Reportagen

Jäger verlorener Warbirds - die Suche nach historischen Wracks (2)

Wir schreiben den 13. Juni 2005. Es ist ein schöner, sonniger Tag, der sich über den idyllischen Traunsee gelegt hat. Aber was sonst nur ein weiterer, ruhiger Frühsommertag an einem der schönsten Seen Österreichs werden hätte können, wird zu einem besonderen, ja dramatischen Tag für ein luftfahrtbegeistertes Team, das sich auf Unterwasserortung und Bergung spezialisiert hat und das in Pfaffenhofen in Tirol beheimatet ist. Das Team der "Sandy Air Corp." unter der Führung von Dr. Ursula Falch und Mag. Wolfgang Falch hat es auf den letzten Flugzeugverlust den die US Army Air Forces in Europa im Zweiten Weltkrieg erleiden mussten abgesehen. Ihr Objekt der Begierde trägt den Kosenamen "Dottie Mae", ist aber Luftfahrtenthusiasten eher unter ihrer Typbezeichnung P-47 Thunderbolt ein Begriff.

So sah die "Dottie Mae" auf einem Sonar-Scan aus (Foto: Dr. Ursula Falch)
So sah die "Dottie Mae" auf einem Sonar-Scan aus - Foto: Dr. Ursula Falch

Nach einer mehr als zweijährigen Suche war es dem Team gelungen, das Wrack mit Hilfe modernster Sonar-Ausrüstung in einer Tiefe von fast 72 Metern zu orten. Dank der geringen Temperatur des Wassers, der sehr guten Wasserqualität und der Lage des Wracks im Schlamm, der die Struktur der Maschine überzogen und vor Korrosion bewahrt hatte, war die Thunderbolt in einem äußerst guten Zustand. Nun musste nur noch die Bergung selbst gelingen. Doch Wasserbergungen sind immer mit Risiken verbunden und nur selten war es bislang gelungen, Wracks gänzlich unversehrt aus den Tiefen von Seen oder Meeren zu retten. Nur zu oft waren historisch bedeutsame Funde im letzten Moment auf Grund ihres schlechten Zustandes nach der langen Zeit im Wasser noch auseinander gebrochen oder beim Bergevorgang selbst teilweise irreparabel beschädigt worden. Es stand also viel auf dem Spiel an diesem Tag, zumal es sich bei der Thunderbolt um einen Warbird der selteneren Sorte handelt. Gerade einmal 15 Stück zählt die Population der flugfähigen "Jugs", wie die Thunderbolt von ihren Piloten auch genannt wurde, derzeit, zählt man die nicht flugfähigen P-47 hinzu, so sind es kaum 50 Stück, die aus einer Produktion von knapp 16000 Exemplaren die Zeiten überdauert haben.

Ein weiterer Sonar-Scan der "Dottie Mae"  (Foto: Dr. Ursula Falch)
Ein weiterer Sonar-Scan der "Dottie Mae" - Foto: Dr. Ursula Falch

"Dottie Mae", eine Republic P-47D-28 Thunderbolt mit der Seriennummer 42-29150 war am 8. Mai, dem letzten Tag des Kriegs in Europa, zusammen mit einer weiteren P-47 des 511th Fighter Squadron auf Patrouille über dem Traunsee unterwegs. "Armed reconnaissance" hieß diese Art vom Einsatz im Sprachgebrauch der Piloten. Da man im nahe gelegenen KZ Ebensee auch amerikanische Kriegsgefangene vermutete, wollte man den gefangenen Kameraden aber auch zeigen, dass der Krieg vorbei und die Rettung nahe war. Vielleicht deshalb, vielleicht aber auch in etwas zu ausgelassener Stimmung wegen des Kriegsendes, manövrierte Lt. Henry G. Mohr Jr. seine "Dottie" etwas zu knapp an die Wasseroberfläche des Traunsees heran.

Die "Dottie Mae" während eines Einsatzes (Symbolbild: PW)
Die "Dottie Mae" während eines Einsatzes, Symbolbild - Grafik: Archiv Autor

Die Propeller berührten das Wasser und wurden dabei beschädigt, eine Notwasserung wurde unausweichlich. Diese gelang problemlos, Lt. Mohr stieg aus dem Cockpit des sinkenden Flugzeugs aus und wurde von Augenzeugen gerettet. Während er kurzzeitig sogar in Kriegsgefangenschaft geriet, das Kriegsende hatte sich scheinbar noch nicht in alle Winkel des damaligen Deutschen Reiches durchgesprochen, versank die Thunderbolt in die Tiefen des Traunsees. Knapp 60 Jahre später warteten die Spezialisten der "Sandy Air Corp." nun gespannt, ob ihr Projekt von Erfolg gekrönt sein würde. Was dann aber an die Oberfläche gebracht wurde, übertraf sogar die kühnsten Erwartungen und zeugte von der großartigen Arbeit, die das Team der "Sandy Air Corp." geleistet hatte.

Die P-47 nach der Hebung - man beachte den äußerst gut erhaltenen Namenszug (Foto: Dr. Ursula Falch)
Die P-47 nach der Hebung - man beachte den äußerst gut erhaltenen Namenszug - Foto: Dr. Ursula Falch

"Dottie Mae“ war nicht nur strukturell in einem hervorragenden Zustand, bei ihrer Bergung waren auch keine Teile weggebrochen. Das Cockpit präsentierte sich ebenfalls komplett, ja sogar die Bemalung inklusive "nose art" war noch erkennbar. Schnell war klar, dass das Bergeprojekt "Dottie Mae" ein Erfolg war und die beste Basis für eine weitere Restaurierung eines seltenen Warbirds bis hin zur "airworthiness" darstellen wird können. Derzeit arbeiten die Spezialisten von "Allied Fighters" in Idaho an der Restaurierung der "Dottie Mae". Wer sich über den Fortschritt der Arbeiten informieren will, dem sei der Facebook-Auftritt von "Allied Fighters" ans Herz gelegt.

Die ganze Geschichte der "Dottie Mae" und ihrer Bergung war vor einigen Jahren auch Gegenstand einer sehr interessanten Reportage von National Geographic, die ATV auch in Österreich ausgestrahlt hat. Leider ist diese jedoch nicht im Netz verfügbar. Die Homepage von "Sandy Air Corp."  bietet jedoch ebenfalls einige interessante Fakten und Bilder zur Geschichte und Bergung der "Dottie Mae" und anderer Bergeprojekte der Firma.

