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SWISS bricht Verhandlungen mit Piloten ab

Boeing 777-300ER von SWISS, Symbolbild - Foto: Huber / Austrian Wings Media Crew

Während mehrerer Monate verhandelte der Pilotenverband AEROPERS und die SWISS über temporäre Maßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise. Nun hat die Geschäftsleitung der SWISS beschlossen, die Verhandlungen abzubrechen und hat gleichzeitig die Kündigung des laufenden Gesamtarbeitsvertrags zum frühestmöglichen Zeitpunkt bekannt gegeben. Der GAV 2018 läuft somit noch mehr als 13 Monate weiter. AEROPERS ist sich bewusst, dass die Corona-Krise die Airlines vor immense Herausforderungen stellt. Gerade deswegen sind aus Sicht des Pilotenverbandes aber gemeinsame Lösungen für die Bewältigung der Krise gefordert. Der Abbruch der Verhandlungen und die Kündigung des GAV 2018 betrachtet der AEROPERS-Vorstand als traurigen Tiefpunkt der Sozialpartnerschaft und bedenkliches Zeichen der Firma gegenüber den Piloten.

Gleichzeitig mit dem Abbruch der Verhandlungen zu einem Paket von temporären Massnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise hat die Geschäftsleitung der SWISS gestern den laufenden Gesamtarbeitsvertrag mit ihren Piloten gekündigt. Der GAV 2018 trat am 1. April 2018 in Kraft und wurde für eine unbefristete Laufzeit abgeschlossen, mit der Möglichkeit, ihn frühestens per 31. März 2021 mit einer Frist von 12 Monaten zu kündigen. Unter diesem GAV hat die SWISS in den vergangenen Jahren die grössten Gewinne der Firmengeschichte erwirtschaftet, nun läuft er Ende März 2022 aus.

«In den nun durch die Geschäftsleitung der SWISS abgebrochenen Verhandlungen zu einem temporären Maßnahmenpaket zur Bewältigung der Corona-Krise haben wir aufgezeigt, dass wir trotz GAV, der auch nach der jetzigen Kündigung noch mehr als dreizehn Monate weiterläuft, zu sofortigen Maßnahmen zugunsten der SWISS bereit sind», erklärt Kilian Kraus, der Präsident des Pilotenverbandes AEROPERS. «Die aktuelle Krise erfordert von Allen Zugeständnisse und die Piloten haben ein grosses Interesse, dass die SWISS erfolgreich durch diese Krise kommt. Trotzdem müssen die getroffenen Maßnahmen verhältnismäßig und nachvollziehbar sein, denn auch während der Krise sollen die Arbeitsbedingungen es den Piloten erlauben, ihre Passagiere sicher und zuverlässig ans Ziel zu bringen.»

Seit dem Beginn der Corona-Krise vor knapp einem Jahr haben der Pilotenverband AEROPERS und die SWISS und schon zwei Vereinbarungen zur Bewältigung der schwierigen Situation miteinander abgeschlossen. Direkt zu Beginn der Pandemie wurde ein Sofortmassnahmenpaket geschnürt, im Mai 2020 konnte dann eine Vereinbarung über die Kurzarbeit gefunden werden, welche von den Mitgliedern, trotz grossem Verzicht, mit einer überwältigenden Mehrheit angenommen wurde. Seit September 2020 wurde nun über ein weiteres, temporäres Maßnahmenpaket zur Bewältigung der Corona-Krise verhandelt, welches ein substanziell weitreichendes Angebot des Verbandes mit Einsparungen von bis zu 20 Lohnprozenten, die Möglichkeit zu Mehrarbeit und vielen Flexibilisierungen beinhaltet hat. Insgesamt wären Einsparungen beim Cockpit-Personal von 130 Millionen Franken möglich gewesen.

«Nachdem wir mit der Edelweiss Air AG, der Schwestergesellschaft der SWISS, bereits im Januar eine Einigung über temporäre Anpassungen des dort gültigen Gesamtarbeitsvertrages erzielen konnten, waren wir guten Mutes, auch in den Verhandlungen mit SWISS zu einem positiven Resultat zu kommen», sagt Kilian Kraus. «Wir sind uns bewusst, dass die Corona-Krise die Airlines vor immense Herausforderungen stellt. Gerade deswegen sind aus Sicht des Pilotenverbands aber gemeinsame Lösungen für die Bewältigung der Krise gefordert. Der Abbruch der Verhandlungen und die Kündigung des GAV 2018 durch die SWISS betrachtet der AEROPERS-Vorstand als traurigen Tiefpunkt der Sozialpartnerschaft und bedenkliches Zeichen der Firma gegenüber den Piloten», äußert sich Kraus enttäuscht. «Die SWISS hat sich in den Kreditverträgen dazu verpflichtet, sozialpartnerschaftlich Lösungen für Beiträge des Personals zu finden. Stattdessen nimmt sie ihren Mitarbeitern jegliche langfristigen Zukunftsperspektiven und senkt die Bereitschaft für gröbere Einschnitte in den kommenden Monaten maßgeblich»

Die AEROPERS hat in den Verhandlungen verschiedene Optionen aufgezeigt, die wirtschaftlich vorteilhafte und flexible Lösungen bieten. Dabei hat der Pilotenverband speziell dem Umstand Rechnung getragen, dass besonders in 2021 und 2022 Einsparungen notwendig sind. Ausserdem konnten die Piloten der SWISS zahlreiche sozialverträgliche Möglichkeiten zur Bewirtschaftung des Überbestandes durch attraktive Teilzeitmodelle aufzeigen, denen sich die Firma aber, trotz gegenteiliger Ankündigungen von höchster Stufe, konsequent verweigert. Stattdessen schafft sie mit der jetzigen Kündigung des GAV, die notabene erst im April 2022 ihre Wirksamkeit entfaltet, schon heute eine sehr schlechte Atmosphäre unter den Arbeitnehmern. Dadurch, dass die SWISS sogar unseren Vorschlag, einen Schlichter beizuziehen diskussionslos abgelehnt hat, bestätigt sie den Eindruck, nicht ernsthaft an einer sozialpartnerschaftlichen Lösung interessiert zu sein.

«Aus unserer Sicht ist die Kündigung des GAV zum jetzigen Zeitpunkt nicht hilfreich. Auf das Vorgehen in den nächsten 13 Monaten, die für die Bewältigung der Krise entscheidend sind, hat sie keinen Einfluss. Das Zeichen, das die SWISS damit jedoch an ihr Personal aussendet, ist verheerend» fasst der Präsident zusammen. «Die AEROPERS hat Hand geboten, um in einer temporären Vereinbarung alle begründeten Bedürfnisse der SWISS zur Bewältigung der Corona-Krise abzudecken. Offensichtlich sieht die SWISS nun jedoch in der Krise eine Chance, aus ihrer Sicht schon länger störende Teile des GAV für immer abzuschaffen». Dagegen wehren sich nun die Pilotinnen und Piloten. «Wir setzen uns dafür ein, dass die SWISS-Piloten ihre Passagiere auch weiterhin sicher und zuverlässig ans Ziel bringen können.»

(red / Aeropers)