International

Germanwings-Crash: Mangelende Kontrolle der Fliegerärzte?

Nach dem Absturz von Germanwings 9525, nach dem bisherigen Erkenntnisstand der Ermittler zweifelsfrei absichtlich herbeigeführt durch den psychisch schwer kranken Ersten Offizier Andreas Lubitz, werfen Öffentlichkeit und vor allem deutsche Medien mehrere Fragen auf: Einerseits, ob die Lufthansa ihre Meldepflicht an das Luftfahrtbundesamt womöglich verletzt hat (was die Airline in einer schwammigen Presseerklärung bestreitet) und andererseits, ob die Kontrolle der Fliegerärzte ausreichen ist.

In einem brisanten Bericht schreibt die Tageszeitung "Die Welt", dass die Überwachung der Fliegerärzte in Deutschland "mangelhaft" sei. Sie zitiert einen Piloten mit den Worten: "Ich kenne mehrere Kollegen, die Probleme mit Alkohol oder Drogen haben, diese aber ohne große Mühe vertuschen können" und ist nach reiflicher Recherche der Ansicht, dass die Lufthansa Lubitz Erkrankung, von der sie seit 2009 gewusst hatte, obwohl sie dies unmittelbar nach dem Crash noch abstritt, dem Luftfahrtbundesamt (LBA) melden hätte müssen.

Zu Wort kommt auch Hans-Werner Teichmüller, Präsident des deutschen Fliegerarztverbandes. Er sagt: "Wir fordern häufigere und gründlichere Laboruntersuchungen für Piloten. Es muss ein Befund her, mit dem auch der Konsum von Psychopharmaka und Drogen nachgewiesen werden kann."

Für die "Welt" ist das bisherige System ein "gefährlicher Strudel" - Zitat aus dem Bericht:

 

"Freie Arztwahl, kein Vier-Augen-Prinzip, keine detaillierten Blutbilder oder psychologische Tests, kaum Kontrolle durch das Luftfahrtbundesamt: Angesichts dieser Rahmenbedingungen ist es schon fast ein Wunder, dass nicht schon mehr passiert ist. Offenbar müssen die Auswahltests für Piloten ziemlich gut sein, sodass sich unter ihnen weitaus weniger psychisch anfällige Menschen befinden als in der Restbevölkerung. Wer dann aber einmal in ein Loch fällt, gerät in einen gefährlichen Strudel.

Dabei ließe sich ein Fall wie der von Andreas L. relativ einfach lösen. Jeder, der eine Lebens- und private Krankenversicherung hat, weiß, was gemeint ist: Wer eine Police abschließen will, befreit seine Krankenversicherung und seine Ärzte von der Schweigepflicht. Gäbe es eine solche Regelung für Piloten gegenüber dem untersuchenden Flugmediziner, dann hätten die Ärzte der Lufthansa schon nach seiner längeren Pause während der Ausbildung die Krankenversicherung von Andreas L. kontaktieren können.

Und dann hätten sie herausgefunden, dass der Bewerber aus Montabaur vor seiner Ausbildung bereits wegen Suizidabsichten in psychotherapeutischer Behandlung war. Das verkündete Oberstaatsanwalt Ralf Herrenbrück am Montag vor Ostern in Düsseldorf. Die Ermittler hatten keine Schwierigkeiten, das herauszufinden. Ihnen gegenüber gilt die ärztliche Schweigepflicht nicht mehr. Doch damit sie so weit kommen konnten, mussten 150 Menschen sterben.

Die Bundesregierung wird deshalb nun handeln müssen. Zu eklatant sind die Schwächen im System. Eine Kommission, der neben Politik und Aufsicht auch Vertreter der Berufsverbände und der Fliegerärzte angehören sollen, nimmt in dieser Woche ihre Arbeit auf. Diese würde "auch die psychologischen Kriterien und Verfahren beziehungsweise das Erkennen von psychologischen Besonderheiten" behandeln, sagte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt der "Welt". Sehr wahrscheinlich, dass der Minister schon bald viel konkreter werden muss."

(red / Titelbild: Symbolbild Germanwings - Foto: Austrian Wings Media Crew)