Das Wasser hat Kinder, das Feuer nicht

Diese alte Weisheit eines afrikanischen Nomadenstamms trifft im weiteren Sinne auch auf Flugzeugwracks zu. Denn während ausgebrannte Wracks in der Regel als verloren gelten, siehe die traurige Geschichte der B-29 "Kee Bird", so ist das Element Wasser weitaus gnädiger, wenn es darum geht, Wracks zu konservieren und sie wieder freizugeben. Mit zu den besten und ergiebigsten Fundquellen dieser Art zählen die Großen Seen in Nordamerika. Aus ihren Tiefen ist es in den vergangenen Jahren immer wieder gelungen, seltene Flugzeugwracks zu bergen. Warum dies so ist, hat, neben den hydrologischen Gegebenheiten auch einen weiteren einfachen, wenn auch seltsam anmutenden Grund. Die Großen Seen waren im Zweiten Weltkrieg Heimat zweier Flugzeugträger, "Sable" und "Wolverine", die von der US Navy zur Ausbildung ihrer Kampfpiloten eingesetzt wurden, vor allem zum Trainieren des Startens und Landens auf einem Trägerdeck. Dass dabei immer wieder Unfälle passiert sind, bei denen Flugzeuge notwassern mussten oder nach missglückten Landungen über Bord geschoben wurden, um den Flugbetrieb nicht weiter aufzuhalten, erweist sich heute als Glücksfall für Luftfahrtarchäologen.

Die USS "Sable" ...
Die USS "Sable" ...
... und die USS "Wolverine" - die zwei umgebauten Raddampfer fungierten als Trainingsflugzeugträger
... und die USS "Wolverine" - die zwei umgebauten Raddampfer fungierten als Trainingsflugzeugträger

So befinden sich derzeit allein 14 Douglas SBD Dauntless im Besitz des "National Museum of Naval Aviation" in Pensacola in Florida, die allesamt aus den Fluten des Lake Michigan geborgen worden waren.Unter diesen 14 Exemplaren sind sich auch vier Maschinen, die als echte Veteranen mit Kampfeinsätzen in Midway, auf Guadalcanal oder in Nordafrika aufwarten können.

Eine SBD bei einem Sturzangriff während des Krieges
Eine SBD bei einem Sturzangriff während des Krieges
... und eine der 1994 aus dem Lake Michigan gefischen SBD Dauntless
... und eine der 1994 aus dem Lake Michigan gefischen SBD Dauntless

Selbst wenn nicht alle dieser Dauntless Sturzkampfbomber restauriert werden können, stellen sie trotzdem eine wertvolle Ressource da, lassen sie sich doch als Muster zum Nachbau von Ersatzteilen, als Teilegeber für andere Restaurierungsprojekte oder aber als Tauschobjekte gegen andere Flugzeuge oder Wracks mit Wiederaufbaumöglichkeit eintauschen. Auch hier gilt, dass die Summe der Teile manchmal mehr wert ist als das Ganze selbst. Aber nicht nur Dauntlesses konnten dem Lake Michigan entrissen werden, sondern zum Beispiel auch das einzige weltweit erhaltene Exemplar des Vorläufers der Dauntless, der Vought SB2U Vindicator, von ihren Piloten auch abwertend "wind indicator" genannt, das heuzutage ebenfalls im "National Museum of Naval Aviation" besichtigt werden kann.

Die aus dem Lake Michigan geborgene SB2U Vindicator nach ihrer Restaurierung
Die aus dem Lake Michigan geborgene SB2U Vindicator nach ihrer Restaurierung

Und dem ein oder anderen Besucher Chicagos ist vielleicht schon das am Chicago O´Hare Airport ausgestellte Jagdflugzeug aufgefallen, das im Terminal 2 platziert ist. Es handelt sich dabei um eine Grumman F4F Wildcat, wie sie von Edward "Butch" O´Hare, dem Namensgeber des Internationalen Flughafens von Chicago während der frühen Trägerschlachten des Pazifiks geflogen worden war. Auf ihr hatte er sich 1942 die höchste amerikanische Tapferkeitsauszeichnung, die "Congressional Medal of Honor" erflogen und war so zu einem der ersten amerikanischen Kriegshelden des noch jungen Krieges gegen Japan geworden.

Die F4F Wildcat in den Farben von "Butch" O´Hare, ausgestellt im Terminal 2 am Chicago Airport
Die F4F Wildcat in den Farben von "Butch" O´Hare, ausgestellt im Terminal 2 am Chicago Airport

Am 26. November 1943 kam O´Hare jedoch während eines nächtlichen Einsatzes unter ungeklärten Umständen ums Leben, nach dem Krieg benannte man dann den internationalen Flughafen von Chicago nach ihm. Die ausgestellte Wildcat war ebenfalls während der 90er Jahre aus dem Lake Michigan geborgen worden und 2001 restauriert worden, um fort an im O´Hare Airport an den berühmten Namensgeber und seine Rolle im Pazifikkrieg zu erinnern.

Die F4F aus anderem Blickwinkel, meisterhaft restauriert
Die F4F aus anderem Blickwinkel, meisterhaft restauriert

Beinahe jedes Jahr können noch Flugzeuge, vor allem Maschinen der US Navy, aus den Großen Seen gezogen werden und diesem Umstand ist es zu verdanken, dass die Population an restaurierten oder zu restaurierenden Hellcats, Wildcats, Corsairs und Dauntlesses in den letzten Jahren und Jahrzehnten einen stetigen Zuwachs erhalten hat. Manche Wrackfunde sind aber auch einzigartig und deshalb besonders wichtig, um ein weiteres Stück Luftfahrtgeschichte zu archivieren und zu dokumentieren. Dass die Bergung solcher Raritäten aber trotz umfassender Planung und professioneller Ausführung auch, im Gegensatz zum Fall der "Dottie Mae" fast scheitern kann, zeigt das nächste Beispiel

Der „Condor“ aus Norwegen

Kondore vermutet man eher in den Anden, oder Kalifornien. Es gab jedoch eine Zeit, da war der Condor auch in Europa beheimatet und er gehörte in formschöner, metallener Form zu den modernsten Vertretern seiner Art. Die Rede ist hier natürlich nicht von einem Vogel, sondern von der Focke Wulf FW-200 Condor, dem viermotorigen Meisterwerk des berühmten deutschen Konstrukteurs Kurt Tank.

Bei ihrer Einführung 1938 zählte sie zu den modernsten Verkehrsflugzeugen der Welt und hätte sicherlich die Basis einer erfolgreichen Serie von Langstrecken-Zivilflugzeugen bilden können.

Der FW-200 stand Ende der 30er Jahre eine große Karriere als Airliner bevor...
Der FW-200 stand Ende der 30er Jahre eine große Karriere als Airliner bevor...

