Österreich

Luftfahrtsymposium 2014 - Wirtschaftsturbine Luftfahrt

Der Österreichische Luftfahrtverband veranstaltete am 18. September zum 13. Mal das "LUFTFAHRTSYPOSIUM". Veranstaltungsort war, wie schon achtmal zuvor, der große Saal der Raiffeisenzentralbank (RZB) am Wiener Stadtpark. Für Austrian Wings berichtet Franz Zussner.

Der Präsident des Luftfahrtverbandes und ehemalige AUA-Vorstand Mario Rehulka hatte dazu namhafte Persönlichkeiten von Flugzeugherstellern, Airlines, Flughäfen, Flugsicherung, Wirtschaft, Tourismus und Politik als Vortragende eingeladen und diese auch in interessanten Diskussionsrunden zu Wort kommen lassen.

Mario Rehulka
Mario Rehulka

Der Vertreter von Airbus (Herr Alan Pardoe) war leider kurzfristig verhindert, deshalb hat Mario Rehulka in aller Kürze dessen Part übernommen und Boeing (Frau Debra Santos, Managing Director Marketing Boeing Europe)) stellten ihre neuesten Produktfamilien vor und erläuterten den Zeitraum, wann die ersten Jets der allerneuesten Generation an die Kunden ausgeliefert werden sollten. Es wird davon ausgegangen, dass bis 2030/35 doppelt so viele Verkehrsflugzeuge
wie heute benötigt werden. Vorausgesetzt, das prognostizierte Wachstum von fünf bis sechs Prozent (in Europa etwas weniger) im Luftverkehr hält an. Wichtig ist aber auch, dass die Antriebe mit der Entwicklung der neuesten Flugzeuggenerationen in Bezug auf Technologie, Kerosinverbrauch und Schadstoffausstoß mithalten können. Dies garantierte in einem sehr interessanten Referat Herr Paul Finklestein, Vizepräsident Marketing von Pratt & Whitney/IAE, der das neue PW1000G "pure power" sogar filmisch präsentierte und es als den innovativsten Antrieb für die Kurz- und Mittelstreckenjets darlegte. Es kommt bereits bei der A320neo Familie, bei den Bombardier CS-Series sowie beim Mitsubishi Regional Jet (MRJ) zum Einsatz.

Flughafen Wien Vorstand Günther Ofner erläuterte die Anstrengungen des Wiener Airports zum Ausbau der "Airport City Wien" zu einem wichtigen Office- und Logistikstandort in der Ostregion. Flughäfen verdienen ihr Geld nicht nur im Aviation Sektor, sondern schon überwiegend im "non aviation Bereich". Also durch Vermietung von Büros, Shops aller Sparten, und ähnliche Bereiche. So ist die dritte Piste in VIE zwar ein wichtiges Thema, sie wird aber derzeit nicht benötigt; Stichwort: größere Flugzeuge, dadurch weniger Bewegungen pro Stunde. Durch die Eröffnung des neuen Wiener Hauptbahnhofes und Fertigstellung des Flughafenbahnhofes, werden ab Dezember d. J. erstmals IC-Züge und Railjets (RJ) am Flughafen Wien halten, der somit in die Liga der mit öffentlichen Verkehrsmittel bestens angebundenen Flughäfen aufsteigt. Dadurch erhöht sich auch die Attraktivität des Wiener International Airport.

Einer der Höhepunkte des Symposiums war der Vortrag von Univ. Prof. Dr. Bernhard Felderer, ehemals Dir. für Höhere Studien in Wien und nunmehr Präsident des Fiskalrates, der über die Bedeutung der Luftfahrt für ein Land referierte. Hier ist wohl Österreich, aber auch die EU gemeint.

