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Verbündeter Feind: Von zwielichtigen Personalabsprachen zwischen AUA und Eurowings

Symbolbild Eurowings - Foto: Huber / Austrian Wings Media Crew

Für Flugbegleiter ist der Markt in Österreich derzeit nicht besonders rosig. Neben AUA und Eurowings ist das Jobangebot überschaubar, wobei sich das künftig mit dem Markteintritt von Wizz Air und dem Wachstumsplänen von Vueling wieder ändern könnte. Und bei den beiden großen zum Lufthansa-Konzern gehörenden Anbietern werden ganz offensichtlich engmaschige Personalabsprachen betrieben, durch die man "unliebsame" oder "zu teure" Mitarbeiter aus der Branche drängen kann. So augenscheinlich geschehen im Fall von Hanna O. (Name von der Redaktion geändert).

Rund zwei Jahrzehnte lang flog Hanna O. für die heimische Austrian Airlines. Doch das Klima innerhalb der Belegschaft habe sich über die Jahre verschlechtert, insbesondere seit der Übernahme durch Lufthansa im Jahr 2009, sagen viele. Und bei nicht wenigen Flugbegleiterinnen und Flugbegleitern entstand der Eindruck, dass man "teure" Mitarbeiter loswerden will. Tatsächlich sind auch der Austrian Wings Redaktion mehrere Fälle mit zumindest fragwürdig erscheinenden Umständen rund um die Beendigung der Dienstverhältnisse bekannt. Einer davon ist der Fall von Frau O., eine Flugbegleiterin im "Junior"-Dienstrang – auch sie wurde gekündigt. Eine Klage der ehemaligen Mitarbeiterin gegen Austrian Airlines ist derzeit gerichtsanhängig.  

"Ich liebe aber das Fliegen", schildert die 38-Jährige gegenüber unserer Redaktion, die angesichts ihrer Kündigung die Welt nicht mehr verstand und sich nach einer neuen Option als Cabin Crew Mitarbeiterin umsah. "Deshalb bewarb ich mich bei Eurowings." Sie wurde zum Recruiting-Day eingeladen und verschwieg dort nichts, denn: "Ehrlich währt am längsten, ist mein Motto." Und tatsächlich schien das auch bei der Eurowings-Personalabteilung gut anzukommen. Dabei habe sie sich kaum Chancen ausgerechnet, angesichts ihrer Kündigung bei Austrian und der daraufhin angestrengten Klage gegen den früheren Arbeitgeber.

"Ich erhielt mündlich eine Jobzusage und sogar das Angebot, aufgrund meiner Erfahrung gleich als Purser bei Eurowings anzufangen. Kurz darauf folgten eine schriftliche Zusage und ein konkretes Datum für den Kurstermin." 

Erleichtert darüber, wieder einen neuen Arbeitsplatz in ihrem Traumberuf gefunden zu haben, machte O. erst einmal Urlaub. Kurz vor Beginn des geplanten Kurses wollte die Flugbegleiterin sicherheitshalber nachfragen, ob der für sie vorgesehene Kurs eine Basis-Schulung oder bereits eine Purser-Ausbildung umfasse. "Die Antwort ließ mich aus allen Wolken fallen. Da hieß es plötzlich in einem lapidaren Einzeiler, dass ich doch nicht genommen werde." O.s Nachfrage zu den Gründen dieses Sinneswandels bei Eurowings blieb unbeantwortet. Wiederum wurde in einem simplen Einzeiler lediglich "um Verständnis" dafür gebeten, dass man die spontane Absage nicht weiter kommentieren könne. Transparenz sieht wohl anders aus.