Nachdem ihre zivile Karriere gerade erst dabei war, richtig zu beginnen, schlitterte die Welt in den Abgrund. Der Zweite Weltkrieg zwang die Condor jedoch in eine militärische Rolle und so wurden die großen Focke Wulfs zur "Geißel des Atlantiks". Diesen wenig freundlichen Spitznamen erhielt sie von ihren englischen Gegnern, da die "Fockes" fortan zur Langstreckenaufklärung über See, für Bombenangriffe auf Handelsschiffe und zur Fühlungshaltung für U-Boot-Rudel eingesetzt.

... doch die Condor fand hauptsächlich als Seeaufklärer bei der Luftwaffe Verwendung...
... doch die Condor fand hauptsächlich als Seeaufklärer bei der Luftwaffe Verwendung...

Zunächst waren die Condor dabei sehr erfolgreich, spätestens durch die Einführung sogenannter "CAM-Ships" – Handelsschiffe mit Katapulten zum Start von Jagdflugzeugen - und Begleitflugzeugträger wie der HMS "Audacity" hatte ihre Stunde aber geschlagen, waren sie doch gegenüber Jagdflugzeugen wie der bereits erwähnten Wildcat oder Sea-Hurricane äußerst verwundbar.

Nebenbei fanden einige FW-200 auch Verwendung als Transportmaschinen, so zum Beispiel während der Luftbrücke um Stalingrad oder aber als persönliches Reiseflugzeug des nationalsozialistischen Diktators Adolf Hitler. Bis in die letzten Kriegstage hinein stand die Condor dabei im Einsatz.

... und auch als persönlicher Transporter für Adolf Hitler war die Condor im Einsat
... und auch als persönlicher Transporter für Adolf Hitler war die Condor im Einsatz

Kein Wunder also, dass von den großen Focke Wulfs nach dem Krieg kein Exemplar erhalten blieb. Dies sollte sich jedoch 1999 durch die Bergung eines Exemplars aus dem norwegischen Trondheim-Fjords durch das Deutsche Technikmuseum ändern. Sollte, denn es kam leider etwas anders als geplant. Die Condor-Bergung sollte zeigen, dass man erst dann von einem Erfolg sprechen kann, wenn das Wrack sicher ans Land gebracht werden konnte. Dies war leider hier nicht der Fall. Hatten erste Untersuchungen von entnommenen Proben noch Hoffnung auf einen guten Gesamtzustand der Überreste gemacht, so sollte sich im Laufe der Bergung zeigen, dass diese Hoffnungen falsch waren. Denn wie sich herausstellen sollte, war die Condor in einem viel schlechteren Zustand als zunächst angenommen. Leider, denn auf Grund des schlechten Gesamtzustands der Überreste der Condor war diese während der Bergung zerbrochen. Die zunächst vermutete eher einfache Restaurierung der Maschine würde sich wesentlich schwieriger, zeitaufwendiger und teurer gestalten, als gedacht.

Auf Grund des historischen Status der geborgenen Condor, handelt es sich doch um das einzige, weitestgehend "erhaltene" Exemplar einer FW-200, beschloss man aber, in Kooperation mit Airbus Deutschland, Rolls Royce und Lufthansa Technik, eine Restauration zu wagen und so ist auch dieses Projekt auf gutem Weg, eine Perle der Luftfahrtgeschichte wieder einem breiten Publikum in voller Pracht zugänglich und anschaubar machen zu können. Wer gern mehr über diese Condor wissen möchte, dem sei die Internetseite http://www.sdtb.de/Focke-Wulf-Fw-200-Condor.788.0.html empfohlen.

Unterwasserarchäologie im Auftrag der Luftfahrthistorie

Bergungen aus dem Wasser geht meist eine lange Suche voraus. Oftmals steht am Beginn einer derartigen Suche eine Erinnerung eines Augenzeugen über einen Absturz, oder aber eine Verlustmeldung oder ein Absturzbericht. Die Suche unter Wasser gestaltet sich dann aufwendig und langwierig, moderne Geräte wie Side-Scan Sonar haben jedoch bereits ihren Teil dazu beigetragen, derartige Suchen zu vereinfachen und mehrere Wracks zu orten. So zum Beispiel auch einen der Sensationsfunde der vergangenen Jahre, eine Dornier Do-17Z bei Goodwin Sands vor der britischen Ärmelkanalküste.

Eine Do-17Z im Flug während des Krieges
Eine Do-17Z im Flug während des Krieges
Ein Sonar-Image der Do-17Z (Foto: Port of London Authority)
Ein Sonar-Image der Do-17Z  - Foto: Port of London Authority

Sie war während der Luftschlacht um England im August 1940 beschädigt worden und musste notwassern, ein weiteres Opfer der schweren Kämpfe im Sommer 1940. Zwei Mitglieder ihrer Besatzung kamen dabei ums Leben, die zwei anderen gerieten in Gefangenschaft. Nach ihrer Notlandung auf den Sandbänken wurde die Dornier ein Opfer der Gezeiten, sank auf dem Rücken liegend auf den Grund des Kanals und verschwand für die nächsten sieben Jahrzehnte aus dem Blickfeld und Gedächtnis der Luftfahrtgeschichte.

Die Überreste der Do-17Z werden geborgen (Foto: BBC)
Die Überreste der Do-17Z werden geborgen (Foto: BBC)

Nachdem sie 2010 jedoch zufällig wieder entdeckt worden war, startete man ein Projekt, um den "Fliegenden Bleistift", so der damalige Spitzname der Dornier, zu bergen. 2013 gelang dies schließlich und so wird die Do-17Z derzeit in Cosford unter der Ägide des Royal Air Force Museum konserviert, um den Erhalt dieses einzigartigen Funds zu gewährleisten. Sie soll nach erfolgter Konservierung permanent imRoyal Air Force Museum in Hendon ausgestellt werden und an die Opfer des Luftkriegs über England auf beiden Seiten erinnern.

So sehen die Reste der Dornier nach gut einem Jahr Konservierungsarbeit aus (Foto: Tom Jones UKAR)
So sehen die Reste der Dornier nach gut einem Jahr Konservierungsarbeit aus - Foto: Tom Jones
Einzelne Teile der Do-!7 sind in einem ausgezeichneten Zustand (Foto: Tom Jones)
Einzelne Teile der Do-17 sind in einem ausgezeichneten Zustand - Foto: Tom Jones

Der menschliche Aspekt – ein wichtiger Faktor

Doch am Ende muss nicht immer ein geborgenes Wrack stehen. Oftmals ist es viel wichtiger, zur Klärung von Schicksalen vermisster Flugzeugbesatzungen beitragen zu können, um den Hinterbliebenen endlich Gewissheit verschaffen zu können, wie und wann ihre Liebsten ums Leben gekommen sind. In diesem Zusammenhang hat sich vor allem im Bereich der Unterwassersuche nach verlorenen Flugzeugwracks ein Mann in den letzten Jahren einen Namen gemacht: Lino von Gartzen.

