International

Schon 1987 Ju Air Unfall durch Pilotenfehler

Die HB-HOS war 1987 in einen Unfall verwickelt - Foto: MK / Austrian Wings Media Crew

Schon der Zwischenbericht zum Ju Air Absturz mit 20 Toten vom August 2019 offenbarte eklatante Mängel im (mittlerweile eingestellten) Betrieb der Schweizer Ju Air. Kürzlich an die Öffentlichkeit gelangte Passagen des für Oktober erwarteten Abschlussberichtes sprechen von "risikoreichem" Flugverhalten und einem Pilotenfehler als Unglücksursache. Was der Öffentlichkeit kaum bekannt ist: Schon 1987 war eine Ju 52 der Ju Air wegen Fehlern der Besatzung verunfallt - damals ging der Crash allerdings glimpflich aus.

Am 29. Mai 1987 befand sich die Ju 52 HB-HOS der Ju Air mit zwei Piloten, einem Flugbegleiter und 17 Passagieren an Bord im Anflug auf die Piste 24 des Flughafens Koblenz-Winningen. Die Maschine setzte allerdings kurz vor der Piste auf, ein zu spät eingeleitetes Durchstartmanöver misslang, die rechte Tragfläche bekam Bodenberührung. Anschließend rollte der Oldtimer nach links, auch die linke Fläche schlug hart auf dem Boden auf, in weiterer Folge kam es zu einem Feuer am rechten Motor, der von herbeigeeilten Helfern laut Unfallbericht rasch gelöscht werden konnte. Nur viel Glück verhinderte eine Katastrophe mit Toten und Verletzten. Der Sachschaden an der Tante Ju betrug rund zwei Millionen Schweizer Franken.

Scan eines Zeitungsberichtes zum Unfall mit einem Foto von Thomas Frey zur Illustration

Kritik an Verhalten der Crew und behördliche Auflagen für weiteren Betrieb
Die Erkenntnisse der deutschen Unfallermittler waren kein Ruhmesblatt für Ju Air. Die Fachleute stellten fest, dass die Piloten die Beobachtung der aktuellen beziehungsweise das Einhalten der erforderlichen Fluggeschwindigkeit verabsäumt hätten. Dadurch sank die Fluggeschwindigkeit unter die Mindestgeschwindigkeit für einen sicheren Anflug. Außerdem hätte die Crew die Entscheidung zum Durchstarten verzögert getroffen nicht korrekt auf das ungewollte Aufsetzen der Maschine vor der Landebahn reagiert. Last but not least bemängelten die deutschen Ermittler auch eine inadäquate Crew Coordination im Cockpit.

Nach Ansicht erfahrener Ju 52-Besatzungsmitglieder habe zu dem Unfall zudem in erheblichem Maße die Klappenstellung von 40 Grad während des Anfluges beitragen. Bei einem Durchstartmanöver sei es für eine Zweimann-Crew de facto kaum möglich, rasch genug nachzutrimmen und die Klappenstellung zu reduzieren - einer der Gründe, weshalb die Ju 52 sowohl in den 1930er und 1940er Jahren häufig zusätzlich zu den beiden Flugzeugführern mit einem Flugingenieur beziehungsweise Bordmechaniker betrieben wurde. War ein solcher nicht vorhanden, kam zumindest der Funker mit Zusatzausbildung zum Fahren der Landeklappen bei Start und Landung zu den beiden Piloten ins Cockpit.

Die Lufthansa Berlin Stiftung betrieb ihre für Rundflüge eingesetzte Traditionsmaschine D-AQUI "Berlin Tempelhof" regulär mit Dreimann-Crew im Flugdeck, ebenso South African Airways (ZS-AFA). Auch die N352JU (aktiv) in den USA wird mit einer dreiköpfigen Flightcrew geflogen, gleichfalls die F-AZJU (aktiv) der Amicale Jean-Baptiste Salis in Frankreich. Nur Ju Air operierte ihre Ju 52 standardmäßig lediglich mit zwei Piloten und verzichtete auf einen dritten Mann.

Als Konsequenz aus dem Unfall durfte Ju Air nach Austrian Wings Recherchen jedenfalls innerhalb Deutschlands ihre Ju 52 seither auf Anweisung des Luftfahrtbundesamts (LBA) nur noch mit maximal 25 Grad ausgefahrenen Landeklappen betreiben. Ob eine ähnliche Vorgabe auch seitens der Schweizer Behörden (BAZL) erlassen wurde, ist nicht bekannt.

(red)