins Leben gerufen. Es gibt einen fixen Ein- bzw. Ausflugpunkt, danach entscheidet der Pilot selbst über seine Flugroute. Klar ist aber auch, dass beim Umfliegen von Ortschaften der Flugweg länger wird und dadurch wiederum mehr CO² ausgestoßen wird. Weniger Lärm, aber längerer Flugweg! Es ist doch noch ein weiter Weg für die europäischen Flugsicherungen.

Text & Foto: Franz Zussner