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Ju 52 Absturz-Zwischenbericht: Kein Hinweis auf technisches Versagen, Flotte gegroundet

Die verunglückte HB-HOT - Foto: Huber / Austrian Wings Media Crew

Am 4. August 2018 verunglückte die HB-HOT der Ju Air. Alle 20 Insassen kamen dabei ums Leben. Alle bisherigen Erkenntnisse deuteten auf einen Strömungsabriss als Unfallursache hin. Jetzt veröffentlichte die Schweizer Unfalluntersuchungsstelle (SUST) einen ersten Zwischenbericht. Mit diesem Zwischenbericht werden eine Sicherheitsempfehlung und ein Sicherheitshinweis ausgesprochen. Als Konsequenz bleiben die beiden übrigen Maschinen der Ju Air vorerst am Boden.

Nach dem Start in Locarno führte der Flug über Bellinzona, Biasca, das Bleniotal, den Lago di Luzzone, die Greina-Ebene und das Val Sumvitg in die Surselva. Um 16:51 Uhr wurde in der Region von Ilanz die Surselva nach Nordosten überquert. Um 16:53 Uhr passierte die HB-HOT etwas östlich und überhöht die Bergstation Crap Sogn Gion. In der Folge führte der Flug in etwa nord-nordöstlicher Richtung in den Talkessel südwestlich des Piz Segnas zwischen dem Atlas und den Tschingelhörnern. Gegen das nördliche Ende dieses Talkessels begann das Flugzeug annähernd um 16:56 Uhr eine Linkskurve. Die Flugzeugnase senkte sich und die Linkskurve entwickelte sich zu einer spiralförmigen Flugbahn gegen unten. Der Aufprall mit dem Gelände erfolgte wenige Sekunden später in einer senkrechten Fluglage und mit annähernd senkrechter Flugbahn. Zum Unfallzeitpunkt hatte die HB-HOT rund 10.200 Flugstunden sowie 8.783 Landungen absolviert.

Bei der Analyse des letzten Fluges der Tante Ju konnten die Ermittler auch auf Datenträger der Passagiere zurückgreifen, wie es in dem Zwischenbericht heißt: "An der Unfallstelle konnte eine grössere Anzahl von Mobiltelefonen und einzelne Filmkameras von Passagieren und Besatzungsmitgliedern sichergestellt werden. Diese Aufzeichnungsgeräte wurden beim Unfall teilweise stark beschädigt. Bis zur Veröffentlichung des Zwischenberichts konnten einzelne Datenträger ausgelesen werden. Die Reparatur- und Auslesearbeiten an der Mehrzahl der sichergestellten Geräte dauern aber weiter an und werden noch geraume Zeit in Anspruch nehmen."

Anhand des Zustandes der Propellerblätter konnten die Ermittler der SUST rekonstruieren, dass alle drei Motoren zum Zeitpunkt des Aufpralles in Betrieb waren.

Bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Zwischenberichtes lagen keine Anhaltspunkte für vorbestehende technische Mängel vor, die den Unfall hätten verursachen können, so die SUST, die damit indirekt den von vielen Fachleuten bereits durch einen Pilotenfehler verursachten Strömungsabriss als Absturzursache zu bestätigen scheint.

Übrige Ju Air Maschinen bleiben auf dem Boden
Der Abschluss der Untersuchung wird nicht vor dem kommenden Spätsommer erwartet. Die Ju Air dankt der SUST für die bisher geleistete gründliche Untersuchungsarbeit und wird die weiteren Untersuchungen nach Kräften unterstützen, betont man bei der Ju Air.

An einem zerstörten Flügel des Unfallflugzeuges wurden Korrosionsschäden entdeckt, die laut SUST aber keine Absturzursache sind. Bis diese Schäden genau untersucht sind und sichergestellt ist, dass die anderen Flugzeuge keine solchen Schäden aufweisen, müssen zwei der Flugzeuge der Ju Air, welche punkto Hersteller und Alter dem Unfallflugzeug entsprechen, vorübergehend am Boden bleiben.

Die Ju Air ist mit diesem vorübergehenden Grounding einverstanden, heißt es. Nach dem Abschluss des Sommerflugbetriebs befinden sich die beiden betroffenen Flugzeuge ohnehin bereits in Dübendorf zur umfassenden Jahreswartung. Es ist vorgesehen, den Flugbetrieb der Ju Air wie geplant im Frühling 2019 wieder aufzunehmen. Im kommenden Jahr soll auch – wie berichtet – eine ehemalige Maschine der Ju Air reaktiviert werden, sodass die Flotte wieder auf drei Maschinen anwächst.

Der beim Unfallflugzeug nun entdeckte Schaden ist keine Absturzursache. Er betrifft eines von acht Holmrohren des linken Flügels und liegt an einem Ort, wo er trotz sorgfältiger Inspektion mit den bisherigen Untersuchungsmitteln nicht entdeckt werden konnte. Er trat erst zutage, als das Flugzeug beim Absturz total beschädigt wurde.

Die Ju Air hat bereits ein Projekt gestartet, um sicherzustellen, dass ihre anderen Flugzeuge keine Schäden aufweisen, wie sie bei der Unfallmaschine vorgefunden wurden. Sie wird dabei wie bisher eng mit dem Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) zusammenarbeiten.

Seit 2011 betreiben die Ju Air, das BAZL und die Luftfahrtsparte der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) ein Programm zur langfristigen Wartung von alternden Flugzeugen. Dieses umfasst auch die Weiterentwicklung der Überwachung von Korrosion und Materialermüdung.

(red / SUST)