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Verkaufsdruck und fehlende Hygienekonzepte: LaudaMotion-Crews üben Kritik

LaudaMotion - Foto: Huber / Austrian Wings Media Crew

LaudaMotion Flugbegleiter schlagen Alarm: die Airline stellt ihnen keinerlei Schutzhandschuhe oder Desinfektionsmittel zur Verfügung.

In Zeiten von Covid-19 adaptieren zahlreiche Airlines ihre Hygienekonzepte und halten ihre Mitarbeiter zu intensiveren Schutz- und Desinfektionsmaßnahmen an. Nun beklagen LaudaMotion-Mitarbeiter der Basis in Düsseldorf, dass ihnen seit Wochen wichtige Hygieneprodukte nicht zur Verfügung stehen.

"Man hat uns drei Stoff-Schutzmasken gegeben, das war's", berichtet ein LaudaMotion-Crewmitglied im Gespräch mit Austrian Wings. Doch seit der Betriebsaufnahme nach dem Lockdown gäbe es keine einzige Packung Einmalhandschuhe mehr auf den Fluggeräten. Der Base Supervisor schiebe die Schuld auf die Cateringfirma, welche angeblich die nötige Ausrüstung nicht belädt. Das hingegen halten die Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter von LaudaMotion mehrheitlich für eine schlechte Ausrede. "Und selbst, wenn dies stimmt, wäre die Firma dennoch verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass diese Schutzausrüstung zu uns an Bord kommt", ärgert sich die Cabin Crew.

Dass selbst im Flughafensupermarkt die Handschuhe zum günstigen Preis verfügbar wären, kommentierte die Vorgesetzte nach Auskunft eines Flugbegleiters lapidar mit, "Dann kauf du sie doch selbst!"

Später hieß es, es seien Schutzhandschuhe bestellt und sollten via Palma geliefert werden. "Dieses Flugzeug muss dann wohl irgendwo über dem Atlantik verschollen sein", resigniert ein LaudaMotion-Mitarbeiter nach mehreren Wochen des Wartens. In Palma wiederum wurde der Crew mitgeteilt, dass Handschuhe aus Wien zutransportiert würden. Und die LaudaMotion-Niederlassung aus der österreichischen Bundeshauptstadt vermeldet über ihren Base Supervisor gegenüber den Mitarbeitern, dass man nach wie vor keine Schutzhandschuhe habe und das Personal selbst welche besorgen müsse.

Desinfektionsmittel für Hände- oder Wischdesinfektion suche man in den Lauda-Jets gleichermaßen vergebens, wie Flugbegleiter unisono bestätigen.

Behörden sehen achselzuckend zu
Die Umstände wurden durch LaudaMotion-Mitarbeiter bereits an die Behörden kommuniziert. "Das Gesundheitsamt sagt, es sei Sache der Bundespolizei, da es sich um eine 'Airside'-Angelegenheit handelt. Und die Bundespolizei wiederum spielt den Ball zurück ans Gesundheitsamt. Alle sagen, sie würden gerne helfen, aber ihnen seien die Hände gebunden", berichtet ein Beschäftigter.

Covid-19-positive Passagiere an Bord: keine Tests für die Crew
Ebenfalls im Stich gelassen fühlen sich die LaudaMotion-Mitarbeiter angesichts des Verhaltens ihres Arbeitgebers nach der Beförderung von Passagieren, die anschließend positiv auf eine Infektion mit dem neuartigen Corona-Virus getestet wurden. "Drei Kolleginnen wurden darüber informiert, dass sie infizierte Fluggäste an Bord hatten. Doch LaudaMotion sieht keinerlei Veranlassung zu weiteren Maßnahmen", erklärt ein Cabin Crew Kollege. Weder würde ein Test angeordnet, noch sähe das Unternehmen Grund, die betroffenen Mitarbeiterinnen vorübergehend vom Dienst freizustellen.

"Euer Hauptjob ist der Verkauf!"
Die Prioritäten von LaudaMotion, einer 100-Prozent-Tochter des irischen Billigfliegers Ryanair, scheinen auf klar anderen Aspekten zu liegen. "Euer Hauptjob ist der Verkauf. Wenn das abgeschlossen ist, könnt ihr euch um die Flugsicherheit kümmern", sei einem Mitarbeiter vor Zeugen durch einen Vorgesetzten erklärt worden. Und dieser Bordverkauf wird auch weiterhin akribisch unter die Lupe genommen. "Vor dem Corona-Lockdown hatten wir ein Tagesziel, das erreicht werden musste. Dieses wurde zwar vorübergehend offiziell gelöscht, dennoch müssen wir nach dem Dienst prompt zum Rapport, wenn die Firma meint, wir hätten beispielsweise zu wenig Parfum verkauft", erzählen Mitarbeiter. Dies bestätigen auch Flugbegleiter am Standort Wien. Hier dominiert sogar die Angst vor dem drohenden Ärger, der regelmäßig an der Tagesordnung sei, wenn die Umsätze nach Auffassung der Airline zu gering ausfallen.

Diese Firmenphilosophie scheint sich auch in der Personalqualifikation niederzuschlagen. An vielen Kolleginnen und Kollegen, die durch Crewlink - die Leiharbeitsfirma für Ryanair - geschult wurden, lassen erfahrene Angestellte, welche zuvor etwa bei anderen Airlines gearbeitet hatten, fachlich kein gutes Haar. Ein LaudaMotion-Kabinenmitarbeiter berichtet beispielsweise, dass kürzlich mehreren Crewlink-Kollegen der Mitflug verweigert werden musste. "Sie alle wussten über grundlegende Sicherheitsbestimmungen überhaupt nicht Bescheid, konnten beispielsweise die Abläufe bei diversen Notfällen nicht erklären. Standardisierte Kommandos und Prozedere waren ihnen völlig fremd. Mit dieser 'Schulung' hatte uns Ryanair diese Flugbegleiter geschickt; uns blieb nichts anderes übrig, als sie zu grounden", schüttelt deren Kollege, welcher selbst bei einer anderen Fluggesellschaft ausgebildet worden war und später aus familiären Gründen zu LaudaMotion gewechselt ist, den Kopf.

Ebenfalls wird berichtet, dass Flight Crew Mitarbeiter, welche die sogenannten Line Checks nicht bestehen, regelmäßig nach einem kurzen Ausflug zur Wiener Basis ganz ohne Auffrischungstraining wieder für einsatztauglich erklärt würden.

Meldungen an verschiedene Behörden wie die EASA, Austro Control oder das deutsche Luftfahrtbundesamt, wonach es bei der Personalqualifikation und Sicherheitskultur gravierende Mängel gäbe, verlaufen regelmäßig im Sand: "Seitens des deutschen Luftfahrtbundesamtes wurde mir mitgeteilt, dass man die Eingabe erhalten, jedoch zuständigkeitshalber an die Austro Control weitergeleitet habe", so ein LaudaMotion-Angestellter. "Doch wann immer wir etwas melden, passiert entweder gar nichts, oder es vergehen Monate bis Jahre, selbst bei sicherheitsrelevanten Angelegenheiten."

(red Aig)