Mit hoher Wahrscheinlichkeit waren es potentiell hochtoxische Triebwerksöldämpfe, die am 23. Dezember 2024 aus einem defekten Triebwerk eines A220-300 der SWISS in die Kabine eindrangen und eine Notlandung in Graz erzwangen. Ein Flugbegleiter kam trotz angelegtem Smoke Hood dabei ums Leben. Austrian Wings berichtete ausführlich.
Für die Untersuchung des tödlichen Unfalls ist grundsätzlich das Land, in dem sich der Zwischenfall ereignet hat zuständig, also Österreich. Hierzulande ist das die Sicherheitsuntersuchungsstelle des Bundes, kurz SUB. Doch diese Behörde ist skandalumwittert. Seit Jahren steht ihre Arbeit in der Kritik, wurde auch schon vom Rechnungshof gerügt. Obwohl die internationale Zivilluftfahrtogranisation IATA empfiehlt, dass nach spätestens einem Jahr ein Abschlussbericht veröffentlicht werden muss, gibt es zu vielen Unfällen die länger zurück liegen bis heute überhaupt keinen Bericht. Auch bei anderen Unfällen, wie etwa der Notlandung der Hapag-Lloyd 2000 in Wien oder der Notlandung einer Iberia MD-88 im Jahr 2008 dauerte es fünf bis sechs Jahre, ehe überhaupt ein Bericht veröffentlicht wurde, und die Qualität dieser Berichte war laut Experten teils katastrophal schlecht.
"ich habe im Zuge meiner luftfahrtjournalistischen Tätigkeit viele Unfallberichte gelesen. Die aus Österreich waren - sofern es überhaupt welche gab, denn häufig habe ich überhaupt keine gefunden - qualitativ sehr oft im unteren Segment angesiedelt. Es gab positive Ausnahmen aber insgesamt sehe ich bei der Arbeit der österreichischen Flugunfallermittler noch viel Luft nach oben. Der Zwischenbericht zum Zwischenfall mit der SWISS in Graz war inhaltlich durchaus auf einem hohen Niveau, das muss man festhalten und würdigen. Man merkt, dass er sehr akribisch und von jemandem mit entsprechender Fachkenntnis erstellt wurde. Trotzdem ist es natürlich wichtig allfällige Vorwürfe hinsichtlich des Umgangs mit Beweismitteln genau zu prüfen, um die Untersuchung in ihrer Gesamtheit nicht zu kompromittieren, denn der schlechte Ruf der SUB kommt ja nicht von ungefähr. Im Fall des Absturzes eines Polizeihubschraubers in den Achensee 2011 war das Vorgehen der SUB geradezu skandalös aus meiner Sicht."
Sachbuchautor Patrick Huber
Mehrfach wurde die Behörde umorganisiert, doch die Kritik an ihrer Arbeit reißt nicht ab. Wie der Schweizer Journalist Konrad Staehelin vom "Tagesanzeiger" nun einem aktuellen Artikel schreibt, muss die SUB die Untersuchung des SWISS-Unfalls von Graz nun an ihre Schweizer Kollegen abgeben. Der Grund: Gegen mehrere Mitarbeiter der Sicherheitsuntersuchungsstelle des Bundes laufen derzeit selbst Ermittlungen der österreichischen Justiz wegen des "Verdachts auf mutmassliche Korruption, Behinderung der Justiz sowie allfällige weitere Tatbestände wie Unterdrückung von Beweismitteln, Begünstigung oder Missbrauch der Amtsgewalt".
Im Fall der SWISS-Untersuchung seien von Beginn an einige Dinge ebenfalls zumindest suboptimal gelaufen. Journalist Staehelin schreibt: "Allerdings liefen schon zu Beginn ihrer Untersuchung verschiedene Dinge schief, wie Recherchen dieser Redaktion im Februar zeigten: Der Untersuchungsleiter liess sich zu lange Zeit, den Vorfall internationalen Stellen zu melden. Er war gemäss Quellen während mehrerer Tage für Involvierte nicht erreichbar. Und er übergab die Atemmasken, also kritische Beweisstücke für die Untersuchung, direkt nach dem Unfall externen Personen, um sie zu seinem Auto zu bringen. Das könnte einen allfälligen Strafprozess gefährden."
Es gab nämlich Indizien, dass die Rauschutzhauben der Crew möglicherweise mit für den Tod des jungen Flugbegleiters verantwortlich gewesen sein könnten, Austrian Wings berichtete ebenfalls.
"Die Schweizer Sust ("Sicherheitsuntersuchungsstelle, Am. d. Red.) muss nun alle bisherigen Untersuchungsschritte der österreichischen Behörde neu aufarbeiten."
Der Schweizer Journalist Konrad Staehelin
Die betroffene Fluglinie, SWISS, habe sich "dem Vernehmen nach" über die "Arbeit der SUB geärgert". Man hoffe nun auf "rasche Aufklärung" des Vorfalls durch die Schweizer Untersuchungsbehörde.
(red LM)