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BFU: Ryanair 737 unterschritt Mindesthöhe

Ryanair dementiert und fordert "Entschuldigung" von "Aviation Herald"

Beim Anflug einer Boeing 737-800 (EI-DAC) des irischen Billigfliegers Ryanair auf den deutschen Flughafen Memmingen kam es am 23. September zu einer gefährlichen Annäherung des Flugzeuges an den Boden. An Bord befanden sich 135 Passagiere und 6 Besatzungsmitglieder. Das berichtet die deutsche BFU in ihrem monatlichen Bulletin.

Darin heißt es: "Beim Anflug (...) kam es in einer Entfernung von ca.
vier nautischen Meilen (NM) zur Schwelle der Piste 24 um 16:39:44 Uhr1 zu einer Annäherung (...) an den Boden. Die geringste Höhe betrug gemäß Radarhöhenmesser des Flugzeuges 450 Fuß (ft) über Grund. Das Bodenannäherungswarnsystem (EGPWS – Enhanced Ground Proximity Warning System) des Verkehrsflugzeuges erzeugte einen Alarm und die Besatzung führte ein Fehlanflugverfahren durch."

Die Boeing 737 befand sich auf einem Flug nach Instrumentenflugregeln von Manchester zum Verkehrsflughafen Memmingen.

Um 16:37:24 Uhr erhielt die Besatzung die Freigabe für den
Sichtanflug auf die Piste 24 und um 16:37:35 Uhr wechselte die B737 auf die Frequenz des Kontrollturmes des Verkehrsflughafens Memmingen.

"Um 16:37:48 Uhr meldete sich die Besatzung beim Platzverkehrslotsen des Verkehrsflughafens Memmingen: '(…) descending 4 000 feet, we´re cleared for visual approach, runway 24.' Der Lotse antwortete: 'Continue approach, report established on final for runway 24.' Die Besatzung antwortete: 'Continue approach.'"

Das Flugzeug befand sich laut BFU zu diesem Zeitpunkt in einer Flughöhe von ca. 5 400 ft AMSL auf einem Kurs von ca. 117 Grad über Grund.

Die BFU in ihrem Bulletin weiter: "Im weiteren Verlauf leitete die Besatzung mit dem Autopiloten eine Rechtskurve ein und setzte den Sinkflug fort. Als Zielflughöhe waren 2 096 ft AMSL vorgewählt. Um 16:39:20 Uhr generierte das EGPWS die Warnung 'SINK RATE'. Das Flugzeug befand sich zu diesem Zeitpunkt in einer Höhe von 1 319 ft (AGL) bei einer Sinkrate von ca. 3 240 ft/min und einer Schräglage nach rechts von ca. 25 Grad."

Um 16:39:37 Uhr sei der Autopilot deaktiviert werden, und drei Sekunden später sprach laut BFU das EGPWS mit der Warnung "CAUTION TERRAIN" an.

"Das Flugzeug befand sich zu diesem Zeitpunkt in einer Höhe vom 480 ft AGL bei einer Sinkrate von ca. 500 ft/min und einer Schräglage nach links von ca. 35 Grad", schreibt die BFU in ihrem Bulletin weiter.

"Um 16:39:41 Uhr erreichte die B737 ihre geringste Flughöhe von ca. 450 ft AGL. Um 16:39:42 Uhr generierte das EGPWS die Warnung 'TERRAIN, TERRAIN, PULL UP'. Das Flugzeug befand sich zu diesem Zeitpunkt in einer Höhe vom 460 ft bei einer Steigrate von 600 ft/min und einer Schräglage nach links von 7 Grad."

Die Piloten leiteten daraufhin ein Fehlanflugverfahren ein und landete wenig später auf der Piste 24 in Memmingen.

Laut BFU sagte der verantwortliche Luftfahrzeugführer aus, dass es vor dem Start in Manchester zu einer Verzögerung von ca. 25-30 Minuten gekommen war. Während des Fluges habe sich die Besatzung entschieden, auf der Piste 24 in Memmingen zu landen.Als Grund gab der verantwortliche Pilot die kurzen Rollwege zum Vorfeld nach einer
Landung auf der Piste 24 an. Würde eine Landung auf der Piste 06 erfolgen, müsse man zuerst bis zum Ende der Piste rollen und dann umdrehen. Ziel sei es gewesen, die in Manchester verlorene Zeit teilweise aufzuholen. Die Besatzung habe den ILS-Anflug für die Piste 24 besprochen. Auch über einen möglichen Sichtanflug sei zwischen den Piloten gesprochen worden, für den Fall, dass etwas nicht nach Plan laufe, schreibt die BFU.

