Punktlandung

Austriair? MAP-Jet?

Oder die Geschichte eines Airline(fehl-?)starts

Am 15. Jänner 2010 ist publik geworden, was hinter den Kulissen längst bekannt war. Der Executive Jet Betreiber MAP möchte ins Liniengeschäft einsteigen. Mitten in der Wirtschaftskrise. Mit drei Embraer 195. Die neue Airline soll ganz patriotisch „Austriair“ heißen. Auch den Status als österreichischer Flagcarrier wollte man beantragen.

Was genau die neue Airline machen will, wurde rasch klar. Man möchte nach Frankfurt, Stuttgart und München fliegen. Und nach Russland, sollte die AUA dort ihre Verkehrsrechte verlieren. Was nach derzeitigem Stand der Dinge eher unwahrscheinlich ist. Es ist ein Politikum. Verlöre die AUA ihre Streckenrechte, würden die österreichischen Behörden wahrscheinlich der Aeroflot deren Einflugrechte nach Österreich aberkennen. So weit wird es nicht kommen, sind sich alle Branchenkenner einig.

Wie realistisch ist also das Vorhaben der ominösen „Austriair“ (die sich zwischenzeitlich nicht mehr so nennen darf)?

Betrachten wir zunächst einmal das Konzept: drei Embraer Jets mit 100 Sitzplätzen, davon 12 in der Business Klasse, sollen eingesetzt werden. Das sind eher kleine Flugzeuge mit verhältnismäßig hohen Sitzplatzkosten, stellt man sie in Relation zu Fluggeräten wie der Boeing 737 oder dem A 319/320. Die 737 und der A 319/320 sind es, die von Austrian/Lufthansa und NIKI und Germanwings auf den Strecken eingesetzt werden, die auch „Austriair“ bedienen möchte.

Preislich kann man diese heftige Konkurrenz also keinesfalls unterbieten, sofern man wirtschaftlich überleben möchte, was irgendwie in der Natur der Sache liegt.

Dessen ist man sich auch bei MAP bewusst. Wie Bosco Rasovic von MAP am 15. Jänner im Austrian Wings Telefoninterview sagte, werden sich die Preise an denen „der AUA orientieren“.

Austrian und Lufthansa fliegen die Strecke Wien – Frankfurt derzeit bis zu 9x täglich. Dazu kommen noch zwei Flüge von Adria Airways unter Lufthansa Flugnummer. Ein ähnliches Bild auch bei den Flugverbindungen nach München und Stuttgart. Nur, dass man dort auch noch gegen die Billigtochter der Lufthansa, Germanwings, anfliegen müsste. Dito bei München. Dort heißen die Konkurrenten Austrian Airlines, Lufthansa und NIKI.

Austrian Airlines und Lufthansa „feeden“ mit diesem Flügen ihre Netzwerke. NIKI „feeded“ das Air Berlin Netzwerk, immerhin jenes der zweitgrößten deutschen Fluglinie, gleich nach der Lufthansa.

Und „MAP“/“Austriair“? Der (geplante) Newcomer verfügt über kein Netzwerk, das er „feeden“ könnte und unterscheidet sich nach unten hin auch preislich nicht von der Konkurrenz. Im Gegenteil, er wird sogar höhere Tarife haben als NIKI oder Germanwings, wie gesagt. Solche wie die AUA eben. Auch die Flugfrequenzen werden unter denen der Konkurrenz liegen.

Welchen Grund oder Vorteil sollten Reisende also haben, wenn sie mit „MAP“/“Austriair“ anstatt Austrian Airlines/Lufthansa, NIKI oder Germanwings fliegen? Laut Bosco Rasovic den „höheren Komfort“ und das „Flugerlebnis“ oder „das Catering, wo es jeden Tag etwas Neues geben wird“.

Ob diese Punkte in einer Zeit, in der der Kampf um den Kunden in erster Linie – bedauerlicherweise – über die Preisschiene geführt wird, ausreichen würden, darf kritisch hinterfragt werden.

Dazu kommt noch, dass MAP jüngst eine von der Austrian Airlines geforderte Unterlassungserklärung unterschrieben hat. Der Name und die Marke „Austriair“ dürfen also gar nicht mehr verwendet werden. Stattdessen, so ist zu hören, soll der Start der neuen Airline unter der „bewährten“ Marke „MAP-Jet“ erfolgen.

Dem 08/15 Passagier dürfte „MAP“ nicht sonderlich viel sagen, Brancheninsidern dagegen schon mehr. Bei diesen ist der Ruf von MAP allerdings teilweise angekratzt und nicht unbedingt „bewährt“. Zwei Beinaheabstürze (Lanzarote am 05. Juni 2007 & Östersund am 09. September 2007)  von MD 83 innerhalb eines relativ kurzen Zeitraumes sind nicht gerade ein Ruhmesblatt für eine Fluglinie.

Zudem gibt es Ende Jänner, knapp zwei Monate, bevor die Airline den Flugbetrieb aufnehmen möchte, keine Fluggeräte, keinen Verkaufsschalter, keine Buchungsmöglichkeiten, keinen Internetauftritt und kein öffentliches Recruiting für das zum Betrieb einer Airline zwingend benötigte Personal.

Ein Blick auf die Besetzung des Managements lässt ebenfalls Zweifel aufkommen: Heinz M.* war schon beim „Air Sylhet Abenteuer“ in einer verantwortungsvollen Position  und ist nun auch bei „MAP“/“Austriair“ wieder mit von der Partie.

Unterzieht man diese Fakten einer fairen, aber durchaus kritischen Würdigung, erscheint es mehr als unwahrscheinlich, dass das bislang der Öffentlichkeit über die Medien verkaufte Konzept von „MAP“/“Austriair“ aufgehen wird.

Air Sylhet musste den Flugbetrieb seinerzeit nach zirka einem Monat wieder einstellen. Das einzige Flugzeug, eine Boeing 757, fliegt heute bei FedEx als Frachtmaschine. Ob ein ähnliches Schicksal auch „MAP“/“Austriair“ blüht, werden wir wohl nur dann erfahren, wenn die erste Maschine überhaupt einmal abgehoben hat. Ich bin und bleibe skeptisch, lasse mich aber gerne eines besseren belehren.

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Text: Christian Moser

* Name vom Autor geändert

Hinweis: „Punktlandungen” sind Kommentare einzelner Autoren, die nicht zwingend die Meinung der Austrian Wings-Redaktion wiedergeben.