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Ju 52 Crash: Mögliche Videos der Passagiere als „Blackbox-Ersatz“

Die Unglücksmaschine - Foto: Andy Herzog

Weil die am 4. August abgestürzte Ju 52, HB-HOT, weder über einen Cockpit Voice Recorder noch über einen Flight Data Recorder verfügt, legen die Unfallermittler ihr Hauptaugenmerk auf das Wrack selbst. Aber auch die Auswertung der Foto- und Videoaufnahmen der Passagiere könnten helfen, die Ursache für den fatalen Crash herauszufinden. Austrian Wings sprach mit dem Experten Markus Häfele (MH) vom Datenrettungsunternehmen Attingo darüber, wie groß die Chancen dafür sind.

AW: Herr Häfele, es ist nach dem Absturz zwar kein Feuer ausgebrochen, aber die Maschine war völlig zerschmettert. Hat man da überhaupt noch Chancen, Daten zu retten?

MH: Grundsätzlich sind die Chancen ganz gut, da die Speichereinheiten vom umliegenden Gerät nochmals einigermaßen geschützt sind. Allerdings hängt die Erfolgschance von mehreren Faktoren ab.

AW: Die da wären?

MH: Wir müssen die Art des Speichermediums unterscheiden.  Bei Smartphones etwa besteht im Falle der erhaltenen technischen Funktionsfähigkeit das Problem, dass wohl auch die Entsperr-Geste oder das Passwort mit dem Tod des Besitzers verloren gegangen ist. Aber auch dafür gibt es Spezialisten, die dann noch Daten auslesen könnten. Denn Smartphones enthalten womöglich neben Foto- und Videoaufzeichnungen der letzten Minuten und Sekunden des Unglücksfluges noch weitere Informationen, die für die Ermittler wichtig sein könnten – beispielsweise GPS-Tracks oder aber von Apple Karten oder Google Maps routinemäßig protokollierte Wegpunkte, welche Aufschluss über Geschwindigkeit, Orientierung, Höhe, etc liefern können. Einfacher ist die Datenrettung jedenfalls bei klassischen Speicherkarten im SD oder CF-Format beispielsweise. Solange das Speichermedium selbst weitgehend unversehrt ist, geht ein Retten der Daten verhältnismäßig problemlos.

AW: Und wenn die Karte selbst gebrochen ist?

MH: Dann wird es je nach Bauart, ob eine klassische NAND-Speicherzelle verbaut ist oder aber ein Monolith-Speicher vorliegt, komplizierter, aber auch in diesen Fällen gibt es Mittel und Wege.

AW: Wie lange wird es dauern, bis Spezialisten die Daten ausgelesen haben?

MH: Das kommt, wie gesagt, auf die Art des Speichermediums und seinen Zustand an. Aber wir sprechen durchaus von einem überschaubaren Zeitraum, von 2 bis 3 Tagen im besten Fall und von einigen Wochen im worst case.

AW: Vielen Dank für das Gespräch.

MH: Sehr gerne.

Markus Häfele ist studierter Diplom Ingenieur und arbeitet für Attingo - ein österreichisches Unternehmen, das sich auf die Rettung von Daten beschädigter Speichermedien spezialisiert hat.

(red)