Wir haben ihn bereits in Teil 1 dieser Reportage im Zusammenhang mit der Klärung des Schicksals von Antoine de Saint Exupery kennengelernt. Von Gartzen hat es sich jedoch zum Ziel gesetzt, noch weitere Wracks zu finden, und somit noch mehrere Vermisstenschicksale zu klären. Sein bevorzugtes Tauchrevier ist dabei das Mittelmeer, und seit seiner Suche nach Saint Exupery speziell das Gebiet bei Marseille, zwischen der französischen Mittelmeerküste und Korsika. Im Rahmen der Suche nach Saint Exupery war es ihm schon gelungen, das Schicksal eines deutschen Jagdfliegers zu klären, der ebenfalls seit dem zweiten Weltkrieg in der Nähe der Stelle, wo Saint Exupery abgeschossen wurde, vermisst worden war. Vor Marseille liegen jedoch noch viele andere Wracks aus der Kriegszeit auf dem Meeresgrund, hauptsächlich deutsche Bomber der Typen Ju-88 und He-111.

Mit Torpedos ausgerüstet stellen die JU-88 eine große Gefahr für alliierte Schiffe dar
Mit Torpedos ausgerüstet stellen die JU-88 eine große Gefahr für alliierte Schiffe dar

Vor allem mit Torpedos bestückt gelangen diesen Kampfflugzeugen, die in Südfrankreich stationiert waren, viele Versenkungserfolge gegen alliierte Kriegs- und Handelsschiffe im Mittelmeer. Ihre zumeist blutjungen Besatzungen mussten dafür aber einen hohen Blutzoll entrichten. Alliierte Jagdflugzeuge, schlechtes Wetter und Übermüdung nach den langen, gefährlichen Einsätzen forderten ihren Tribut und viele Crews gelten nach wie vor als vermisst. Lino von Gartzen will hauptsächlich dazu beitragen, die Schicksale dieser vermissten kaum dem Teenageralter entwachsenen jungen Männer zu klären indem er versucht, so viele abgestürzte, abgeschossene und verschollene Maschinen wie möglich zu finden und zu ertauchen.

Wer nun mehr über die Arbeit von Lino von Gartzen und über Unterwasser-Luftfahrtarchäologie im Allgemeinen wissen möchte, dem sei an dieser Stelle das Buch "Vermisst über See", erschienen im Bucher Verlag ans Herz gelegt. Gemeinsam mit seiner Ko-Autorin Susanne Sasse schildert von Gartzen darin die spannendsten und dramatischen Suchfälle vermisster Piloten und Besatzungen über See. Neben bekannten Suchfällen wie Amelia Earhart, Ronald Amundsen oder Glenn Miller beschreibt er weniger bekannte Vermisstenschicksale wie das des französischen Luftschiffs "Dixmude" oder des Konkurrenten von Charles Lindbergh, Charles Nungesser und seines Navigators Coli. Auch seine eigenen Tauchgänge und Suchen im Mittelmeer sind mit vielen beeindruckenden Farbaufnahmen illustriert. Vielleicht ein kleiner Tipp für ein Weihnachtsgeschenk abseits des aviatischen literarischen Mainstreams.

Eine klare Empfehlung für fliegerisch begeisterte Leser mit Hang zu spannenden Stories
Eine klare Empfehlung für fliegerisch begeisterte Leser mit Hang zu spannenden Stories

Nicht nur das Meer birgt noch viele Geheimnisse verschollener Flugzeuge und ihrer Besatzungen, auch an Land gelingen unter Anwendung archäologischer und forensischer Methoden und mit viel Einsatz und Beharrlichkeit und manchmal auch einer gehörigen Portion Glück nicht nur seltene (Wrack)Funde, sondern es lassen sich auch hier die Schicksale vermisster Piloten noch nach vielen Jahrzehnten klären.

Einer dieser Glücksfälle führt uns in die unmittelbare Nachbarschaft des größten Flughafens Österreichs, des Vienna International Airports. Die Rede ist vom"Bergeprojekt Treher", das auch hier auf Austrian Wings bereits vorgestellt worden ist und deshalb nur kurz als Beispiel dafür Erwähnung finden soll, wie durch das Engagement eines kleinen Teams auch in Österreich eine professionelle Bergung und Aufarbeitung einer luftfahrthistorisch interessanten Geschichte möglich ist. Dass es sich bei dem gefundenen Wrack um die Überreste einer Bf-109D handelt, einer frühen Vertreterin der legendären "Einhundertneun", macht den Fund noch bedeutender.

Das Gedenkkreuz für Rüdiger Treher in Fischamend
Das Gedenkkreuz für Rüdiger Treher an der Absturzstelle inmitten der Donauauen bei Fischamend

Letztendlich aber ist es auch hier der menschliche Aspekt, das Schicksal eines der vielen Opfer eines sinnlosen Krieges zu dokumentieren und einem lange Zeit vermissten Sohn einer Mutter, die die Bergung der sterblichen Überreste ihres Kindes leider nicht mehr miterleben konnte, eine letzte Ruhestätte und ein Andenken geben zu können, im Mittelpunkt. Wir werden uns dann dem "Bergeprojekt Treher" gleich noch einmal kurz zuwenden.

Es muss also nicht immer ein restauriertes Flugzeug in einem Museum oder im flugfähigen Zustand am Ende einer Bergung stehen. Oftmals lassen sich gefundene Überreste gar nicht mehr vollständig restaurieren und es stellt sich die Frage, was tun mit den gefundenen Teilen.

Crash Dioramen – das Wrack im historischen Kontext

Eine Möglichkeit besteht darin, die verwendbaren Teile einem anderen Projekt zu spenden, sozusagen "Organspende" für Flugzeuge. Dies kommt durchaus öfter vor, führt aber zu einem, unter Warbird-Freunden heiß diskutierten Thema, der Authentizität (oder eben nicht-Authentizität) eines neu, und vielleicht mit Hilfe von Teilen mehrerer anderer Wracks, aufgebauten Flugzeugs.

