Österreich

KLU-Chef Max Schintlmeister im Interview

Seit Anfang Jänner 2013 ist Mag. Max Schintlmeister (ein gebürtiger Salzburger) neuer Geschäftsführer am Kärnten Airport Klagenfurt (KLU). Als jüngster Flughafenchef will der 42-Jährige den etwas "verschlafenen" aber doch "unterschätzten" Airport neues Leben einhauchen und ihn wieder ins Bewusstsein der Flugpassagiere rücken. Im ersten Halbjahr 2013 wurden in KLU nur mehr 126.453 Passagiere abgefertigt; ergibt ein Minus von 13,31 Prozent, oder anders ausgedrückt einen Rückgang von 19.419 Passagieren im Vergleich zum selben Zeitraum des Vorjahres. Für Austrian Wings (AW) nahm sich Schintlmeister viel Zeit um ausführlich über seine Pläne für die Zukunft des Flughafens Klagenfurt zu sprechen.

AW: Was hat Sie gereizt, den Job am Kärnten Airport zu übernehmen?

Schintlmeister: Durch meine jahrelange Tätigkeit in Luftfahrtgeschäften, wie Flughafenprojektberatung, Air Terminal Management, und dergleichen habe ich zufällig diese neue Herausforderung entdeckt, mich beworben und den Job erhalten.

AW: Klagenfurt ist ja nicht gerade der Nabel der Welt, sein Flughafen verliert von Jahr zu Jahr Passagiere, warum tun Sie sich das an?

Schintlmeister: Gerade deswegen. Ich arbeite daran, dass der Flughafen Klagenfurt wieder vermehrt ins Bewustsein der Flugpassagiere kommt so nach dem Motto: "Mich gibt’s ja auch noch!", sozusagen ein Flughafen zum gern haben, jedenfalls arbeite ich hart daran.

AW: Warum verliert gerade der Kärnten Airport laufend Passagiere, während die Nachbarflughäfen zwar auch stagnieren aber auch steigende Passagierzahlen aufzuweisen haben?

Schintlmeister: Was vor meiner Zeit passiert ist, möchte ich nicht kommentieren. Fakt ist, dass Vieles richtig, aber auch Einiges falsch gemacht worden ist. So hat man Airlines mit viel Geld der öffentlichen Hand nach Kärnten gelotst, alles sah wunderbar aus, aber es fehlte an der Nachhaltigkeit. Solange Geld von den verschiedensten Quellen geflossen ist, waren die Airlines vor Ort, wie hlx.com, Tuifly, Air Berlin und Ryanair. Bei letzterer war es meiner Meinung nach ein Fehler, sie nach Klagenfurt zu holen.

AW: Warum?

Schintlmeister: Ryanair kostet bekanntlich nur Geld, man kennt das Konzept seines Gründers Michael O`Leary nur zu gut (Anm.: Nur wer zahlt bekommt uns), und hinterlässt einen fahlen Beigeschmack.

AW: Was kann man dagegen tun? Es wäre doch schade, wenn Ryanair nicht mehr nach Klagenfurt fliegen würde, oder?

Schintlmeister: Jein! Wenn Ryanair nur um viel Geld nach KLU fliegt und die Situation sich nicht ändert, sprich, wenn der Flughafen mit Ryanair weiterhin kein Geld verdient, dann ist es besser, Ryanair nicht mehr hier zu haben. Low Cost nach Ryanair-Format ist nicht wünschenswert. Es wäre zwar sehr schade um die London Verbindung, aber es gibt auch andere Lösungen und ehrlich gesagt würde es mich nicht wundern, sollte sich Ryanair demnächst von Klagenfurt verabschieden.

AW: An welche Lösung denken Sie?

Schintlmeister: Easyjet wäre eine ideale Airline für den Kärnten Airport. Sie ist zwar auch eine sogenannter Low Coster, aber nicht mit Ryanair vergleichbar. Easyjet zahlt mittlerweile die anfallenden Kosten selbst, ist günstig und würde gut zu Klagenfurt passen. Konkretes gibt es dazu aber noch nicht zu sagen.

AW: Als einzige deutsche Airline fliegt Germanwings im Linienverkehr täglich von Köln/Bonn nach Klagenfurt. Wie erfolgreich ist diese Strecke und können Sie sich weitere Ziele in Deutschland vorstellen, die gewinnbringend zu betreiben sind?

Schintlmeister: Mit Germanwings sind wir mehr als zufrieden. Mit durchschnittlich 85 Prozent Auslastung verdienen wir Geld auf dieser Strecke. Laut Marktstudien zieht es 1,4 Millionen Deutsche jährlich in den Alpen Adria Raum, rund 700.000 davon nach Kärnten, also wäre es durchaus interessant, weitere Destinationen in Deutschland anzufliegen. Hamburg und Berlin wären so interessante Märkte. Lassen Sie sich überraschen. Außerdem ist der Flughafen Köln/Bonn durch die neue Hub-Strategie der Lufthansa insgesamt stark aufgewertet, sodass man eigentlich alle europäischen Ziele auch über Köln/Bonn erreicht und mit ein bisschen Glück wird man über eine zweite tägliche Verbindung nach Köln/Bonn nachdenken müssen und wollen.

