Reportagen

Das Ende der Stadtbüros

Im heute schon fast prähistorisch anmutenden Zeitalter vor dem Internet, als man, um Flugtickets zu buchen tatsächlich noch zum Telefonhörer greifen, sein Reisebüro oder eine Vertretung der Fluglinie selbst aufsuchen musste, schossen sie wie Pilze aus dem Boden, die Stadtbüros der verschiedenen Fluggesellschaften. Für die Unternehmen war es eine regelrechte Prestigesache, über eine möglichst ansprechende Verkaufslocation in bester Lage zu verfügen.

In Wien waren die Airlines daher vornehmlich im noblen ersten Gemeindebezirk auf dem Ring vertreten. Die heimische AUA logierte direkt am Schwarzenbergplatz, Air France auf der Kärntnerstraße, um nur zwei zu nennen. Erstere hatte noch bis in die 1990er Jahre hinein sogar einen "Jetshop" an ihr Büro angeschlossen, in dem man diverse Merchandising-Artikel, wie Sonnenbrillen, Flugzeugmodelle und ähnliche Dinge, erwerben konnte.

 

Im ehemaligen AUA-Stadtbüro befindet sich heute eine Bank - Foto: PA / Austrian Wings Media Crew
Im ehemaligen AUA-Stadtbüro befindet sich heute eine Bank - Foto: PA / Austrian Wings Media Crew

 

Aber auch viele Gesellschaften, die Wien nicht oder nicht direkt ansteuerten hatten für den Direktvertrieb Kundenbüros eingerichtet.

 

Dort, wo einst Kunden der Air France ihre Tickets kauften, wird heute mit Kaffeprodukten gehandelt; die Air France Räumlichkeiten im ersten Stock dienen administrativen Zwecken und sind für Kunden nicht zugänglich - Foto: PA / Austrian Wings Media Crew
Dort, wo einst Kunden der Air France ihre Tickets kauften, wird heute mit Kaffeprodukten gehandelt; die Air France Räumlichkeiten im ersten Stock (siehe die kleinen blauen Schilder an den Fenstern) dienen administrativen Zwecken und sind für Kunden nicht zugänglich - Foto: PA / Austrian Wings Media Crew

 

Selbst nach Einführung der Buchung über Call Center und Internet hatten diese Vertriebskanäle ihre Berechtigung, mussten die Kunden doch schließlich irgendwie an ihre bestellten Tickets kommen. Als dann aber das elektronische Ticket, das so genannte ETIX, sukzessive das Papierticket verdrängte, kamen immer weniger Fluggäste in die repräsentativen Verkaufsbüros der Unternehmen, deren kühle Rechner den Rotstift ansetzten und vorrechneten, dass Miet- und Personalkosten in keinem Verhältnis mehr zum generierten Umsatz standen. Und es geschah das Unvermeidliche: Eine Fluglinie nach der anderen schloss ihr Stadtbüro, zumindest für den Kundenverkehr. Das Personal wurde abgebaut oder in andere Unternehmensbereiche "zwangsversetzt". Bestenfalls blieben kleine, für die Öffentlichkeit nicht zugängliche administrative Abteilungen bestehen, wie etwa bei Air France.

 

Auch Alitalia verfügte einst über ein großzügig dimensioniertes Büro vis a vis der Oper - Foto: PA / Austrian Wings Media Crew
Auch Alitalia verfügte einst über ein großzügig dimensioniertes Büro vis a vis der Oper - Foto: PA / Austrian Wings Media Crew

 

Aeroflot, Tarom und Iran Air waren schließlich die letzten Fluggesellschaften, die in der Wiener Innenstadt teils großzügige Kundenbüros unterhielten, aber der wirtschaftliche Druck führte dazu, dass Aeroflot in ein kleineres Büro am Opernring übersiedelte, während Tarom ihr Büro nahe dem Heldenplatz gleich komplett schloss und "zum Flughafen übersiedelte", wie den Kunden auf einem an der Tür befestigten Zettel mitgeteilt wird.

 

Das erst kürzlich geschlossene Aeroflot Büro vis a vis des Stadtparks - Foto: PA / Austrian Wings Media Crew
Das erst kürzlich geschlossene Aeroflot Büro vis a vis des Stadtparks - Foto: PA / Austrian Wings Media Crew

 

Nur wer genau hinsieht, erkennt den früheren Zweck dieser Büroräumlichkeiten  noch - Foto: PA / Austrian Wings Media Crew
Nur wer genau hinsieht, erkennt den früheren Nutzer dieser Büroräumlichkeiten noch - Foto: PA / Austrian Wings Media Crew

 

Saudia und Egyptair residieren am Opernring - Foto: PA / Austrian Wings Media Crew
Saudia und Egyptair residieren am Opernring - Foto: PA / Austrian Wings Media Crew

 

South African, Air Mauritius und Cyprus Airways haben ein "verstecktes" Büro im Opernringhof - Foto: PA / Austrian Wings Media Crew
South African, Air Mauritius und Cyprus Airways haben ein "verstecktes" Büro im Opernringhof - Foto: PA / Austrian Wings Media Crew

 

Somit verbleibt - mit Stand Anfang Juni 2013 - Iran Air als letzte Fluggesellschaft mit einem "klassischen" Stadtbüro (siehe Titelbild dieses Beitrages), wie es über Jahrzehnte das Aushängeschild aller Airlines in Wien war ...

 

Nur noch der Schriftzug Romanian Air Transport erinnert an das einstige Büro von Tarom, das heute als Lager für Fahrräder zu dienen scheint - Foto: PA / Austrian Wings Media Crew
Nur noch der Schriftzug Romanian Air Transport erinnert an das einstige Büro von Tarom, das heute als Lager für Fahrräder zu dienen scheint - Foto: PA / Austrian Wings Media Crew

 

Tarom Kunden werden auf Rumänisch, Deutsch und Englisch darüber informiert, dass das Büro geschlossen ist und man "zum Flughafen übersiedelt" sei - Foto: PA / Austrian Wings Media Crew
Tarom Kunden werden auf Rumänisch, Deutsch und Englisch darüber informiert, dass das Büro geschlossen ist und man "zum Flughafen übersiedelt" sei - Foto: PA / Austrian Wings Media Crew

 

 

 

(red / Titelbild: Das Iran Air Stadtbüro in Wien - Foto: PA / Austrian Wings Media Crew)