Der Flugverkehr nehme zwar weiter zu, jedoch sei die Prognose für Europa zu optimistisch. Das Wachstum des Flugverkehrs basiere auf Wirtschaftswachstum, welches in Europa aber kaum kaum vorhanden sei, sondern eher stagniere, so Felderer. Luftfahrt bleibt und ist von der Konjunktur abhängig. Stichwort: Luftfahrt entsteht dort, wo Wachstum entsteht! Was ist, wenn sich Osteuropa nicht mehr rechnet, der Ost-West-Hub Wien keine oder nur mehr wenige Transferpassagiere generiert? Solche und ähnliche Theorien stellte Felderer in den Raum. Die Luftverkehre haben sich im letzten Jahrzehnt dramatisch Richtung Golfstaaten entwickelt. Riesige Hubs, wie Dubai, Abu Dhabi, Doha ziehen Verkehre und Passagiere an. Große und noch größere Flughäfen mit einem Passagieraufkommen jenseits der 100 Millionen Passagiergrenze entstehen dort. Europa kann hier kaum etwas dagegen unternehmen, im Gegenteil, es hat nur viele Wettbewerbsnachteile heraufbeschworen, wie Flugticketsteuer, Konsumentenschutz (Fluggastrechte), Umweltschutz, ETS Emissionshandel, Nachtflugbeschränkungen, Personalkosten (Bord, Boden usw.). Dubai ist deshalb ein so großer Hub geworden, weil eben Passagiere von europäischen Hubs abgezogen wurden. Auch in der Türkei wird Luftfahrt groß geschrieben. Turkish Airlines wird zu einem großen Player und in Istanbul soll ein Mega-Airport mit einer Passagierkapazität von 150 Millionen und mehr in den kommenden Jahren errichtet werden. Istanbul als Hub wird wesentlich unangenehmer für Wien als angenommen, so Felderer. Es liegt viel näher an den Oststaaten als der Hub Wien.

Was kann man dagegen tun? Operationelle Rahmenbedingungen ändern. Systemfremde Abgaben (hoheitliche Sicherheitskosten)sollen nicht von den Airlines übernommen werden-, Umweltabgaben (Lärmgebühren, EU ETS) dürfen den Wettbewerb nicht behindern, einheitliche europäische Luftraumüberwachung, meint der Fachmann.

Ferner sollten zur Aufrechterhaltung eines dichten Flugnetzes in Europa ein höheres wirtschaftliches Wachstum (schwierig aufgrund der demografischen Entwicklung) sowie faire und gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle daran teilnehmenden Airlines angestrebt werden.

Im Rahmen zweier Clubtalks, moderiert von Markus Pohanka (Austro Control) und Rudolf Nagiller (ehemals ORF) u.a. mit Günther Ofner, Flughafen Wien, Heinz Sommerbauer (Austro Control), Ursula Zechner (BMVIT) Christian Lesjak (NIKI), Michaela Reitterer (Hotelerieverband), Norbert Kettner (Wien-Tourismus) wurden noch "Feinheiten" der Wirtschaftsturbine Luftfahrt, herausgearbeitet. Auch AUA CEO Jaan Albrecht war dazu eingeladen, hatte sich aber aufgrund von "KV Verhandlungen mit dem Betriebsrat Bord" entschuldigen lassen müssen, jedoch ließ er eine schriftliche Mitteilung an die Anwesenden verlesen, die sinngemäß lautete: "Die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen für den Luftverkehrsstandort Wien, sind nach wie vor nicht zufriedenstellend. Drehkreuze außerhalb Europas profitieren. Wir von der AUA werden nach wie vor dafür sorgen, die Hub Funktion von Wien im LH Konzern zu behalten und auszubauen. Dafür haben wir, zusammen mit dem Flughafen Wien, heuer mit Air China und Ethiopian Airlines, zwei neue Airlines nach Wien geholt und selbst für mehr Konnektivität gesorgt. (Newark, Chicago). Daher erwarte ich mir vom neuen Bundesminister Stöger, im Interesse des Luftverkehrs- und Wirtschaftsstandortes Wien, es nicht nur bei Lippenbekenntnissen zu belassen, sondern aktiv an der Attraktivität zu arbeiten. In diesem Sinne betonten auch Reitterer und Kettner, das ein wettbewerbsfähiger Flughafen Wien, das beste Aushängeschild für den wachsenden Wien-Tourismus ist. Mehr als 50 Prozent der Wien Touristen (sechs Millionen jährlich) und nahezu 76 Prozent der Kongressteilnehmer reisen mit dem Flugzeug an."

Viel kritisiert wurde die Gebührenpolitik, hier vor allem die Ticketsteuer, die in Deutschland und Österreich als sehr stark wettbewerbshemmend empfunden wird und daher schleunigst abgeschafft gehört. Ursula Zechner (BMVIT) kann hier aber nichts versprechen, teilte aber mit, wenn Deutschland sie abschafft, wird es aller Voraussicht nach, auch Österreich tun. Heinz Sommerbauer (Austro Control) wurde immer wieder auf den schon seit Jahren geforderten "Single European Sky" (einheitlicher Luftraum in Europa) angesprochen und er konnte mitteilen, dass Österreich, was seinen Anteil betrifft, schon große Fortschritte erzielt hat. Demnächst soll in der slowenischen Hauptstadt Ljubljana (Laibach) ein entsprechender Vertrag unterfertigt werden.

Text & Fotos: Franz Zussner für Austrian Wings