AW: Air Berlin und TUIfly sind doch schon vor einiger Zeit nach Hamburg und Berlin geflogen. Wenn die beiden Destinationen so erfolgreich gewesen wären, dann hätten sie ja nicht eingestellt werden müssen ...

Schintlmeister: Hamburger und Berliner sind schon immer gerne nach Kärnten gekommen und das ist jetzt auch noch der Fall. Nur gibt es derzeit keine attraktive Flugverbindung nach Kärnten. Ich glaube nach wie vor, dass beide Destinationen Sinn machen, auch finanziell. Wir vom Flughafen, alle Tourismusorganisationen, Kärnten Werbung, Industrie und Wirtschaft, sind an dem Thema dran. Zuerst werden wir neue Destinationen im Charter auf die Beine stellen, bei Erfolg diese dann in Linienverbindungen umwandeln. So ein Konzept wird und muss erfolgreich sein.

AW: Auf der Linie gab es früher neben Wien noch die Verbindungen nach Frankfurt/Main sowie nach München. Wären das nicht wiederum Destinationen ganz oben auf Ihrer Wunschliste?

Schintlmeister: Ja, völlig richtig, aber ohne Fleiß kein Preis. Wien und Frankfurt hatten früher zusammen rund 170.000 Passagiere pro Jahr. Derzeit befördern wir etwa 100.000 Passagiere jährlich zwischen Klagenfurt und Wien. AUA und Lufthansa werden von sich aus diesbezüglich wohl nicht aktiv werden, hier müssen schon wir die Hausaufgaben (Flughafen, Kärnten-Werbung, Wirtschaft- und Industrie) selbst erledigen und daran arbeiten wir recht hart. Eine zweite Hub-Destination neben Wien wäre für Kärnten absolut von Vorteil, damit der Flughafen wiederum besser wahrgenommen wird. Frankfurt/Main wäre hier idealer als München, aber auch Zürich könnte ein Thema sein, nur das Aufkommen in die Schweizer Metropole aus Kärnten allein ist zu gering. Wenn, dann sollte Swiss selbst fliegen beziehungsweise eine Airline mit Interline und Code-share Vereinbarungen ab Zürich.

AW: Kärnten hat aber zu wenig Businesspassagiere, da Wirtschaft- und Industrie zwar vorhanden sind, aber nicht unbedingt ganze Flugzeuge füllen können.

Schintlmeister: Richtig. Klagenfurt ist und bleibt vorrangig ein touristischer Flughafen, allerdings benötigt die quantativ kleine, aber hochwertige Industrie in Kärnten attraktive Tagesrandverbindungen nach Wien und Frankfurt/Main und wie schon erwähnt werden wir in harter Arbeit AUA und Lufthansa davon überzeugen. Grundsätzlich ist jede Airline in KLU willkommen, auch Ryanair, aber diese müssen selbst auf ihre Kosten kommen.

AW: Auch der Charterverkehr stagniert in KLU. Reiseveranstalter lassen KLU fast links liegen. Vor Jahren gab es sogar im Sommer einen Incoming Charter aus Moskau und die Hotels rund um den Wörthersee waren top ausgelastet. Wird daran gearbeitet und wie schaut die Incoming Situation im Winter aus, denn schließlich ist Kärnten ja auch in Wintersportland.

Schintlmeister: Auch daran wird gearbeitet. Ich bin mit sämtlichen Reiseveranstaltern in Kontakt.Flughafen samt Kärnten Werbung arbeiten sehr hart daran, das können Sie mir glauben. Was den Winter betrifft muss ich feststellen, dass Kärnten, im Gegensatz zu Tirol und Salzburg, kein typisches "hardcore“ Wintersportland ist, aber für Familien durchaus attraktiv sein kann. Die Wintercharterflüge aus Göteborg und Stockholm, die in den letzten Jahren von Ryanair durchgeführt wurden, werden nicht mehr stattfinden. Es hat keinen Sinn, kurzfristig einen Wintercharter anzusetzen und kaum jemand weiß Bescheid, da ist der Erfolg nur mäßig. Sehr wohl ist der norddeutsche und Berliner Markt prädestiniert für einen Wintercharter. Daher hat Hamburg und Berlin oberste Priorität für einen Wintercharter nach Kärnten.

AW: Klagenfurt liegt recht günstig im Alpen Adria Raum. Berge und Seen sind nah, das Meer in wenigen Autostunden erreichbar. Aber rundherum gibt es Flughäfen (Laibach, Graz, Salzburg, Triest-Ronchi, Treviso, Venedig usw.) die ebenfalls um Passagiere rittern, wie gehen Sie damit um?