Ein weitere, und wie ich finde sehr spannende Möglichkeit besteht darin, die gefundenen Überreste so zu präsentieren, wie sie sich bei ihrer Auffindung dargeboten haben. Die Authentizität des Zustandes bleibt somit weitestgehend erhalten, der Betrachter kann sich ein Bild von den Kräften machen, die beim Crash auf die Maschine eingewirkt haben müssen. Auch der Zahn der Zeit, der an den Überresten genagt hat, kann anschaulich verdeutlicht werden, muss aber nicht. Denn es kommt auch darauf an, welche Geschichte der Aussteller mit seinem Diorama erzählen möchte, ähnlich Dioramen beim Modellbau, nur dass das "Modell" hier eben ein "Original" ist.

Anhand dreier Beispiele möchte ich zeigen, welche in welcher Form eine derartige Ausstellung erfolgen kann und möchte es dem Leser überlassen, welche dieser Möglichkeiten er für die Beste hält, die Geschichte hinter dem Diorama zu erzählen.

„Hellfire Corner“ – Sommer 1940

Die Luftschlacht um England ist in vollem Gang. Beinahe täglich fliegen Verbände der Luftwaffe Bombenangriffe auf Ziele in Südengland. Deutsche Jagdflugzeuge vom Typ BF-109 fliegen dabei entweder "Freie Jagd" vor den Bomberverbänden, oder schirmen diese als Begleitjäger direkt gegen die Angriffe der Hurricanes und Spitfires der Royal Air Force ab. Die Verluste sind auf beiden Seiten enorm, der Blutzoll unter den Piloten hoch. Das Gebiet, über dem die heftigsten Luftkämpfe toben, der Südosten Englands, nennen die Engländer selbst "Hellfire Corner". Fast jeden Tag stürzen hier deutsche und englische Kampfflugzeuge ab oder müssen notlanden. Oftmals sind es auch deutsche BF-109, die hier sozusagen ihre letzte Ruhestätte finden und sich beim Absturz viele Meter tief in den Boden bohren. Einigen "Hundertneun" gelingt aber auch eine Notlandung auf englischem Gebiet.

Das BF-109E Crash Diorama in Duxford (Foto: PW)
Das BF-109E Crash Diorama in Duxford - Foto: Phil Weber

Man sollte meinen, dass ein zur Landung gezwungener feindlicher Jäger in Kriegszeiten von großem Interesse sein sollte und man umgehend versuchen würde, ihn zu reparieren, um hinter etwaige Geheimnisse der gegnerischen Waffe zu kommen. Die US Navy hat dies 1942 sehr erfolgreich mit ihrer auf Akutan erbeuteten japanischen Mitsubishi A6M "Zero" getan. Die Royal Air Force hat jedoch im Sommer 1940 schlussendlich so viele notgelandete BF-109, dass sich bei vielen eine Instandsetzung gar nicht mehr lohnt. Die Geheimnisse der gegnerischen Maschine hatte man schon längst ergründet, die eigenen Hurricanes und Spitfires waren entsprechend verbessert und weiterentwickelt worden. Die deutschen Wracks werden somit in ihrem Ist-Zustand für Propaganda-Zwecke in englischen Dörfern und Städten ausgestellt, um den Verkauf von War-Bonds anzukurbeln und die eigene Überlegenheit zu manifestieren. Mit Fortdauer des Krieges und dem Fortschreiten der technischen Entwicklung verlieren diese Maschinen aber schlussendlich auch ihren Propagandawert. Viele gehen an Schmelzöfen verloren, einige wenige überstehen jedoch den Krieg und finden irgendwann sogar den Weg in die Hände privater Sammler. Im Fall der BF-109 scheitern Restaurierungsversuche jedoch meistens am Fehlen von Originalteilen, vor allem originaler DB-601 Motoren. Was also tun? Im Imperial War Museum im Duxford findet sich nun eine dieser BF-109 und sie wird so ausgestellt, wie sie kurz nach ihrer Notlandung 1940 ausgesehen haben muss. Auf dem Bauch liegend, leicht beschädigt, von einem Mitglied der britischen "Home Guard" bewacht.

Das Ende so mancher BF-109 1940 über England-notgelandet in einem Feld (Foto: PW)
Das Ende so mancher BF-109 1940 über England-notgelandet in einem Feld - Foto: Phil Weber

Steht man vor diesem Diorama, kann man sich gut die Aufregung vorstellen, die Zivilisten verspürt haben müssen, wenn in ihrer unmittelbaren Umgebung ein Kampfflugzeug des Gegners notlanden hatte müssen - das fremdartige Aussehen, die andere Bemalung, die feindlichen Markierungen und Symbole am Rumpf und den Tragflächen. Wie ich finde, eine gelungene Art der Präsentation, die den Betrachter richtig gehend in den Sommer 1940 hineinzieht und ihm die Konsequenzen und den menschlichen Aspekt, der in diesem Fall glücklicherweise mit dem Überleben des Piloten und seiner anschließenden Gefangennahme geendet hatte, nahe bringt.

Schwechat, September 1940

Rüdiger Treher, er wurde nur 19 Jahre alt und starb beim Absturz seiner BF-109D nahe Fischamend (Foto: Archiv R. Ster)
Rüdiger Treher, er wurde nur 19 Jahre alt und starb beim Absturz seiner BF-109D nahe Fischamend (Foto: Archiv R. Ster)

Fähnrich Rüdiger Treher wurde nur 19 Jahre alt und starb beim Absturz seiner BF-109D nahe Fischamend - Foto: Archiv R. Ster

Leider hatten viele zigtausend Piloten und Besatzungen auf beiden Seiten weniger Glück und bezahlten den Wahn ihrer Führung, oder den Kampf gegen diese Wahn, mit ihrem Leben. Und so steht am Anfang unseres nächsten Beispiels ein einfaches Kreuz, das an so ein tragisches Schicksal erinnert. Rüdiger Treher steht als Name auf diesem Kreuz und seine Geschichte ist ein weiteres tragisches Beispiel unter vielen für den sinnlosen Tod in einem Krieg der so viele Millionen sinnlose Opfer gefordert hat. Bei Fähnrich Treher handelte es sich nicht um eines der von der Propaganda zu Helden hochstilisierten Fliegerasse. Nein, der Jagdfliegerschüler schaffte es nicht einmal bis an die Front, sondern kam bereits im Zuge seiner Ausbildung zum Jagdflieger ums Leben. Und was die Geschichte Trehers besonders macht, ist der Lokalbezug seines Schicksals, starb er doch ganz in der Nähe des größten Flughafens Österreichs, Wien Schwechat.

