Punktlandung

Auf verlorenem Posten

"Schutz & Hilfe" - so definiert das Österreichische Bundesheer seinen Aufgabenbereich, und die Bevölkerung konnte sich bisher darauf verlassen, dass es in Krisensituationen "Gewehr bei Fuß" stand, sei es bei Hochwasser- oder Lawinenkatastrophen oder im Falle politischer Krisen, in denen es galt, Österreicher und EU-Bürger rasch in Sicherheit zu bringen. Doch mit der Umsetzung der jüngsten Sparpläne der Regierung könnte eine rote Linie überschritten werden. Aber das interessiert die Bevölkerung scheinbar nicht, beziehungsweise soll es offenbar von ihr ferngehalten werden. Die Menschen würden sich tatsächlich wundern, wenn sie wüssten, was das Bundesheer schon jetzt alles nicht mehr kann ...

Safe Return 2013 Landung Blackhawk Black Hawk Geiselbefreiung Jagdkommando Foto Austrian Wings Media Crew

Die Absage der "Airpower 2015" ist da nur die Spitze des Eisberges - hinter den Kulissen gärte es schon länger und von der medienseitig abgelenkten Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, wurden Flugstunden und Treibstoffkontingente für die Fliegertruppe rigoros gekürzt beziehungsweise drohen noch schlimmere Einschränkungen für 2015. Sogar die Anzahl der Piloten für die Eurofighter (von 18 auf 12, Austrian Wings berichtete), der Sprit für die Hubschrauberverbände (-20 Prozent) und zwei volle Crews für die Hercules-Transporterflotte (ohnedies nur drei Maschinen, im internationalen Vergleich geradezu lächerlich wenig!) wurden schon reduziert, die geplante Beschaffung dreier weiterer Black Hawk Hubschrauber gestrichen. Von einem Ersatz für die museumsreifen Saab 105 ganz zu schweigen, ein solcher ist nicht in Sicht, die "Oldtimer" werden bis auf Weiteres (kolportiert wird das Jahr 2020 oder so lange bis sich ein Unfall ereignet) im Dienst stehen - wohl so lange, bis sie nicht mehr flugtauglich sind, und ob dann ein Nachfolger beschafft wird, steht in den Sternen.

Die Saab 105 sind mittlerweile fliegende Museumsstücke, die dringend ersetzt gehören - Foto: Georg Mader
Die Saab 105 sind mittlerweile fliegende Museumsstücke, die dringend ersetzt gehören - Foto: Georg Mader

Doch selbst eine Senkung der Flugstunden des Systems Eurofighter wird keine hohe Einsparungen bringen, da 81 Prozent der Kosten pro Stunde unabhängig davon entstehen, ob sich der Eurofighter in der Luft oder am Boden befindet, wie aus einem Rechnungshofbericht hervorgeht.

Air to Air Aufnahme eines Eurofighters - Foto: Georg Mader
Air to Air Aufnahme eines Eurofighters - Foto: Georg Mader

Die Folge dieses unverantwortlichen völlig selbst induzierten und keinem äußeren oder sicherheitspolitischen Faktor geschuldeten Sparwahns könnte sein, dass das Bundesheer im Ernstfall nur noch beschränkt einsatzfähig ist, und hierbei ist noch nicht einmal die Versicherungspolizze der militärischen Landesverteidigung (die aber gemäß Verfassung noch immer die Hauptaufgabe ist) gemeint, sondern die rasche und kompetente Hilfeleistung in Krisenfällen, etwas, worauf sich die Menschen in diesem Land bisher immer verlassen konnten.

Brigadier Andreas Putz, Leiter des Kommandos Luftunterstützung, brachte es jüngst in einem Interview mit der "Kleinen Zeitung" mit bemerkenswerter Offenheit auf den Punkt. Unter diesen Gesichtspunkten seien Katastrophenschutzeinsätze - etwa bei Hochwasser oder Lawinenabgängen - nur noch eingeschränkt möglich. Ähnlich äußerte sich Teilstab-Luft-Kommandant Brigadier Gruber bezüglich etwaiger – erst neulich im Parlament als logistischer Rahmenvertrag mit Zypern thematisiert – ad-hoc Evakuierungen von Österreichern durch die C-130 Hercules.

AB212 beim Landeanflug - Foto: PA / Austrian Wings Media Crew
AB212 beim Landeanflug - Foto: PA / Austrian Wings Media Crew

Doch das scheint die hohe Politik nicht weiter zu kümmern. Diese betreibt unbekümmert Bank(direktor)enrettung auf Kosten von Sicherheit (wie wenn jene Banken an der Grenze oder im schlammigen Hochwasser stehen könnten) und diktiert in Person des Finanzministers beziehungsweise mittels Klubzwang Verteidigungsminister Gerald Klug Sparvorgaben, die das Heer im Allgemeinen, und die Luftstreitkräfte im Speziellen, finanziell endgültig aushungern. Es besteht die Gefahr, dass die Regierung damit Menschenleben aufs Spiel setzt, wenn in Zukunft bei Überflutungen oder Lawinenabgängen nicht mehr genügend Hubschrauber zur Verfügung stehen oder bei der nächsten internationalen Krise die "Hercules" nicht schnell genug für Evakuierungseinsätze abheben kann.

Safe Return 2013 Bundesheer Jagdkommandosoldaten verlassen Hercules Foto PA Austrian Wings Media Crew

Den Soldatinnen und Soldaten des Heeres sowie Minister Klug kann dabei kein Vorwurf gemacht werden: Sie versuchen stets, das Unmögliche doch noch irgendwie möglich zu machen. Nur, irgendwann geht es einfach nicht mehr. Klug und seine Truppe stehen angesichts der verantwortungslosen Politik unserer Bundesregierung auf verlorenem Posten. Allerdings könnte Klug durchaus ein Zeichen des Protests setzen und zurücktreten - so wie es seine Amtskollegen in Tschechien und dem (wie Österreich) neutralen Schweden schon vor Jahren getan hatten, als ihre Budgets gekürzt werden sollten, doch in Österreich fehlt es eben an einer Rücktrittskultur. Stattdessen wird medienwirksam bedauert und irgendwie weiter "gewurschtelt" - der Leidtragende wird wohl die Bevölkerung im nächsten Krisenfall sein.

(red CvD in Zusammenarbeit mit Georg Mader, internationaler Experte für militärische Sicherheitsfragen und Österreichkorrespondent von Jane's Defence Weekly / Titelbild: Aus Ägypten evakuierte Urlauber treffen im Februar 2011 in Wien-Schwechat ein; Insider warnen, dass derartige Einsätze kurzfristig aufgrund des Sparpaketes nicht mehr möglich sein könnten / Alle Fotos,sofern nicht anders angegeben: Austrian Wings Media Crew)

Hinweis: „Punktlandungen” sind Kommentare einzelner Autoren, die nicht zwingend die Meinung der Austrian Wings-Redaktion wiedergeben.