Und weiter: "Von dem zuständigen Lotsen (Lech-Sektor) sei man dann für den 'Procedure Approach' freigegeben worden. Er sei darauf nicht vorbereitet gewesen. In den Unterlagen des Luftfahrtunternehmens war vermerkt, dass man erwarten könne, mit Radarvektoren geführt zu werden. Er habe bei seinen bisherigen Flügen nach Memmingen immer Radarvektoren erhalten. Nachdem der Flughafen in Sicht war, habe sich die Besatzung entschieden, einen Sichtanflug durchzuführen, die Freigabe erbeten und diese vom Lotsen erhalten. Im weiteren Verlauf sei dann mit einer hohen Sinkrate und einer Geschwindigkeit von ca. 250 kt auf 4 000 ft gesunken worden. Auf dem (rechten) Gegenanflug habe der verantwortliche Pilot die Geschwindigkeit auf 220 kt reduziert. Im (rechten) Queranflug, welcher sehr kurz gewesen sei, habe eine Rückenwindkomponente von ca. 20 bis 30 kt vorgelegen. Das Luftfahrzeug sei durch die Anfluggrundlinie geflogen. Zu diesem Zeitpunkt habe die Besatzung realisiert, dass etwas nicht stimmte. Der verantwortliche Pilot habe versucht, zurück auf die Anfluggrundlinie zu drehen und den Anflug zu stabilisieren. Es habe immer noch eine hohe Sinkrate in Verbindung mit dem Rückenwind vorgelegen. Das Fahrwerk sei ausgefahren gewesen, die Luftbremsen seinen gesetzt und die Landeklappen in Stellung 5 gewesen. Die Besatzung habe sich daraufhin zum Durchstarten entschieden."

Die Piloten hätten dann die Warnung des EGPWS “SINK RATE“ wahrgenommen, danach “PULL UP“ und dann hätten sie die Bodenannäherungswarnung wahrgenommen. Als der verantwortliche Pilot dann die Warnung “TERRAIN, PULL UP“ wahrnahm, habe er das im Luftfahrtunternehmen vorgeschriebene “Terrain Avoidance Manoeuvre“ durchgeführt, so das BFU.

Der verantwortliche Platzverkehrslotse des Flughafens Memmingen sagte gegenüber der BFU aus, dass ihn die Besatzung kontaktiert hatte, als sich das Luftfahrzeug ca. vier bis fünf nautische Meilen nordnordöstlich des Platzes befand. Er habe den Piloten angewiesen, sich zu melden, wenn sich das Flugzeug auf dem Endanflug befinde.

Als er die Maschine in Sicht hatte, habe er sie südlich der Anfluggrundlinie gesehen. Weiterhin habe er erkannt, dass das Flugzeug deutlich unterhalb der normalen Anflughöhe war und einen Kurs von ca. 270° bis 290° flog. Das Flugzeug habe sich im leichten Steigflug befunden und habe die Anfluggrundlinie gekreuzt. Ein Fehlanflugverfahren sei eingeleitet worden. Das Flugzeug habe den nördlichen Teil des Flughafens in geschätzten 3 000 bis 3 500 ft überflogen. Nach der Koordination mit dem Lech-Sektor sei die B737 wieder an München übergeben worden.

Ryanair weist Darstellung der BFU zurück

In einer E-Mail an den Onlinedienst "Aviation Herald" behauptete Ryanair-Sprecher Stephen McNamara, dass die Crew keine "Caution Terrain"-Warnung erhalten habe, bevor sie den "Go around" eingeleitete habe. Außerdem habe die Crew das Durchstartmanöver auch noch eingeleitet, bevor die "Terrain Terrain Pull up"-Warnung angesprochen habe.

Ryanair forderte den "Aviation Herald" auf, den Artikel zu entfernen und sich bei der Airline zu entschuldigen.

(red)