Eine BF-109D wie sie auch Rüdiger Treher bei der Jagdfliegerschule 5 geflogen hat (Symbolbild: PW)
Eine BF-109D wie sie auch Rüdiger Treher bei der Jagdfliegerschule 5 geflogen hat, Symbolbild - Grafik: Archiv Autor

Nur wenige Interessierte wissen, dass in Schwechat-Heidfeld, dem Vorläufer des heutigen Flughafens im Zweiten Weltkrieg eine Jagdfliegerschule, die Jagdfliegerschule 5 beheimatet war, die angehende Jagdflieger auch auf der damals nicht mehr ganz so modernen BF-109D ausbildete. In einer dieser „Doras“, wie das D-Model bei den Piloten genannt wird, findet Treher am 23. September 1940 den Tod. Viel bleibt von seiner Maschine nach dem Absturz nicht übrig. Einige Wrackteile werden gleich nach seinem Absturz geborgen, der Rest, der sich in den Boden gebohrt hat, bleibt zurück, wird über die Jahre mehr und mehr vergessen. Nur eine Person vergisst nie - seine Mutter. Sie kommt Jahr für Jahr zur Absturzstelle und ist bei den Ortsansässigen bald als "Schwarze Witwe" bekannt. Ihre Geschichte und das Schicksal ihres Sohnes berührt jedoch einige der Einheimischen und so wird darüber nachgedacht, nach den sterblichen Überreste von Rüdiger Treher zu suchen um ihm ein würdiges Grab geben zu können. Nach ersten Bergeversuchen 1986, die jedoch weitgehend gescheitert waren, gelingt es schlussendlich erst 2000 beziehungsweise 2002 einem engagierten Team, die sterblichen Überreste Trehers, sowie weitere Wrackteile zu bergen. Diese Teile waren nun vor kurzem, im Rahmen einer temporären Ausstellung, in der Militärluftfahrtausstellung in Zeltweg zu sehen.

Die wenigen Überreste lassen die Wucht des Aufpralls von Trehers 109D erahnen (Foto: Archiv R. Ster)
Die wenigen Überreste lassen die Wucht des Aufpralls von Trehers 109D erahnen - Foto: Archiv R. Ster

Im Gegensatz zur BF-109E in Duxford ist von Trehers BF-109D nur wenig übrig geblieben, die Wucht des Aufpralls lässt sich nur erahnen. Umso beeindruckender ist es, dass im Zuge der Bergearbeiten im Jahr 2000 die Borduhr gefunden werden konnte, die exakt um 16:15 Uhr, dem Zeitpunkt des Aufschlags stehengeblieben war. Wer mehr über diese ergreifende Geschichte wissen möchte, dem sei das Buch "Das Bergeprojekt Treher" von Rudolf Ster, der maßgeblichen Anteil an der Bergung hatte, empfohlen. Erhältlich ist es über diverse auf Luftfahrthistorie spezialisierte Fachbuchhandlungen. Auch Austrian Wings hat schon mehrmals über dieses Projekt berichtet.

Libysche Wüste, Frühjahr 1941

Für das dritte Beispiel eines gelungenen weil berührenden Dioramas müssen wir uns in die Wüste Libyens begeben. Aufmerksame Leser werden sich an die tragische Geschichte der B-24 "Lady Be Good" erinnern, die ebenfalls im ersten Teil dieses Artikels vorgestellt wurde. Ganz in der Nähe spielte sich bereits zwei Jahre zuvor ein ähnliches Drama ab. Diesmal handelte sich um einen italienischen Bomber und seine Besatzung, die unter ähnlichen Umständen ums Leben gekommen war. Auch sie sah sich einer lebensfeindlichen Wüste gegenüber, nachdem ihre Maschine bei einem Angriff auf einen britischen Schiffsconvoy durch Beschuss beschädigt worden war und der Rückflug zum Stützpunkt nicht mehr gelungen war. In diesem Fall gelang zwar die Notlandung, Rettung blieb aber auch dieser Besatzung verwehrt, nachdem ein Besatzungsmitglied zu Fuß aufgebrochen war, um Hilfe zu organisieren, aber ebenso wie die Besatzung der "Lady Be Good" dem unerbittlichen Klima der libyschen Wüste schlussendlich zum Opfer gefallen war. Was dieses Drama besonders macht, ist der Flugzeugtyp, der im Zentrum Geschehens steht, eine Savoia Marchetti SM-79 Sparviero, ein dreimotoriger italienischer Bomber, der seine größten Erfolge ausgerüstet mit Torpedos im Kampf gegen englische Schiffe im Mittelmeer erzielen konnte.

Auch die SM-79 machen mit Torpedos Jagd auf alliierte Konvois im Mittelmeer
Auch die SM-79 machen mit Torpedos Jagd auf alliierte Konvois im Mittelmeer

Es handelt sich zwar bei der ausgestellten SM-79 nicht um jene Sparviero, deren Geschichte erzählt wird, sondern um eine Maschine gleicher Bauart, die ebenfalls in der Wüste notlanden musste. Ihr Zustand ist aber fast eins zu eins vergleichbar. Präsentiert zum Zeitpunkt ihrer Auffindung, erzählt dieses Diorama eine ähnliche Geschichte wie die "Lady Be Good" – abgestürzt im Krieg, seitdem vermisst, wieder entdeckt im Zuge der Erschließung der Region durch Ölfirmen.

So präsentierte sich die SM-79 ihren Findern (Foto: warbirdsonline.com)
So präsentierte sich die SM-79 ihren Findern - Foto: warbirdsonline.com.au

Passend dazu steht neben dem Wrack der Sparviero auch ein Bell 47 Helikopter jener Ölfirma, deren Techniker die SM-79 im Zuge der Exploration der Region wieder entdeckt hatten. Wer dieses und andere Exponate der italienischen Luftfahrtgeschichte sehen möchte sei nun auf das Volandia Museum of Flight verwiesen, das an den Flughafen Milano Malpensa angrenzt. Die Website dieses Museums ist unter http://www.volandia.it/en/volandia/volandia.htm erreichbar.

Wir haben nun schon an einigen Beispielen gesehen, ist es oftmals Glück, das zu einem Wrackfund führt, auch wenn zuvor bereits einigermaßen gut recherchiert oder intensiv gesucht worden ist. Wer nun aber selbst auf den Geschmack gekommen ist und Lust und Laune verspürt, nach (noch) verborgenen aviatischen Schätzen zu suchen, zu graben oder zu tauchen, der muss vorweg einige wichtige Dinge beachten.

Wer suchet, der findet ... aber ob es wirklich so einfach ist?

