Punktlandung

AUA-Hagelzwischenfall: Die "skrupellosen" und fragwürdigen Ergüsse des Jörg Kachelmann

Der Meteorologe Jörg Kachelmann bezeichnet sich auf X (Twitter) selbst u. a. als "Spalter". Und genau das scheint er auch sein zu wollen, wenn man sich seine jüngsten Ergüsse zum Hagelzwischenfall der AUA und seine mit hoher Wahrscheinlich schon strafrechtlich relevanten Verbalinjurien gegenüber einem Journalisten durchliest. Ein Kommentar aus gegebenem Anlass.

Die Leser unseres Magazins waren unter den ersten die Bescheid wussten: Am Montag geriet ein A320 der AUA in einen Hagelsturm und wurde schwer beschädigt. Die genaue Chronologie der Ereignisse (soweit mit Stand heute bekannt) kann hier nachgelesen werden. Die Kernaussage, basierend auf den Aussagen der beiden Piloten des Fluges OS434, die von der AUA offiziell bestätigt wurden: Die Maschine flog unvermittelt und überraschend in den Hagel, da den Piloten das Unwetter in diesem Ausmaß (schwerer Hagel) nicht auf dem Wetterradar angezeigt wurde. Das klingt soweit auch plausibel, da kein Pilot vorsätzlich in eine solche Wetterlage einfliegen würde. Als ein Journalist über diese Faktenlage (die sich zu einem späteren Zeitpunkt möglicherweise noch ändern kann, aber dazu muss man eben erst die offizielle Untersuchung abwarten) schrieb, bezeichnete Jörg Kachelmann das auf seinem X-Account umgehend als "skrupellose Lüge", wohl nichtwissend, dass er sich dadurch mit hoher Wahrscheinlichkeit strafbar gemacht haben könnte. Denn eine solche Behauptung ist nicht nur in hohem Maße unethisch, sondern sie erfüllt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch den Tatbestand der Üblen Nachrede und möglicherweise zusätzlich der Kreditschädigung. Doch damit nicht genug. Sowohl auf Social Media als auch gegenüber Medien spricht Kachelmann, ohne das Ergebnis der professionellen Untersuchung des Vorfalls durch Experten auch nur ansatzweise abzuwarten, in diesem Zusammenhang von "Räubergeschichten" und spekuliert wild daher, dass das "Wetterradar entweder kaputt gewesen oder die Piloten "nicht geschaut" oder das angezeigte Bild "nicht verstanden" hätten. Despektierlicher geht es kaum noch, Kachelmann stellt in den Raum, dass professionelle Berufspiloten, die zu den besten der Branche zählen, auf gut Wienerisch gesagt, "zu deppert" seien, ein Wetterradarbild richtig zu interpretieren. Außerdem wundert sich Kachelmann darüber, dass "Schwechat" (damit meint er wohl die Flugsicherung) nicht "reagiert" hat.

Nun, Jörg Kachelmann mag ein guter Meteorologe sein (das können wir nicht beurteilen), von Ursachenforschung nach Zwischenfällen in der Luftfahrt und vor allem von der Fliegerei an sich scheint er dagegen nicht die geringste Ahnung zu haben, zu diesem Schluss kommen wir jedenfalls, wenn wir uns seine Beiträge zu dem Vorfall durchlesen. Hätte er nämlich Ahnung, würde er nicht so eine völlig unqualifizierte implizite Vorverurteilung der Besatzung betreiben und ihr mehr oder weniger direkt fehlerhafte Handlungen und/oder Inkompetenz ("Wetterradar nicht verstanden") unterstellen, für den Fall, dass das Wetterradar eben nicht "kaputt" gewesen sein sollte, wie er ohne jeden Beleg mutmaßt. Sonst wüsste er, dass es überhaupt nicht die Aufgabe der Flugsicherung "in Schwechat" war bzw. ist, die Piloten über eine Gewitterzelle auf der Strecke zu informieren, wie die Austro Control offiziell bestätigt hat. Sonst wüsste er, dass die Flugsicherung "in Schwechat" zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht für Flug OS434 zuständig war. Sonst wüsste er, dass es sehr wohl möglich gewesen sein kann, dass den Piloten auf ihrem Wetterradar in vermeintlich sicherer Flugweg durch die Wetterfront angezeigt wurde, der tatsächlich aber eben nicht sicher war, wie "Futurezone.at" (wir verweisen bewusst auf einen externen Link, um uns nicht selbst zu zitieren) fachkundig recherchiert hat. Solche Vorfälle gab es auch schon in der Vergangenheit immer wieder. Das wüsste man, wenn man sich nicht nur mit dem Wetter, sondern auch mit dem Pilotenhandwerk auskennt.

Jörg Kachelmann hat, soweit sich das über öffentlich zugängliche Quellen recherchieren lässt, weder einen Verkehrspilotenschein, noch ein A320 Typerating, noch Multiengine-, noch IFR-Rating, ja noch nicht einmal einen Privatpilotenschein. Er kann also höchstens Modellflugzeuge fliegen und ist, soweit bekannt, niemals als Pilot im Cockpit eines Verkehrsflugzeuges gesessen. Obwohl er damit folglich kaum eine Ahnung (zumindest keine auf dem Niveau von Verkehrspiloten) von den flugbetrieblichen Abläufen und den Möglichkeiten der bordeigenen Ausrüstung (zB Wetterradar) eines A320 haben dürfte, maßt er sich an, öffentlich Weisheiten von sich zu geben, über die professionelle Aviatiker nur den Kopf schütteln können. Selbst wenn ihn Berufspiloten auf X darauf hinweisen, bleibt er unbelehrbar und lässt den Unsinn online stehen.

Dabei sollte gerade ein Jörg Kachelmann wissen, wie gefährlich Vorverurteilungen sein können - schließlich war er vor einigen Jahren selbst mit dem Vorwurf der Vergewaltigung konfrontiert, der sich später als falsch herausstellte.

Offenbar hat Herr Kachelmann daraus aber nichts gelernt. "Skrupellos" würden wir daher allenfalls sein eigenes Verhalten in dieser Causa bewerten: In jedem Fall arrogant, scheinbar ziemlich ahnungslos (was die fliegerisch/operationelle Komponente betrifft) und sogar mutmaßlich strafrechtlich relevant, weil er sich nicht entblödet, Fachjournalisten "skrupellose Lügen" zu unterstellen, wenn diese faktenbasierte Berichte veröffentlichten. Wirkliche Kompetenz sieht anders aus.

(TuG)

Hinweis: „Punktlandungen” sind Kommentare einzelner Autoren, die nicht zwingend die Meinung der Austrian Wings-Redaktion wiedergeben.