AUA-Mitarbeiter entscheiden über Eurowings-Bewerber
Die Gründe könnten allerdings möglicherweise in der engen Verzahnung zwischen der AUA und der in Wien ansässigen Eurowings Europe – beides Lufthansa-Töchter – liegen. Denn in der Rekrutierungs-Kommission von Eurowings Europe in Wien sitzt regelmäßig aktives AUA-Personal. Dies wurde zwar auf Nachfrage unserer Redaktion seitens der AUA bestritten
– doch im Fall von Frau O. saß beispielsweise AUA-Flugbegleiter Sandro P., der neben seinem fliegenden Brötchenberuf auch ein Einzelunternehmen für Personaldienstleistungen betreibt, im Eurowings-Recruitingteam. Pikanterweise will man selbst in der Chefetage von Eurowings Europe von dieser merkwürdigen Konstellation offiziell nichts wissen. Die Pressestelle des Konzerns blieb eine diesbezügliche Erklärung jedenfalls trotz mehrfacher Nachfrage schuldig. 

Dafür meldete sich Sandro P. nach Veröffentlichung dieses Beitrages in einem Mail an die Austrian Wings Redaktion selbst zu Wort. Er verwies darauf, dass er lediglich eine "Personalberatungsfirma" besitze und in diesem Rahmen im Auftrag einer deutschen Firma als Recruiter bei Eurowings Assessments mitwirke. Seine eigene Arbeit sehe er jedenfalls "zu jedem Zeitpunkt hochprofessionell", Anschuldigungen hinsichtlich einer Art "Spitzeltätigkeit" weise er "vehement zurück".

Doch nicht nur Sandro P. fungiert für Eurowings Europe augenscheinlich in den Augen einiger als potentielle "direkte Schnittstelle" zur AUA. Auch Eurowings-Kabinenchefin Nicole J., die für "Drohanrufe" und "Einschüchterungsversuche" unter Mitarbeitern berüchtigt sein soll, hat ganz offensichtlich beste Kontakte dorthin – schließlich war sie viele Jahre lang bei Lauda Air sowie AUA als Flugbegleiterin sowie zuletzt als "Director Cabin Crew Training" tätig. Nicht wenige ihrer Kollegen sollen, wie man uns berichtet, aufgeatmet haben, als J. die rot-weiß-rote Airline schließlich verlassen hatte.

Wiederholt wurde von Eurowings- und AUA-Mitarbeitern der Verdacht geäußert, dass es wohl gezielte Personalabsprachen zwischen AUA und Eurowings gebe. Doch sowohl die AUA als auch Eurowings bestritten das jedoch, wie bereits erwähnt, stets vehement. Auch im Fall von Hanna O., 38. In deren Fall äußerte sich ein Eurowings-Sprecher auf Austrian Wings-Anfrage nach fast zwei Wochen Bearbeitungszeit blumig:

"Wir konnten nach einer intensiveren Sichtung der Unterlagen unsere ursprünglich gegebene Einstellungszusage gegenüber der Bewerberin nicht aufrechterhalten. Es tut uns leid, wenn ihr dadurch Unannehmlichkeiten entstanden sind. Wir werden mit der Bewerberin selbstverständlich noch einmal ein persönliches Gespräch führen."

Davon kann sich O. freilich nichts kaufen: "Ich habe mehrere Wochen Zeit verloren, in denen ich mir einen anderen Job suchen hätte können, im Vertrauen darauf, dass Eurowings eine gemachte Zusage auch einhält."

Was genau nach der angeblich "intensiveren Sichtung der Unterlagen" so urplötzlich negativ ins Gewicht gefallen sein soll, konnte der Pressesprecher freilich nicht beantworten. Ebensowenig, weshalb man sich nicht aktiv bei Frau O. gemeldet habe, nachdem diese nochmalige Prüfung der Unterlagen abgeschlossen war, sondern O. erst rein zufällig auf ihre Nachfrage, ihren zugesagten Kurs betreffend, plötzlich eine Absage erhalten habe. Was wäre geschehen, hätte sich die Bewerberin am vereinbarten Kurstermin pünktlich zu Ausbildungsbeginn bei Eurowings eingefunden?