Spektakuläre Funde gelingen vor allem in entlegenen Regionen dieses Planeten oder in den Tiefen von Seen, Meeren und Ozeanen. Es ist also schon nicht gerade leicht, an diese Orte zu gelangen, von den verschiedenen Gefahren, die diese Gebiete beherbergen ganz zu schweigen. Seien es nun die Dschungelgebiete Asiens, die Tundren Russlands oder die Wüsten Afrikas, ihnen allen ist gemeinsam, dass es sich um nicht gerade lebensfreundliche und keinesfalls leicht zugängliche Regionen handelt. Auch die Regierungen und Behörden der entsprechenden Länder sind keineswegs immer kooperativ, wenn es darum geht, alte (Kriegs)Relikte zu bergen. So scheiterte etwa die Bergung der B-17E "Swamp Ghost", die wir im ersten Teil bereits kurz kennengelernt haben, jahrelang am Veto der Regierung von Papua Neu Guinea. Und so darf es nicht weiter verwundern, dass fast 40 Jahre zwischen Fund, Bergung und Ausfuhrgenehmigung für das geborgene gute Stück in die Vereinigten Staaten lagen. Viele Wracks überstehen eine derart lange Zeitdauer oftmals gar nicht und zerfallen in der Zwischenzeit bis zur Unbergbarkeit.

Aber auch wenn sich lokale und nationale Behörden kooperativ zeigen, ist man noch nicht am Ziel. Die Luftwaffen, zu deren Beständen die Wracks einstmals gehört haben, verweigern oftmals eine Bergung aus den unterschiedlichsten Gründen. So wurde zu Beginn des neuen Jahrtausends eine äußerst seltene Douglas TBD Devastator vor der Küste von Florida gefunden und eine private Organisation begann bereits auf eigene Kosten mit der Planung der Bergung, wurde aber dann von der US Navy vor Gericht gezerrt und musste schlussendlich sämtliche Pläne für eine Hebung des Wracks ad acta legen.

Eine TBD Devastator im Flug vor dem Krieg
Eine TBD Devastator im Flug vor dem Krieg

Obwohl das Flugzeug 1943 kurz nach seiner Notwasserung bereits aus dem Inventar der Marine gestrichen worden war, "struck off charge" wie das im Fachjargon heisst, argumentierte die Navy, dass sie weiterhin Besitzerin des Flugzeugs sei und bekam sogar recht. So gab es in diesem Fall am Ende nur Verlierer und die historische Chance, einen weiteren Veteranen der ersten Flugzeugträgerschlachten des Pazifiks wieder in altem Glanz erstrahlen lassen zu können, war für immer vertan. Zum Glück wurden mittlerweile zwei weitere Wracks von TBD Torpedobombern in der Lagune von Jaluit gefunden. Beide sind in bergungsfähigem Zustand und es wird sich zeigen, ob es diesmal gelingt, einen Vertreter dieser seltenen Spezies heben und restaurieren zu können.

Noch viel kniffliger und komplizierter wird die Situation, wenn sich in einem Wrack wahrscheinlich noch die Überreste der gefallenen Besatzung befinden, da der Fund dann als Kriegsgrab angesehen werden muss und besondere Regeln zum Tragen kommen. Kriegsgräber stehen in der Regel unter dem Schutz der Regierungen der Heimatländer der Gefallenen oder deren Nachfolgestaaten. Da solche Funde aber eben auch zur Klärung von Vermisstenschicksalen beitragen können, ist es wichtig, in solchen Fällen eng mit jenen Regierungsstellen und Behörden zusammenzuarbeiten, die für die Kriegsgräberfürsorge und Bergung von Gefallenen verantwortlich sind. Dies geniesst in der Regel oberste Priorität vor allen anderen Bestrebungen in Zusammenhang mit einer Wrackbergung.

Aber auch wenn ein Wrack keine sterblichen Überreste preisgibt, ist noch immer Vorsicht geboten, denn in der Regel waren Kampflugzeuge im Einsatz bewaffnet und auch aufmunitioniert. Man kann also noch immer auf die Überreste von Patronen, Bomben oder anderen Bewaffnungen stossen, womit dann äußerste Vorsicht geboten ist. Wer weiß was schon Silvesterkracher anrichten können, kann sich vorstellen, was dann erst Munition vom Kaliber 12,7mm, 13mm, 20mm oder gar 30mm bei einer zufälligen Explosion an Zerstörungskraft entwickeln kann, von Bomben ganz zu schweigen.

Zu guter Letzt ist der finanzielle Aufwand einer derartigen Suche enorm. Beginnend bei der Quellensuche und den Kosten, diverse Archive benutzen zu dürfen bis hin zur (manchmal äußerst beschwerlichen und langwierigen) Anreise, Suche, dem Rekrutieren von Mitarbeitern und (auch lokalen) Helfern und Hilfskräften und der schlussendlich (vielleicht) erfolgreichen Bergung oder Hebung eines Fundes kann ein Bergeprojekt hohe Beträge verschlingen. Und auch wenn die potentiellen Benefits sehr hoch sind, ein erfolgreicher Ausgang ist keineswegs garantiert, wie "Kee Bird" schmerzlich gezeigt hat. Man sieht also, vor einer gelungenen Bergung gibt es eine Menge Fragen und Hürden geographischer, legaler, humanistischer und monetärer Natur zu klären und zu meistern.

Augen auf ...

Manchmal genügt es aber auch, auf der Suche nach historischen aviatischen Schätzen einfach die Augen ein bisschen offen zu halten und sich in der Umgebung umzusehen. So finden sich zum Beispiel am Flughafen Wien drei Flugzeug-Veteranen, die als durchaus selten anzusehen sind. Am Dach des Gebäudes der B-Gates finden sich zum Beispiel eine Let Z-37 Chmelak und eine blaue Let L-29 Delfin und, für Besucher leider nicht mehr sichtbar, eine Saab J-29 Tunnan vor der Garage der Flughafen-Feuerwehr hinter dem Handling Center West. Sowohl die Saab als auch die Delfin können als waschechte "Warbirds" angesehen werden, fristen jedoch am Flughafen Schwechat ein eher armseliges Dasein.

Die Delfin und die Chmelak am Dach über den B-Gates... (Foto: PW)
Die Delfin und die Chmelak am Dach über den B-Gates ...
... und die Saab J-29 vor dem Hangar der Flughafen-Feuerwehr (Foto: PW)
... und die Saab J-29 vor dem Hangar der Flughafen-Feuerwehr - beide Fotos: Phil Weber

Auch die Vickers Viking in Austrian Airlines-Livery, die früher einmal in Schwechat beim Restaurant einer Fastfood Kette zu sehen war, ist vielen Lesern dieser Seite bekannt. Sie residiert mittlerweile in Bad Vöslau, wurde jedoch vor einigen Jahren bei einem Sturm beschädigt. Ob sie jemals voll restauriert werden wird und in altem Glanz erstrahlen wird, ist leider mehr als fraglich.

