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Opfer kontaminierter Kabinenluft hielten Demo auf dem Flughafen Frankfurt ab

Am 28. April 2017 riefen bereits durch kontaminierte Kabinenluft geschädigte und fluguntaugliche, sowie noch aktiv im Flugdienst beschäftigte Crewmitglieder, aus ganz Europa, zu einer Demo für giftfreie Flugzeugluft auf.

Vereint im Schulterzusammenschluss forderten Vertreter der luftfahrtspezialisierten Gewerkschaften (u.A. UFO e.V., Verdi e.V.), Angehörige von Piloten und Flugbegleitern, Mediziner, Stiftungsgründer und auch Familienangehörige von teilweise schwer betroffenen Besatzungsmitgliedern, mit den Mitgliedern des Demo anmeldenden, gemeinnützigen "Intenationalen Verein für Umwelterkrankte e.V.": "Stopp kontaminierte Kabinenluft!"

Dass Nervengifte in Passagierflugzeugen, Flugzeuginsassen in Lebensgefahr bringen können, schon zu oft auch brachten und dass es bereits viel zu viele geschädigte Crewmitglieder und Passagiere gibt, wurde zweifelsfrei dargestellt. Anwesende Personen, Plakate, Flyer, Bilder und auch persönliche  Fume-Event-Fallbeschreibungen von Besatzungsmitgliedern sprachen für sich, heißt es in einer Presseerklärung des Vereins.

Die Beteiligten erhielten nach eigenen Angaben die Chance auf ungefärbte Wahrnehmung. Feststellungen, die Luftfahrtkonzerne und von diesen gesponserten "Experten" in der Vergangenheit in zahlreichen, öffentlichen Publikationen für sich in Anspruch nahmen, deckten sich nicht mit der Faktenlage, für die die Anwesenden einstanden, unterstrichen die zahlreich erschienen Betroffenen.

Teilnehmer und an den Demonstranten vorbei laufende Passagiere konnten sich die Erfahrungen von Flugbegleitern und Piloten anhören. Sie hörten von den schweren Schicksalen, die Menschen von einem Tag auf den anderen in die Lage versetzten, den alltäglichsten und zuvor einfachsten Herausforderungen nicht mehr nachgehen zu können. Crewmitglieder, die bewegt wirkten, da sie erfahren mussten, wie schlimm es war und ist, wenn man teilweise nach nur einem Vorfall mit Neurotoxinen kontaminierter Kabinenluft nicht mehr richtig sprechen, laufen, denken, sich konzentrieren, oder das Gleichgewicht halten, geschweige denn seinen geliebten Hobbys nachgehen kann.

Dauerhafte oder vorübergehend fluguntaugliche Besatzungsmitglieder, denen trotz vermeintlicher Fremdverursachung, die Kündigung aufgrund von Krankheit droht und die  gegen Windmühlen kämpfen. Stattgefundene Berufsunfälle, die in zeitlichem Zusammenhang stehende Symptome und Folgeschäden wie Lähmungen, Tremor, Taubheit, Lungen- , Herz- , Hirn und Nervenschäden auslösten - dies alles wurde laut Veranstaltern von internationalen Experten aus den verschiedensten medizinischen, arbeitsmedizinischen und toxikologischen Fachbereichen, sowie der Neurologie und Pulmonologie objektiviert und bestätigt.

Umso unverständlicher war es für die Anwesenden, dass von Arbeitgeber-, Versicherten- und auch politischer Seite bisher keine offizielle Anerkennung erfolgte. Je genauer man hinhörte und schaute, desto eher wurden Stimmen laut, die eine Systematik hinter all dem Leugnen und Ablehnen vermuteten. Die Veranstalter stellten dabei auch folgende Fragen in den Raum:

  • Warum werden Präventionsmaßnahmen nach wie vor vermieden?
  • Warum mangelt es noch immer an adäquater Ausbildung zum Umgang mit Vorfällen durch gefahrstoffreiche Arbeitsplätze?
  • Weshalb häufen sich Unfall- und Berufskrankheitsablehnungen, obwohl die "fume-event"-Unfälle erlebt und dokumentiert werden?
  • Was steht hinter den Diskrepanzen zwischen den Meldezahlen, den Ermittlungsergebnissen, den luftfahrtkonzerngesponserten Messungen und unbefangenen Forschungsergebnissen, Uneinigkeiten in Bezug auf Zuständigkeiten und Verantwortung und diversen anderen Ungereimtheiten, die vermuten lassen können, dass es sich um ein "auf Zeit spielen" handeln könnte?
    Solche und ähnliche Fragen, stellten sich die Demo-Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
  • Handelt es sich etwa um Fallzahlen, um Kurz- sowie Langzeitgeschädigte, die es nicht geben darf, weil eine Anerkennung der Ursachen und Wirkungen einem Schuldeingeständnis gleich kommen könnte und somit auch von politischer Seite Vieles gegen eine Akzeptanz sprechen könnte?

