Punktlandung

NIKI-Pleite: Das miese Spiel der Lufthansa

Symbolbild NIKI - Foto: Huber / Austrian Wings Media Crew

Nach der Pleite der Air Berlin Tochter NIKI muss sich die Lufthansa nun heftige Kritik gefallen lassen. Denn ihr Management pokerte hoch, um die Monopolstellung des Kranichs in der Branche einzuzementieren. Doch dabei dürfte sich Lufthansa Chef Carsten Spohr kräftig verspekuliert haben. Die Leidtragenden sind jene 1.000 NIKI-Mitarbeiter, die sich nun neue Jobs suchen müssen.

Schon seit Monaten arbeitete die AUA-Konzernmutter Lufthansa ganz gezielt auf eine Übernahme der Air Berlin Töchter NIKI und Luftfahrtgesellschaft Walter hin. Die beiden Unternehmen sollten die Billigflugtochter Eurowings integriert werden. Damit hätte Lufthansa die Mitarbeiter von NIKI und LGW übernommen, allerdings zu – so wird kolportiert – wesentlich schlechteren Konditionen. Durch die so erfolgte Aufwertung der Eurowings hätte die Konzernführung rund um Carsten Spohr, dem langjährige Weggefährten mitunter nachsagen, ein eiskalt kalkulierender Karrierist zu sein, bei künftigen Tarifverhandlungen den Druck auf jene Piloten der Mainline, die noch den Lufthansa-Konzerntarifvertrag haben, noch weiter erhöhen können.

Am 13. Dezember meldete NIKI Insolvenz an, am gleichen Abend landete der letzte Flug der Airline in Wien und wurde von fast 100 NIKI-Mitarbeitern empfangen - Video: Austrian Wings Media Crew

Doch nun zog Lufthansa ihr Angebot für NIKI überraschend zurück. Die Zugeständnisse, die die EU gefordert habe, seien zu hoch gewesen, deswegen könne man das Angebot nicht aufrecht erhalten, hieß es aus der Konzernzentrale des Kranichs.

Die Frage, die sich die Öffentlichkeit und die NIKI-Mitarbeiter nun stellen ist: Hat die EU von Lufthansa tatsächlich Unmögliches gefordert? Mitnichten! Es sollte lediglich verhindert werden, dass Lufthansa durch die uneingeschränkte Übernahme von NIKI ihre Dominanz auf dem innereuropäischen Markt, insbesondere auf den Strecken zwischen Österreich und Deutschland, noch weiter verfestigt, ein de facto Monopol schafft.

Vollmundig hatte Carsten Spohr noch Anfang Dezember verkündet: "Wir übernehmen eine Niki quasi ohne Slots, wenn es dann zum OK der Europäischen Kommission kommt.“ Damit wollte der Manager die Bedenken der EU-Wettbewerbshüter zerstreuen. Und noch als die Lufthansa ihr Angebot für NIKI am vergangenen Mittwoch zurückzog, tönte Spohr, dass man doch "umfangreiche Zusagen insbesondere durch den Verzicht auf Slots angeboten" habe. Doch diese „Zugeständnisse“ seien der Kommission nicht ausreichend gewesen, bedauerte man bei der Lufthansa-Führung.

Doch die Wahrheit sieht wohl ganz anders aus, wie Recherchen des Nachrichtenmagazins „Spiegel“ ergeben haben.

So schreibt das Blatt zu der Causa:

„Nach SPIEGEL-Informationen erklärte sie (Lufthansa, Anmerkung der Redaktion) sich weder in Berlin-Tegel noch in München bereit, Start- und Landerechte von Niki preiszugeben. Nur in Düsseldorf hätte sie einen kleinen Teil ihrer Slots an die TUIfly und einen anderen Wettbewerber übertragen. Tegel, Düsseldorf und München waren die mit Abstand wichtigsten deutschen Flughäfen der Air-Berlin-Gruppe. Die Lufthansa hätte sich also eine alles dominierende Stellung in Deutschland gesichert. Denn Start- und Landerechte sind der entscheidende Engpass im überlasteten Luftraum. Und die Air-Berlin-Gruppe besaß mehr als 160.000 solcher Abflug- und Landegenehmigungen pro Jahr. Auch auf dem wichtigsten Auslandsflughafen der einstigen Air-Berlin-Gruppe, Palma de Mallorca, wollte die Lufthansa-Gruppe allenfalls einen kleinen Teil der Slots abtreten. Damit hätte der Konzern die profitablen Strecken zwischen Mallorca und dem deutschsprachigen Raum, wo selbst Air Berlin einst gutes Geld verdiente, mit großem Abstand dominiert. Und auch auf anderen beliebten Urlauber-Flughäfen sowie in Zürich wollte der Kranich-Konzern nur auf wenige Rechte verzichten. Ein Sprecher der Lufthansa sagte auf SPIEGEL-Anfrage: ,Wir dürfen dazu nichts sagen‘“.

Von der von Spohr großspurig behaupteten Übernahme „quasi ohne Slots“ ist die Realität damit wohl meilenweit entfernt.

Gerald Wissel, Chef des Hamburger Beratungshauses Airborne Consulting: "Wir beobachten schon länger die Tendenz zu Preissteigerungen auf Strecken, auf denen die Lufthansa-Gruppe eine monopolähnliche Stellung hat. Der Lufthansa ging es in dem Bieterverfahren von Anfang an vor allem darum, Wettbewerb zu verhindern."

Und so scheint es tatsächlich so, dass Lufthansa schlichtweg gepokert hat – frei nach dem Motto: Die EU-Kommission wird schon einlenken, anstatt die Arbeitsplätze bei NIKI zu gefährden.

Allein, Carsten Spohrs Rechnung ist nicht aufgegangen. Als die EU-Kommission bei ihrem "Nein" zur Übernahme blieb, stellte drehte Lufthansa der NIKI den Geldhahn zu und noch am gleichen Tag musste die Airline Insolvenz anmelden.

Die Zeche zahlen jetzt jene 1.000 Piloten, Flugbegleiter, Techniker und Verwaltungsangestellte von NIKI, die elf Tage vor Weihnachten ohne Job dastehen - und denen wohl in vielen Fällen nichts anderes übrig bleibt als sich etwa bei der Lufthansa Tochter Eurowings Europe zu bewerben, bei denen teils fragwürdige Arbeitsbedingungen herrschen, wie Austrian Wings aufgedeckt hat. Würde ethisches Verhalten des Managements eine Rolle bei der Vergabe der, im übrigen ziemlich undurchsichtigen, Skytrax-Bewertungen spielen, so hätte Lufthansa, die sich stolz rühmt, die erste 5-Sterne-Airline Europas zu sein, wohl nicht einmal einen Stern erhalten.

(TuG)

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