Am 23. Dezember 2024 musste ein Airbus A220-300 (HB-JCD) der SWISS nach starker Rauchentwicklung in Cockpit und Kabine auf Grund eines heftigen Triebwerksproblems eine Notlandung auf dem Flughafen Graz durchführen. Ein Flugbegleiter kam dabei ums Leben, auch die Rauschutzmasken der Crew gerieten ins Visier der Ermittlungen. Austrian Wings berichtete. Österreich führte initial die Ermittlungen zu dem tödlichen Zwischenfall.
Nach Veröffentlichung eines Zwischenberichts durch die österreichische Flugunfallkommission (SUB), den der österreichische Luftfahrtjournalist und Buchautor Patrick Huber für Austrian Wings ausführlich analysierte und fachkundig einordnete, gab Österreich die Ermittlungen an die Schweizer SUST ab, Austrian Wings berichtete ebenfalls.
Jetzt hat die SUST ihrerseits einen ersten so bezeichneten "Statusbericht" zu den Untersuchungen vorgelegt. Darin schreibt Sie: "Nachdem die SUST die Untersuchung von Anbeginn als ACCREP begleitet hatte, erweiterte sich mit der Übernahme das Spektrum ihrer Zuständigkeit. So rückte unter anderem die Triebwerkuntersuchung, an der die SUST bis zu diesem Zeitpunkt nur indirekt beteiligt gewesen war, in den Fokus der Untersuchung. Die Herausforderung lag somit darin, die Leitung der laufenden Untersuchungsaktivitäten zu übernehmen und gleichzeitig sich einen Überblick über die Gesamtheit der Daten der bislang erfolgten Untersuchungstätigkeiten bzw. aller Akten seitens der an der Untersuchung beteiligten Verkehrskreise zu verschaffen."
Zum aktuellen Stand ihrer Tätigkeit teilt die SUST mit: "Die der (österreichischen Anm. d. Redaktion) SUB zur Verfügung gestellten, umfangreichen Daten aus den beiden Flugschreibern werden validiert und ausgewertet; für letzteres ist die zeitliche Abstimmung der Audio-Aufzeichnungen aus dem Cockpit mit den Flugdatenaufzeichnungen eine wesentliche Voraussetzung. Daneben liegen weiterführende Aufzeichnungen der beiden Triebwerke vor, die einen vertieften Einblick unmittelbar vor dem Ausfall des linken Triebwerks ermöglichen. Im Zusammenhang mit der Untersuchung des Triebwerkschadens (engine failure) geht es darum, den genauen Ablauf der Ereignisse zu rekonstruieren und zu verstehen, wie es zum Ausfall des linken PW1500G-Getriebefan-Triebwerks kam. Zudem wird der Frage nachgegangen, wie es zur Rauchentwicklung in der Passagierkabine kam. Auch die in der Kabine von den Besatzungsmitgliedern benutzten Rauchschutzhauben (Protective Breathing Equipment – PBE) werden untersucht in der Absicht, allfällige technische Mängel zu bestimmen und deren Auswirkungen auf den Verlauf der Ereignisse an Bord zu erörtern. Die menschlichen und betrieblichen Aspekte, die geklärt werden, betreffen in erster Linie die Art und Weise, wie die Notverfahren sowohl im Cockpit als auch in der Kabine durchgeführt wurden. In beiden Fällen war die Besatzung unter erschwerten Bedingungen infolge der Rauchentwicklung an Bord stark gefordert. Wie in einer möglichst umfassenden und breit ausgerichteten Untersuchung üblich, werden auch die organisatorischen und systemischen Umstände bzw. Rahmenbedingungen untersucht. Darunter fallen beispielsweise allfällige Verbesserungsmöglichkeiten des Triebwerks, der Rauchschutzhauben, der Notverfahren bzw. der Betriebs- und Trainingshandbüchern."
"Zusammenfassend" stellt die SUST fest, dass ihre Ermittlungen "in allen wesentlichen Bereichen vorangeschritten" seien. Man rechne daher mit der Veröffentlichung des Abschlussberichtes im "letzten Quartal des kommenden Jahres", also im Q4/2026.
"High level emergency”
Feuer und Rauch sowie der Verdacht darauf zählen weltweit und generell zu den gefährlichsten Zwischenfällen an Bord von Verkehrsflugzeugen und werden deshalb als “High level emergency” behandelt. Eine sofortige Landung ist das Standardverfahren, sofern die Quelle des (vermuteten) Rauches nicht umgehend lokalisiert und ausgeschaltet werden kann, wie es die SWISS-Besatzung am 23. Dezember 2024 auch getan hat. Im Jahr 1987 verunglückte eine Boeing 747-244B Combi von South African Airways, nachdem an Bord aus bis heute ungeklärter Ursache ein Brand ausgebrochen war, alle 159 Insassen starben. Im Buch Buch "Tödliche Flammen im Frachtraum - der mysteriöse Absturz der ,Helderberg'" sind die potentiell tödlichen Auswirkungen von Feuer und Rauch an Bord moderner Verkehrsflugzeuge ausführlich beschrieben.
(red FD / CvD)