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„Patrouille Suisse" - das fliegende Uhrwerk

F-5-Jets der Patrouille Suisse - Foto: Ingrid Muhr

Warum Kritikfähigkeit unerlässlich ist, für welche Werte die Schweiz steht und es wichtig ist, dass die Chemie stimmt: Alex Lisetz war bei einem Teamtraining der Jet-Kunstflugstaffel „Patrouille Suisse" der Schweizer Luftwaffe dabei – dem Musterbeispiel für perfektes Zusammenspiel. Das ganze Interview gibt es in der September-Ausgabe des „The Red Bulletin" zu lesen, erhältlich ab 10. August.

Zuerst ist da nur fernes Donnergrollen am wolkenlosen Himmel. Dann tauchen im Blau rot-weiße Punkte auf. Fünf F-5E Tiger II nähern sich von Nordost dem Militärflughafen Emmen bei Luzern. Die Kampfjets haben eine Formation namens Tunnel gebildet, in der Mitte lassen sie Platz für einen sechsten frei. Jetzt knarzt es im Funkgerät: „Fix tre. Fix due. Fix uno." Ein Solopilot fliegt frontal mit 1000 km/h auf die Formation zu und gibt dabei durch, welchen Fixpunkt er gerade passiert. Einen Moment später sticht er durch den „Tunnel", nur Meter von den Köpfen seiner besten Kumpels entfernt. Das atemberaubende Manöver, eines der spektakulärsten im Programm der Patrouille Suisse, ist perfekt gelungen. Commander Nils Hämmerli hält das Video an. „Ein paar Dinge können wir noch verbessern", resümiert er schmallippig. Perfekt ist hier noch lange nicht gut genug.

TEAMFAKTOR 1: OFFENHEIT
Es ist Mittag, die Patrouille-Suisse-Piloten analysieren in ihrem Besprechungszimmer mit Blick auf den Tower das montägliche Morgentraining. Hämmerli sagt jetzt Dinge wie: „Am Kurveneingang hättest du dich ein, zwei Meter weiter außen positionieren müssen" oder „Denk an die Parallaxe, du musst versetzter fliegen". Wer angesprochen wird, nickt konzentriert. „Dass wir so offen miteinander reden können, macht uns als Team so stark", ist Hämmerli überzeugt. „Jeder von uns muss Kritik äußern und Kritik ertragen können." Gunnar Jansen geht mit gutem Beispiel voran. „Bratwurstalarm", ruft er, als das Video zehn, zwanzig Sekunden lang nur weit entfernte Punkte zeigt. Beim nächsten Mal will er seine Staffel schneller zum nächsten Manöver führen, „sonst gehen währenddessen alle zum Bratwurststand".

TEAMFAKTOR 2: IDENTIFIKATION
Jansen und seine Jungs haben die Jobs, von denen jeder Schweizer Pilot träumt. Wer sich für Fliegerei Interessiert, beneidet die Patrouille-Suisse-Piloten um ihr Prestige und ihren actionreichen Alltag, um die tollen Reisen und das Blitzlichtgewitter. Was er nicht ahnt: Jede dieser Sehnsüchte wäre ein glatter Ausschließungsgrund, tatsächlich einen Platz im Cockpit zu ergattern. „Leute mit egoistischen Motiven haben bei uns keinen Platz", sagt Martin Schär, in der Formation auf Position 3 links hinter dem Leader. „Uns geht es allen um das gleiche Ziel: Wir wollen zeigen, was die Schweizer Luftwaffe draufhat. Und wir wollen Botschafter für die Werte der Schweiz sein, für Präzision, Disziplin, Zuverlässigkeit..." Schär würde die gleiche Antwort herunterrattern, wenn man ihn um drei Uhr nachts wachschüttelte. „Jedes Team", glaubt er, „braucht eine klare Mission. Jeder muss wissen, wofür er sich anstrengt – und jeder muss sich hundertprozentig damit identifizieren."

TEAMFAKTOR 3: CHEMIE
Schär ist Patrouille-Suisse-Rookie, er trägt den charakteristischen gelben Badge auf rotem Grund erst seit Ostern. Dass er trotzdem so perfekt ins Team passt, ist kein Zufall. „Wir beobachten unsere Kandidaten jahrelang, bevor wir sie auswählen", sagt Kommandant Nils Hämmerli. Die fachliche Eignung ist dabei nicht alles. „In einer Kunstflugstaffel vertraut man einander sein Leben an", sagt Hämmerli, „darum muss die Chemie zwischen den Piloten einfach stimmen. Wir sieben die charakterlich geeignetsten Talente aus dem besten Drittel und stimmen demokratisch ab. Ein einziges Veto irgendeines Teammitglieds reicht, und der besagte Kandidat ist aus dem Rennen." Resultat dieser Vorgangsweise ist ein zusammengeschweißtes Team, in dem jeder allen anderen blind vertrauen kann.

(red / Red Bull / Alex Lisetz)