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Hintergrund: Letzte Boeing 747-300 fliegt in Weissrussland

Die letzte je gebaute 747-300 ist auch die einzige Maschinen dieses Typs, die heute noch fliegt - Foto: N509FZ / CC BY-SA 4.0

Weitgehend aus dem Passagierverkehr verschwunden ist die Boeing 747. Von der 747-300 fliegt überhaupt nur noch ein Exemplar - in Weissrussland. Austrian Wings erzählt die Geschichte dieses Exoten.

Wie ich gestern bereits berichtet habe, fliegen weltweit nur noch fünf Fluggesellschaften die Boeing 747 regulär im Passagierverkehr. Im Frachtbereich sieht es noch deutlich besser aus. Doch die Boeing 747-100, 747-200 und 747SP sind weitgehend vom Himmel verschwunden. Noch seltener - in jeder Hinsicht - ist allerdings ein Exot, die Boeing 747-300. Total wurden etwas mehr als 1.500 Boeing 747 der Varianten -100, -200, SP, -300, -400 und -8 produziert, von denen weltweit noch ungefähr 400 fliegen - die meisten davon als Frachter.

Die Boeing 747-300 war dabei von Anfang an ein Exot. Sie war eine Weiterentwickung der Boeing 747-200, erhielt jedoch stärkere Triebwerke (wahlweise von General Electric, Pratt & Whitney oder Rolls Royce) und das verlängerte Oberdeck, welches später auch bei der Boeing 747-400 Standard war. Gegenüber der Boeing 747-200 bot sie verbesserte Flugleistungen, eine höhere Reichweite und eine gesteigerte Passagierkapazität. Ihr Jungfernflug fand am 5. Oktober 1982 statt. Erstkunde Swissair übernahm ihre erste 747-300 im Jahr 1983. Insgesamt betrieb Swissair 5 Boeing 747-300, 3 davon in der Combi-Version, bei der im Hauptdeck hinter der Passagierkabine Fracht befördert wurde. Swissair war eine der wenigen Fluglinien (neben KLM), welche das Combi-Konzept beim Jumbo nach dem Absturz der "Helderberg" im Jahr 1987 weiter nutzten, obwohl das Brandschutzkonzept adaptiert werden musste, was mit einem erhöhten Aufwand für die Fluglinie einherging.

Obwohl die 747-300 insgesamt ein technisch guter Entwurf war, produzierte Boeing zwischen 1982 und 1990 gerade einmal 81 Exemplare, 21 davon waren Combi. Allerdings hatte Boeing bereits 1985 die weiter verbesserte Boeing 747-400 (höhere Reichweite, größere Wirtschaftlichkeit, digitales Zweipersonen-Cockpit, während in der 747-300 noch ein Flugingenieur benötigt wurde) angekündigt (Erstflug 1988, Auslieferung an die Airlines ab 1989), sodass viele Kunden gleich auf diese Version warteten. Wie die spätere 747-400, bot Boeing die 747-300 auch in einer speziellen "SR"-Kurzstreckenversion mit besonders dichter Bestuhlung für den innerjapanischen Verkehr an.

Zu den bedeutenden Betreibern der Boeing 747-300 gehörten Swissair, Qantas, Sabena, UTA, Saudi Arabian Airlines, South African Airways/Suid Afrikaanse Lugdiens, Air India oder Surinam Airways.

Letzte noch fliegende 747-300 gehörte einst der Sabena
Die belgische Sabena war es auch, welche die letzte je gebaute Boeing 747-300, eine 747-300M (Combi) übernahm - am 25. September 1990. Das Flugzeug erhielt die Kennung OO-SGD. Sabena flog die Maschine bis zum Oktober 1999. Nach einem Umbau zum reinen Frachter (dabei wurden unter anderem die Fenster im Hauptdeck durch Metallblenden ersetzt) hatte das Flugzeug mehrere Betreiber, darunter Air Atlanta Icelandic und Saudi Arabian Airlines, ehe es im Frühjahr 2016 unter der Kennung EW-465TQ  bei der weissrussischen Transaviaexport Cargo landete. Diese 747-300M ist laut dem Portal "Planespotters.net" das einzige aktive Flugzeug dieser Airline und zugleich die weltweit letzte noch fliegende Boeing 747-300. Ende November dieses Jahres war sie beispielsweise in Vietnam zu Besuch, am 02. Dezember in Guangzhou. Der vorerst letzte von Online-Radardiensten registrierte Flug fand am 17. Dezember auf der Strecke Moskau-Minsk statt. Wie lange dieser Exot allerdings noch fliegen wird, ist unklar und Planespotter sollten daher jede Chance nutzen, ihn abzulichten ...

Text: Patrick Huber