Die Viking in beschädigtem Zustand in Bad Vöslau (Foto: P. Gartlgruber)
Die Viking in beschädigtem Zustand in Bad Vöslau - Foto: P. Gartlgruber

Ein anderer Airliner aus der Zeit der Viking dürfte jedoch das große Los gezogen haben und seiner Bergung und Restaurierung zuversichtlich entgegensehen dürfen. Das Qantas Founders Museum in Australien konnte im Rahmen einer Auktion eine Lockheed Constellation erwerben, die seit fast 25 Jahren in flugunfähigem Zustand am Rande des Manila International Airports auf den Philippinen abgestellt war. Derzeit ist man dabei, genügend Geld zu sammeln, und den historischen Prop-Liner nach Australien überstellen zu können. Kein leichtes Unterfangen, da man die "Connie" zu diesem Zweck in transportgerechte Stücke zerlegt wird müssen, bevor man sie dann überhaupt bis zu einem ausstellungstauglichen Exponat restaurieren kann.

Dieser Lockheed Super Constellation stehen hoffentlich bessere Zeiten bevor (Foto: Qantas Founders Museum)
Dieser Lockheed Super Constellation stehen hoffentlich bessere Zeiten bevor - Foto: Qantas Founders Museum

Die Flughäfen vieler exotischer Destinationen sind überhaupt ein gutes Gelände, um Wracks oder stillgelegte alte Zivilmaschinen sehen zu können und es empfiehlt sich für Flugzeug-Fans, die Augen bei jedem Urlaubsflug offen zu halten und schon vor Reiseantritt zu recherchieren, was es da eventuell auch aviatischer Natur zu sehen und zu bestaunen gibt.

Aber auch bei der Fahrt durch diverse Länder kann man immer wieder zufällig Schätze der Luftfahrt entdecken und bewundern. So kann ich mich noch gut erinnern, vor vielen vielen Jahren bei der Fahrt von Niederösterreich nach Tirol im kleinen deutschen Eck neben einem Gasthaus einen Sikorski S-55 Helikopter bestaunt zu haben. Auch eine in blau-weiß gehaltene Saab J-29 "Tonne" auf einem Kinderspielplatz in der Wachau ist mir in guter Erinnerung geblieben. Besonders beeindruckend war es für mich aber auch, Anfang der 90er Jahre, kurz nach dem Fall des Eisernen Vorhangs eine ganze Reihe ausgemusterter Migs und Hubschrauber auf einem Schrottplatz neben einer Strasse nahe der tschechischen Stadt Hradec Králové zu sehen, galten dieselben Migs doch nur wenige Jahre zuvor noch als geheimnisumwittert und fremd. Der Schreiber dieser Zeilen war mehr mit Flugzeugen westlicher Provenienz aufgewachsen, russische Flugzeuge kannte ich damals fast nur aus Zeitschriften und Filmen.

Google Maps, die Alternative?

Seit einiger Zeit machen sich Enthusiasten auch via Google Maps auf die Suche nach interessanten Entdeckungen aus dem Bereich der Luftfahrt und stoßen dabei auch immer wieder auf Gustostückerl, die dann in einschlägigen Foren gepostet werden. Zum Einstieg in die Materie sei dieser Link empfohlen: https://www.google.com/maps/d/u/0/viewer?mid=zlY48eTMIq2I.kfszCAvhnntU&msa=0

Mit genügend Zeit und guten Augen lassen sich aber bestimmt noch weitere Funde machen, es lohnt sich also, bei Interesse eine Weltreise digitaler Natur zu machen und dabei Ausschau nach Flugzeugwracks zu halten. Und man erspart sich dabei auch all die beschriebenen Gefahren, Hürden und Probleme. Und wer weiß, vielleicht gelingt es irgendwann einmal, die noch vermissten, großen Suchfälle der Luftfahrtgeschichte zu klären; Amelia Earhart, Charles Nungesser, Roald Amundsen, Glenn Miller, Lt. Charles Taylor und Flug #19, sie alle gelten noch immer als spurlos verschwunden. Aber nachdem es sogar kürzlich gelungen ist, die seit 1845 verschollene HMS "Erebus" der berühmten Franklin Expedition zu finden, steht der Suche nach vermissten Flugzeugen und ihren Piloten und Besatzungen ebenfalls noch eine gute, sicherlich erfolgreiche Zeit bevor. Und Firmen wie "Sandy Air Corp." werden mit immer besseren und technologisch fortschrittlicheren Suchmethoden sicherlich ihren Teil dazu beitragen.

Amelia Earhart, ...
Amelia Earhart, ...
Roald Amundsen, ...
Roald Amundsen, ...
sowie Charles Nungesser und Francois Coli - Vier von Vielen die noch immer vermisst werden
sowie Charles Nungesser und Francois Coli - vier von vielen Fliegern die noch immer vermisst werden

Im Mittelpunkt jeder Suche und jedes Bergeprojekts stehen aber trotz allem nach wie vor jene Menschen, die mit viel Engagement und Einsatz sowohl Schätze der Luftfahrt suchen, bergen, restaurieren und konservieren, andererseits aber auch die Schicksale noch vermisster Flieger klären und den Hinterbliebenen Klarheit über den Verbleib ihrer Liebsten verschaffen, oder lange bestehende Mysterien der Luftfahrtgeschichte endgültig zu lösen vermögen.

Post scriptum:

Nach Beendigung der Arbeit zu diesem Artikel bin ich in der neuen Ausgabe des "Flugzeug Classic Jahrbuch 2015" auf zwei gute Artikel gestoßen, die sich ebenfalls mit der Thematik verschollener Flugzeuge und Piloten sowie Flugzeugwracks, die noch ihrer Bergung harren, beschäftigen. Das Magazin ist im gut sortierten Fachhandel erhältlich und für den luftfahrtinteressierten Leser eine klare Empfehlung wert.

Zu guter Letzt möchte ich mich recht herzlich bei Frau Dr. Ursula Falch und Herrn Mag. Wolfgang Falch von "Sandy Air Corp." für die freundliche Unterstützung und die Bereitstellung von Fotos für den Abschnitt über die Bergung der "Dottie Mae" bedanken.
Mein Dank gilt auch Tom Jones vom englischen UKAR Forum, der mir freundlicher Weise Fotos vom derzeitigen Konservierungsstand der Do-17Z in Cosford zukommen hat lassen.

Text: Phil Weber
Titelbild: Die "Dottie Mae" bei ihrer Bergung - Foto: Dr. Ursula Falch
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