Schintlmeister: Jeder ist seines Glückes Schmied. Gemeinsam trachten wir danach, den Alpen Adria Raum luftfahrtmäßig zu beleben. In unregelmäßigen Abständen gibt es Meetings dazu und wir führen einen regen Meinungs- und Erfahrungsaustausch. Nichtsdestotrotz bleiben wir aber Konkurrenten.

AW: Welches Einzugsgebiet umfasst Klagenfurt und wie hoch schätzen Sie generell das maximale Passagieraufkommen pro Jahr für KLU?

Schintlmeister: 90 Autominuten rund um Klagenfurt. Das ergibt rund 2,4 Millionen Menschen in diesem Einzugsbereich. Darum kämpfen wir und warum soll KLU nicht einen großen Kuchen davon abbekommen. Rund 600.000 Passagiere jährlich sollte das erreichbare Ziel für den Kärnten Airport vorerst sein. (Anm.: 522.697 Passagiere waren es im Jahre 2005, Rekordwert für KLU)

AW: Und die diversen Gebühren sind ok?

Schintlmeister: Nein, keineswegs, sie sind viel zu hoch. Hier macht die Sicherheitsgebühr (€ 17,90) alleine schon mehr aus, als auf ausländischen Airports die gesamten Abgaben. Daher runter mit den Gebühren und der Flugpreis kann noch attraktiver werden. Airlines sollen animiert werden, größeres Fluggerät (A319, A320, B737NG) nach KLU einzusetzen. Mit einem Yield ab rund 125 Euro pro Strecke und Passagier, sollte die Auslastung gut und der Preis fair sein.

AW: Bietet KLU auch Incentives an und wenn ja, welche?

Schintlmeister: Ja, absolut. Neue Destinationen. Vorteilhaft wäre eine Airline, die ab KLU mehrere neue Destinationen nachhaltig bedient. Eine Airline deshalb, da damit eine viel bessere Wahrnehmung verbunden ist, als wenn mehrere Airlines verschiedene Ziele ab KLU anfliegen. Ferner soll bei einer Verwendung von größerem Fluggerät, das auch besser ausgelastet ist, die Gebühren sinken. Also ein Anreiz, größeres Fluggerät einzusetzen. Je mehr Passagiere, desto geringer die Gebühr.

AW: Welche Bauarbeiten stehen airsidemäßig beziehungsweise im Terminal an?

Schintlmeister: Bis 2015 muss die Piste (10/28 – 2.720m x 45m) vollständig saniert werden. Ein neuer Belag, wahrscheinlich Bitumen, muß gem. Vorschrift aufgebracht werden. Ob die Arbeiten bei gsperrtem Flughafen (will niemand) oder sukzessive verkürzter Landebahn stattfinden werden, steht noch nicht fest. Variante 2 (zeitweise verkürzte Landebahn) ist aber am wahrscheinlichsten. Im Terminal muß aufgrund der neuen Sicherheitsverordnung (Flüssigkeiten) sowieso umgebaut werden, daher werden wir den Check-in Bereich erneuern und die Shops in die Gates integrieren, sodass der Passagier bis zum Abflug mit den Shops in Kontakt bleibt und eventuell den einen oder anderen Euro mehr ausgibt. Auch das übliche Travel Value Shop Sortiment (Parfums, Spirituosen, Zigaretten usw. ) soll es zwar weiterhin geben, aber auch durch ein völlig neues Sortiment von typisch einheimischen Produkten ergänzt werden. So wird zum Beispiel ein Kärntner "Pleamle"-Shop (modische Trachten) sowie ein Geschäft mit "Zotter-Schokolade“ errichtet. Ein Supermarkt wäre ganz oben auf meiner Wunschliste.

AW: Fehlt noch was?

Schintlmeister: Na, ja, man kann immer mehr machen. Den Urlaub schon am Flughafen beginnen zu lassen ist für KLU auch mein Ziel. Warum soll man nicht schon am Airport sein Fahrrad ausleihen können, das Gepäck wird ins Quartier nachgeliefert und auch diverse Transfers sollten eine Selbstverständlichkeit sein. Die "Kleinheit" des Airports ausnützen und daher flexibler sein zu können. Den Flughafen spannend zu gestalten ist mein Ziel.

AW: Klagenfurt Airport, Alpe Adria Airport, Wörthersee Flughafen, Kärnten Airport ist diese Vielfalt an Namensgebung nicht schon kontraproduktiv?

Schintlmeister: Ja, irgendwie schon. Der Name der Stadt, in der sich der Flughafen befindet, sollte schon daraus hervorgehen. Auch die ÖBB Haltestelle "Annabichl", in diesem Stadtteil befindet sich der Flughafen, soll namentlich in "Flughafen Klagenfurt-Annabichl" umbenannt werden. Gespräche mit den ÖBB Verantwortlichen laufen.

AW: Vielen herzlichen Dank für das Gespräch

Das Interview führte Franz Zussner.