Punktlandung

Qualität zum Aufpreis?

Die AUA denkt wieder einmal laut über die Einführung von Extra-Gebühren für Gepäck nach. Grund für Passagiere, sich darüber aufzuregen? Nüchtern betrachtet, nicht - vorausgesetzt, die AUA liebäugelt mit einem billigeren Image.

Vergangene Woche sprach AUA-CEO Jaan Albrecht es wieder an, das Thema möglicher zusätzlicher Gepäckgebühren bei Austrian Airlines. Neu ist dieser Vorstoß nicht, denn schon im Sommer wurden derartige Überlegungen laut angedacht. Natürlich gehen bei Fluggästen die Emotionen ob solcher Ankündigungen teils hoch. Zu Recht? Es kommt wohl auf den Kontext an. Und dieser brachte mich persönlich zu einer Erfahrung von Anfang 2014.

 

Ich musste zu einem Geschäftstermin in die britische Grafschaft Kent, im Südosten Englands, reisen. Obwohl ich im Hinblick auf die Reisezeiten ziemlich flexibel war - weder ein ganz exakter Tag noch eine bestimmte Uhrzeit waren unabdingbar - erschien es nicht möglich, ein passendes Ticket bei einem "Qualitätscarrier" ab Wien-Schwechat zu bekommen, wenn man es nicht gerade auf die wirklich enorm teuren Preiskategorien abgesehen hatte. Und eine Umsteigeverbindung mit neun Stunden Wartezeit oder mehr kam für mich angesichts der verhältnismäßig kurzen Flugzeit selbst schon gar nicht in Frage. Auch im Reisebüro meines Vertrauens konnte man, etwa drei Wochen vor dem gewünschten Flugtermin, unterhalb der 600-Euro-Schwelle nichts Passendes finden.

 

Destination Low-Cost-Carrier: Alles kostet extra

Nach mehreren Tagen ergebnisloser Flugsuche tat ich schließlich das, was ich im Grunde genommen tunlichst vermeiden wollte: Ich rief die Seite des Billigfliegers Ryanair auf. Obwohl ich mich persönlich gegen viele Dinge sträube, die hinter den Kulissen solcher Low-Cost-Flieger ablaufen - irgendwie musste ich schließlich zu meinem Termin kommen. Und nach wenigen Mausklicks hatte ich einen passenden Hin- und Rückflug gefunden. Selbstverständlich versuchte man, mir im Zuge des Buchungsvorgangs durch mehr oder weniger trickreiche Menüführung, gefühlte tausend Dinge anzudrehen, die ich nicht brauchte - vom Mietwagen über Versicherungen, priorisiertes Einsteigen, Sitzplatzreservierungen, gebührenpflichtige Notausstiegsplätze, bis hin zum Hotel. Aber gut, darauf war ich vorbereitet und wusste derartige Zusatzangebote zu ignorieren. Natürlich kam auch der Punkt mit dem Gepäck - beim Billigflieger kostet eben alles extra. Doch mehr als Handgepäck musste es nicht sein, also keine Zusatzkosten. Hin- und Rückflug kosteten am Ende der Buchung insgesamt "skandalös" günstige 45 Euro. Etwas, das mein ohnehin subjektiv als eher gering empfundenes Vertrauen in den irischen Billigflieger nicht wirklich zu fördern wusste, denn um diese Summe kann ich schließlich nicht einmal mein Auto ansatzweise volltanken.

 

Vom Konzept her war mir aber stets bewusst: Beim Low-Coster zahlt man die Apothekenpreise vorrangig für die Extras und zusätzlichen Komfort.

 

Wider Erwarten gab es auf dem kurzen Flug auch an Bord der Billig-Airline nichts zu meckern. - Foto: Austrian Wings Media Crew
Wider Erwarten gab es auf dem kurzen Flug auch an Bord der Billig-Airline nichts zu meckern. - Foto: Austrian Wings Media Crew

 

Warum ich das im Zusammenhang mit der AUA schreibe? - Weil mir als erstes, nun beim Aufflammen der neuen "Gepäcksgebühren-Diskussion", sofort wieder in den Sinn gekommen ist, worin der für mich als Passagier merkliche Unterschied zum Konzept der Billigflieger erkennbar wäre.

 

Ein bisschen mehr Beinfreiheit für die "Exit Row"? - Kostet bei der AUA, wie bei vielen anderen Airlines, ohnehin auch schon extra. Genau so wie in manchen Buchungsklassen auch die Reservierung "normaler" Sitzplätze.

 

Bordverpflegung? Nun, am Flug von Wien nach Großbritannien gäbe es bei der rot-weiß-roten Lufthansa-Tochter sicherlich ein inkludiertes Getränk und womöglich ein kleines Säckchen Knabbergebäck oder ähnliches. "Exklusivere" Mahlzeiten, wie etwa warme Speisen, sind ohenhin nicht mehr im Flugpreis inkludiert. Und angesichts des Preises für mein Billig-Flugticket konnte ich mir den Luxus an Bord des Billigfliegers, einen Softdrink um 2 Euro zu konsumieren, durchaus leisten.

 

Mein (erstes und bislang einziges) Ryanair-Erlebnis verlief letztlich völlig unerwartet. War ich auf demotivierte Flugbegleiter, desolates Kabinen-Interieur und überhaupt mindestens hundert weitere Katastrophen eingestellt, bewahrheitete sich nichts davon. Das macht viele Dinge von "hinter den Kulissen" mit Sicherheit nicht besser - aber ist es das, worauf der Großteil der Fluggäste Wert legt? Ganz ehrlich: Ich denke, die meisten Leute wollen einfach zu einem vernünftigen Preis von A nach B fliegen und erwarten gewisse Mindest-Komfortstandards. In diesem Zusammenhang haben wir in den vergangen Jahren gelernt: Beim Billigflieger zahlt man eben jedes noch so kleine Extra separat, beim "Qualitätscarrier" ist das Paket geschnürt. Wenn dort jetzt auch noch das Gepäck mit einem Extra-Obolus berechnet wird, verschwimmt die Grenze zwischen "klassischer" Fluglinie und Billiganbieter wiederum ein bisschen mehr...

 

Noch im April 2014 betonte ein AUA-Sprecher gegenüber unserer Redaktion, dass es "hundert Unterschiede" gebe, die einen Low-Cost-Carrier von einem Traditional Carrier abgrenzen. Wie viele werden mit der Zeit noch übrig bleiben, um als "Premium-Carrier" wahrgenommen zu werden, wenn manche von ihnen sich immer mehr an den "Billigmaschen" orientieren? Das hat jede Airline selbst in der Hand.

 

 

 

(Text: G. Aigner / Titelbild, Symbolfoto: Extrakosten für Gepäck und andere Leistungen sind für die meisten Passagiere untrügliche Attribute von Billigfliegern - Foto: Austrian Wings Media Crew)

Hinweis: „Punktlandungen” sind Kommentare einzelner Autoren, die nicht zwingend die Meinung der Austrian Wings-Redaktion wiedergeben.