Reportagen, Videobeiträge

Foto- und Videoreportage: Flieger, grüß' mir die Sonne - 100 Jahre Segelflug in Stockerau

Andreas Doblhoff-Dier im SG 38 des Austrian Aviation Museum. Diese Exemplar wurde im Jahr 1954 gebaut

Am vergangenen Sonntag wurde am Waschberg bei Stockerau das Jubiläum "100 Jahre Segelflug" mit einer "Flugschau" der besonderen Art zünftig gefeiert. Austrian Wings war dabei.

Die Stockerauer Flieger sind bekannt dafür, aviatische Feste zu feiern wie sie fallen - und dabei die Bevölkerung stets mit einzubinden. Die Region verfügt - ähnlich wie der Spitzerberg - über eine lange (Segel-)Flugtradition, die jetzt gebührend gefeiert wurde. Nachdem bereits zuvor im Bezirksmuseum Stockerau eine Ausstellung "100 Jahre Segelfliegen am Waschberg" eröffnet worden war, ließen die Stockerauer Flieger auch aviatische Taten folgen.

Videoimpressionen von der Veranstaltung. Zum Abspielen des Videos einfach in den Player oder auf das "Play"-Symbol klicken.

Doch zunächst einmal werfen wir einen Blick darauf, was vor 100 Jahren am Waschberg in Leitzersdorf, nur wenige Kilometer Luftlinie vom heutigen Flugplatz Stockerau entfernt, überhaupt geschah.

Tollkühne Männer in ihren fliegenden Kisten
Damals, genauer gesagt vom 13. bis 21. Oktober 1923, fand am Waschberg der erste internationale Segelflugwettbewerb Österreichs statt. 13 Piloten nahmen an dem Wettbewerb teil, der vom Rektor der Technischen Hochschule (heute besser bekannt als Technische Universität Wien) ins Leben gerufen wurde. Die Veranstaltung verwandelte sich rasch in ein Volksfest, zu dem Eintrittskarten verkauft wurden, auf denen "Österreichische Segelflugwoche bei Stockerau (Waschberg)" geschrieben stand.

Historische Aufnahme von 1923 - Foto: Archiv

Segelflug kehrt zum Waschberg zurück
Rund 100 Jahre später (wegen des besseren Wetters verzichtete man darauf, die Veranstaltung im Oktober abzuhalten), am 17. September 2023, kehrte der Segelflug - zumindest für einen Tag - zum Waschberg zurück. Dafür zerlegten die Stockerauer Flieger sogar ein modernes Segelflugzeug, brachten es "abgerüstet" auf den Waschberg und bauten es dort wieder zusammen ("aufrüsten"). Der Tag begann mit einer Feldmesse, für Speis und Trank war ebenso gesorgt wie für das leibliche Wohl der Besucher, die in Scharen zum Waschberg strömten. Auch Führungen durch das Naturschutzgebiet wurden angeboten, Vorführungen von Modellsegelflugzeugen begeisterten die Massen.

Der eigentliche Höhepunkt fand jedoch um 14 Uhr statt. Mehrere Schleppverbände - vom historischen Gleiter aus dem Jahr 1954 bis zum modernen Hochleitungs(motor)segelflugzeug - paradierten nur 50 Meter über dem Boden am staunenden Publikum vorbei. Darunter befand sich auch ein Segelflugzeug, in dem einst ein gewisser Neil Armstrang (ja, DER Mr. Armstrong) geflogen war. Die niedrige Flughöhe war dank einer behördlichen Ausnahmegenehmigung möglich. Zudem handelte es sich bei den Flugmanövern ja nicht um Kunstflug.

