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Geburt am Linienflug: TU-154 als fliegender Kreißsaal

Neugeborenes (Symbolfoto, ZVG)

Ein Flugzeug der tadschikischen Airline "Tajik Air" wurde vergangene Nacht zum provisorischen Kreißsaal umfunktioniert - und hatte nach seiner Landung einen Passagier mehr als zum Zeitpunkt des Abfluges mit an Bord.

Zwei Stunden vor der Landung, im Luftraum Kasachstans, setzten bei einer Passagierin die Geburtswehen ein. Vier Flugbegleiterinnen und zwei zufällig an Bord befindliche Krankenschwestern kümmerten sich sofort um die werdende Mutter und unterstützen die Geburt.

Tajik Air TU-154 - Foto: Jürgen Lehle (albspotter.eu)
Tajik Air TU-154 - Foto: Jürgen Lehle (albspotter.eu)

Wenig später war ein gesunder Bursch zur Welt gebracht - mit 48 Zentimetern Größe und etwa zwei Kilogramm Gewicht. Die übrigen Passagiere applaudierten diesmal nicht anlässlich der Landung, sondern schon hoch über den Wolken.

Fliegen in der Schwangerschaft ist jedenfalls nicht risikolos, besonders ab dem letzten Schwangerschaftsdrittel. Dr. Michael Wirnsperger, medizinischer Leiter der Tyrol Air Ambulance GmbH Flugrettung, erklärt: "Die meisten Fluggesellschaften akzeptieren Schwangere in den letzten 4 bis 8 Wochen vor dem erwarteten Geburtstermin nicht bzw. nur mit ärztlichem Attest, um sicherzugehen, dass es möglichst nicht zu Geburtsbestrebungen während des Fluges kommt." Selbst rät der erfahrene Mediziner ebenfalls zur Vorsicht: "Wenn nicht unbedingt notwendig, würde ich von einer Flugreise in den letzten acht Wochen abraten."

Nicht zuletzt sollte bedacht werden, dass es im Flugzeug normalerweise keinerlei professionelle medizinische Unterstützung im Falle einer Geburt gibt. Das ist, bei regulärem Geburtsverlauf, zwar kein Problem - eine normale Geburt ist kein medizinischer Notfall im eigentlichen Sinne. Treten jedoch Komplikationen auf, kann es sehr schnell kritisch werden, so Flugrettungsmediziner Wirnsperger gegenüber Austrian Wings: "Eine Fehllage des Kindes kann zum Beispiel eine Geburt auf natürlichem Weg sehr erschweren oder unmöglich machen, der Bluttransport durch die Nabelschnur wird sehr leicht behindert und das Kind kann schnell 'ersticken' oder schwere Gehirnschäden davontragen." Und auch für die Gesundheit der Mutter bestehen Risiken: "Verletzungen oder Störungen der Loslösung des Mutterkuchens können sehr schnell zu starkem Blutverlust bis zum Verbluten der Mutter führen", nennt der Arzt nur zwei von mehreren denkbaren Komplikationen.

Darum gelten auch bei den Airlines strikte Regelungen hinsichtlich der Beförderung Schwangerer - ab dem 6. Schwangerschaftsmonat wird die Beförderung normalerweise, entsprechend Empfehlungen der IATA, abgelehnt. Dies führt allerdings dazu, dass gelegentlich seitens einiger Frauen das Stadium ihrer Schwangerschaft verschwiegen oder gar ein Attest gefälscht wird, so Tajik Air. Man heiße, wie auch andere Fluggesellschaften, die Praxis von Geburten in der Luft keinesfalls gut, stellte die Airline klar. Auch im vorliegenden Fall hätte die werdende Mutter angegeben, im sechsten Monat schwanger zu sein - erst zum Zeitpunkt der einsetzenden Wehen hätte sie schließlich eingeräumt, dass es sich schon um das neunte Monat handelte.

Die aus Duschanbe kommende Maschine landete nach dem freudigen Ereignis planmäßig in Moskau.

Bereits in den Jahren 2007 und 2009 waren an Bord von Tajik Air Babys auf Flügen von Russland nach Tadschikistan zur Welt gekommen.

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(red Aig)