Nach Rede-, Pressetermin- und Informationspausen liefen die Demonstrationsteilnehmer jeweils in langsamen Schritten durch das Flughafengebäude Rhein/Main. Es waren Bilder, die den Atem stocken ließen. Von Ordnern und Polizei begleitet, sichtlich betroffen und an Aufklärung und Veränderung interessiert, verteilten Betroffene Flyer, sprachen Passagiere an und gaben anwesenden Journalisten Antworten auf Fragen, die ungefärbt ganz andere Eindrücke auf die Wichtigkeit des Demonstrationsgrundes ermöglichten.

Bewegende Menschenschicksale ließen die Frage aufkommen: Was ließe ein Abwarten noch rechtfertigen? Regelmäßig und täglich geschehen neue Vorfälle. Immer wieder finden Startabbrüche und Sicherheitslandungen aufgrund von Fume events statt.

Wiederkehrend erkranken Flugzeuginsassen durch toxische Kabinenluft und das meist völlig unvorbereitet und hilflos. Piloten, die handlungsunfähig werden, Sauerstoffmasken aufziehen müssen und im Nachhinein berichten, dass sie kaum wussten, wie sie die Maschinen landen sollten.

So darf es nicht weiter gehen. In dieser Hinsicht waren sich alle Teilnehmer und Unterstützer einig. "Safety first", so lautet stets die Devise, nach der Besatzungsmitglieder an Bord von Flugzeugen handeln und entscheiden sollen. Die Anwesenden bewiesen genau diese Überzeugung und Haltung und positionierten sich hierfür.

Nun sind tatsächlich die Arbeitgeber, Versicherer und auch Behörden gefragt: Die Politik muss handeln!

Man könnte meinen, dass die Verantwortlichen aus Politik und der Luftfahrtindustrie auf Zeit setzen und sich erhoffen könnten, dass sich das "Problem" von allein erledigt, wenn man nur lange genug den Mantel des Schweigens darüber legt und es aussitzt. Doch was soll sich denn durch vermeintlich inadäquates (Nicht-) Handeln ändern?, fragten die Betroffenen im Rahmen der Demo.

Die "Lawine rollt", so sah es aus und die Betroffenen aus dem In- und Ausland waren und sind sich einig: "Wir werden die Lawine weiter rollen lassen und sie wird sicherlich größer und mächtiger werden."

Es sind weitere Demos avisiert worden, weil das Ausmaß der Ungerechtigkeit durch mangelhafte Fürsorge und Prävention, wie die teilnehmenden Eltern und auch durch Kabinenschadstoffe Vergifteten beklagten, ein Aussitzen nicht mehr zulässt.

Mutig stellten sich Betroffene der Öffentlichkeit, wiesen auf Missstände hin, wie z.b. das Schließen der einzigen "Fume-Event"-Sprechstunde der Umweltmedizin Göttingen. Diese hat unter Federführung von Frau Dr. Heutelbeck und deren Netzwerkpartnerinnen bei über 400 betroffenen Passagieren und Besatzungsmitgliedern die typischen Symptome einer Vergiftung durch luftfahrtspezifische und nicht in der Umwelt vorkommende Giftstoffe objektiviert.  Hierfür initiierten vier Betroffene eine Petition, die bis heute über 72.160 Unterzeichner gewinnen konnte.

Man forderte gemeinsam Aufklärung, Hilfe für Betroffene, Anerkennung der Berufsunfälle und Berufserkrankungen, die in Folge von der Exposition mit Kabinenluftschadstoffen entstehen und eine Abkehr von zapfluftbetriebenen, nervengifthaltigen Maschinen, zum Schutz aller Flugzeuginsassen.

Die UFO e.V. positionierte sich ebenfalls mit der von ihnen organisierten Demo, am 28. März 2017,  gegen kontaminierte Kabinenluft.

Nun steht nur noch das Handeln derjenigen aus, die tatsächlich das Problem bei der Wurzel packen können. Politiker aller Parteien und auch die Verantwortlichen aller Luftfahrtkonzerne sind gefragt und aufgefordert, die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter, Wähler, Versicherten und auch Kunden ernst zu nehmen und bestenfalls den Forderungen der rund 150 Demoteilnehmer zu folgen und auf Sicherheit zu setzen.

Die täglich und weltweit vorkommenden „fume-event“ - Vorfälle und deren Auswirkungen auf Flugzeuginsassen, lassen einen Aufschub nicht rechtfertigen, denn es gibt sie, zu Genüge. Menschen, egal ob jung oder alt, ob besorgt oder unaufgeklärt, ob Vielflieger oder Crew, die gesund in ein Flugzeug einstiegen, krank ausstiegen und nie wieder volle Gesundheit erlangen konnten. Sie waren vor Ort.

(red / IVfUe / Fotos: ZVg John Hoyte / Aerotoxic.org)