Wie immer bei derartigen Veranstaltungen war die gelungene Umsetzung nur durch wahres Teamwork und (Flieger-)Kameradschaft möglich, wie Wolfgang Gockert, Betriebsleiter des Stockerauer Flugplatzes, erläutert: "Ich bedanke mich bei allen, die mitgeholfen haben. Es waren Fliegerkollegen aus Altlichtenwarth, Bad Vöslau (Austrian Aviation Museum), Wr. Neustadt (OMV-Sportflug), Kapfenberg (Martin Koubek), Tulln (SFC Tulln & Habicht), vom Spitzerberg (Andi und Clamer), aus Deutschland (Verein zur Förderung des historischen Segelflugs) und natürlich auch das Team der Stockerauer beteiligt. Dadurch konnte der Traditionsflug sicher und gut getimed durchgeführt werden."

Es bleibt die Hoffnung, dass die Kinder, Enkel und Urenkel der diesjährigen Besucher und Flieger in 100 Jahren dann das Jubiläum "200 Jahre Segelflug am Waschberg" begehen ...

Weitere Fotoimpressionen (nicht in chronologischer Reihenfolge)

Am Waschberg erinnert bereits seit 50 Jahren ein Gedenkstein an das Segelflugevent von 1923.
Heuer wurde dieses stilisierte Segelflugzeug mit Inschrift zusätzlich am Gedenkstein angebracht.
Geflogen wurde - wenn auch nur in Modellform - auch im Jahr 2023 am Waschberg ...
Die Ortskapelle Leitzersdorf sorgte mit zünftigen Klängen - darunter der Marsch "Dem Land Tirol die Treue" - für beste Volksfeststimmung.
Auch die Kinder hatten sichtlich Spaß, und wer weiß, möglicherweise sind es die Kinder und Enkel dieser Buben und Mädchen, die in 100 Jahren das nächste Segelflugevent am Waschberg ausrichten ...
Hütter von Patrick Frank aus Donauwörth. Das historische Segelflugzeug aus den 1930er Jahren flog vor seinem Verkauf nach Deutschland lange Jahre am Spitzerberg, wie anhand des Namens unschwer zu erkennen ist.
K-8B vor einem "Probeflug" am Flugplatz Stockerau.
Schulgleiter 38 (SG 38) am Flugplatz Stockerau. Fliegen in seiner ursprünglichsten Form.
Flugkapitäne oder Eurofighter-Piloten von morgen?
Dieses Segelflugzeug brachten die Stockerauer Flieger extra für das Event auf den Waschberg. "Zum ersten Mal seit 100 Jahren war damit wieder ein Segelflugzeug hier oben", so Wolfgang Gockert vom Flugsportverein Stockerau stolz.
Andreas Doblhoff-Dier im SG 38.
Vor dem eigentlichen Event hielten die Teilnehmer Probeflüge ab. Hier die Hütter von Patrick Frank im Landeanflug auf Stockerau.
Clamer Meltzer fungierte als einer der Schlepppiloten. Der erfahrene Berufspilot hat sich in den vergangenen Jahren auch in der österreichischen Kunstflugszene einen ausgezeichneten Ruf erworben.
Moderner Motorsegler mit Klapptriebwerk.
Schleppverband C42 Ikarus mit SG 38.
Bei Kaiserwetter begeisterten die Flieger die Besucher, die auf den Waschberg gekommen waren.
Patrick Frank winkte den begeisterten Zusehern.
Zweiter Vorbeiflug des SG 38. Die Maschine hat genau zwei Instrumente: Einen Höhenmesser und eine Geschwindigkeitsanzeige. "Damit ist sie fast schon instrumentenflugtauglich" meinte ein erfahrener Airline-Kapitän scherzhaft.
Doppelschlepp von zwei modernen Segelflugzeugen.
K-8B, geschleppt von einer Piper Cub aus Tulln-Langenlebarn.
Wolfgang Gockert vom Flugsportverein Stockerau kommentierte die Vorführungen mit großer Sachkunde.
Auf diesem Acker landeten die Stockerauer Segelflieger 1954 ... der heutige Flugplatz wurde erst 1978 errichtet.
In dieser ASK-13 flog Neil Armstrong 1970 in Deutschland.

Text, Fotos und Videos (sofern nicht anders angegeben): P. Huber