Eurowings hält gemachte Zusage neuerlich nicht ein
Und auch das als "selbstverständlich" angekündigte persönliche Gespräch der Eurowings-Personalverantwortlichen mit der Bewerberin kam zunächst nicht zustande. Wochenlang geschah trotz schriftlicher Ankündigung des Unternehmens nämlich nichts. Erst auf wiederholte Nachfrage unserer Redaktion bei der Pressestelle meldete sich schließlich Eurowings Kabinenchef Nicole J., fast gnadenhalber, doch noch bei der plötzlich erfolglosen Bewerberin. Eine Begründung für den Rückzieher blieb Eurowings jedoch bis heute schuldig.

Denn laut O. sei das Telefonat kurz und knapp wie folgt abgelaufen: "J. hat zu mir gesagt: 'Sie wissen schon, warum wir Sie nicht nehmen.' Ich daraufhin: 'Nein.' J.: 'Dann sage ich jetzt einfach mal, Sie haben Ihre Bewerbungsunterlagen nicht ordentlich über das Online-Portal hochgeladen'..." Wohl sei O. jedoch beschieden worden, dass sie bei Eurowings "lebenslang" für Bewerbungen gesperrt sei.

Für viele Insider ist dieser Fall ein endgültiger Beweis für die schon lange vermuteten internen Absprachen zwischen den beiden Unternehmen AUA und Eurowings. "Eine ehemalige AUA-Mitarbeiterin mit besten Beziehungen zu ihrer früheren Firma als Kabinenchefin und AUA-Flugbegleiter, die Eurowings-Personal rekrutieren. Dazu ein Geschäftsführer bei Eurowings, der früher selbst bei der AUA war. Natürlich ist da meiner Meinung nach vorne und hinten abgesprochen, wer genommen wird und wer nicht, wenn jemand von AUA zu Eurowings wechseln will oder umgekehrt", so ein langjähriger AUA-Mitarbeiter zu Austrian Wings. So werde der Personalbedarf gezielt gesteuert. "Unliebsame" Mitarbeiter mit Alt-Verträgen, die etwa der AUA "zu teuer" geworden seien, sich aber gegen Mobbing beziehungsweise die oft nicht nachvollziehbare Beendigung ihres Dienstverhältnisses wehren würden, hätten so auch keine Chance, zu Eurowings zu wechseln. Umgekehrt würden wie berichtet Eurowings-Mitarbeiter, die zur AUA wechseln wollen, unter Druck gesetzt, dass sie ohnedies keine Chance hätten.

Auch Frau O. teilt diese Ansicht. Mehr jedoch als die Absage selbst ärgert sie aber die Art und Weise, wie das geschehen ist: "Eurowings betont immer, wie offen und transparent die Kommunikation, wie wertschätzend der Umgang mit Bewerbern und Mitarbeitern sei. Von alldem konnte ich leider nichts bemerken. Hinterlistigkeit und absolutes Chaos treffen es eher."

Dabei hätte für Eurowings Europe bei Einhaltung der Jobzusage nicht einmal das geringste Risiko bestanden. Falls O. den Erwartungen des Unternehmens nicht entsprochen oder nicht ins Team gepasst hätte, wäre es ein Leichtes gewesen, sie im Rahmen der Probezeit jederzeit problemlos zu kündigen oder ihren Vertrag nicht zu verlängern.

Übrigens: Jene Position bei Eurowings, für welche die 38-Jährige sich zunächst erfolgreich beworben hatte, ist nach wie vor vakant. Ebenso wie viele andere, denn Eurowings Europe sucht weiterhin händeringend Personal für die Kabine. Langjährige Erfahrung bei einer renommierten Fluglinie und fachliche Kompetenz können bei einer Bewerbung allerdings durchaus hinderlich sein, wie der Fall von Hanna O. zeigt. So lange die Airline nicht einmal der Bewerberin gegenüber anderslautende, nachvollziehbare Gründe kommuniziert, lässt sich kaum ein anderer Schluss ziehen.

Text: HP, Mitarbeit: AG