Reportagen

Im Portrait: AUA-Flugkapitän Manfred "Samy" Samhaber

Kapitän Manfred Samhaber - Foto: Huber / Austrian Wings Media Crew

40 Berufsjahre verbrachte der gebürtige Oberösterreicher Manfred Samhaber als Pilot in den Cockpits verschiedenster Flugzeugtypen. Nach rund 22.000 Flugstunden flog "Samy", wie ihn Freunde und Wegbegleiter nennen, jetzt in den wohlverdienten Ruhestand. Ein persönliches Portrait.

Mit der Fliegerei kam Manfred Samhaber schon als Kind in Berührung, wie er gegenüber "Austrian Wings" schildert: "Ich bin quasi direkt bei der Pistenschwelle des Linzer Flughafens aufgewachsen und habe die Flugzeuge starten und landen gesehen." Als er später seinen Präsenzdienst beim Bundesheer ableistete, war Samhaber am Fliegerhorst Hörsching stationiert und somit wieder in der Nähe seiner geliebten Flugzeuge: "Ich verpflichtete mich für drei Jahre beim Heer und am Ende konnte man ein Drittel der Verpflichtungszeit für die berufliche Fortbildung nutzen." Und wohin sein beruflicher Weg führen sollte, war für den entschlussfreudigen Oberösterreicher zu dieser Zeit längst klar: "Ich wollte fliegen und nutzte die Zeit, um zunächst meinen Privatpilotenschein und den Berufspilotenschein samt Zweimot-Rating zu erwerben."

Samhaber als Soldat beim Bundesheer - Foto: Archiv Samhaber

Kontakt zu Niki Lauda
Wieder zurück im Zivilleben, begann Samhaber Anfang der 1980er Jahre als Dispatcher für Polsterer Jets und die erste Lauda Air (die von 1979 bis 1983 mit Fokker 27 operierte) zu arbeiten. Dabei lernte er auch Airlineboss Niki Lauda kennen. Während Samhaber seine Pilotenausbildung fortsetzte, hatte er Gelegenheit als Erster Offizier gemeinsam mit Niki Lauda in dessen Falcon 10 mitzufliegen: "Niki hat gesagt, wenn ich etwas brauche, kann ich mich bei ihm melden." Eine große Chance für den jungen Flieger, die Samhaber prompt ergriff. Fortan saß er regelmäßig als Erster Offizier gemeinsam mit Niki Lauda im Cockpit.

Als Erster Offizier von Niki Lauda in dessen Privatjet - Foto: Archiv Samhaber

Als Niki Lauda 1985 die zweite Lauda Air aus der Taufe hob, wurde eine Boeing 737-200 von der niederländischen Transavia angemietet. "Und so wechselte ich von Business Jets ins Cockpit von kommerziellen Verkehrsflugzeugen", resümiert Samhaber. Nach Erlangung des entsprechenden Typeratings flog er die Boeing 737-200 zunächst als Erster Offizier: "Wir sind damals Destinationen in Griechenland oder Spanien angeflogen. So ging es beispielsweise von Wien auf die Kanarischen Inseln, mit einem Tankstopp im spanischen Sevilla."

Auf der Boeing 737 (hier im Cockpit einer 737-300 von Lauda Air) flog Samhaber insgesamt 3.150 Stunden - Foto: Archiv Samhaber

1986 erhielt Lauda Air die erste eigene Boeing 737, eine 737-300, die OE-ILF, auf der Samhaber fortan als Flugkapitän im Einsatz war. Er selbst hatte die Maschine gemeinsam mit Niki Lauda aus den USA mit mehreren Tankstopps nach Wien überstellt.

"Als wir die erste 737-300 bei Boeing abholten, ging Niki auf einmal über das Vorfeld zu einer dort abgestellten Boeing 767 und meinte, das wird unser nächstes Flugzeug."
Manfred Samhaber

Der neue Zweistrahler kam dabei nicht nur im europäischen Linien- und Charterverkehr zum Einsatz, sondern auch - heute absolut unvorstellbar - auf der Langstrecke nach Brasilien oder Asien, wie Samhaber schildert:

"Wir führten mit der 737-300 Flüge von Wien nach Recife in Brasilien durch. Dafür flogen wir von Wien nonstop auf die Kanaren, um aufzutanken. Von dort ging es weiter auf die Kapdverdschen Inseln, wo erneut getankt wurde und von dort schließlich nach Brasilien."

In Asien bediente Lauda Air damals mit der Boeing 737-300 Phuket, das natürlich ebenfalls nicht nonstop erreichbar war: "Um mit diesem Typ von Wien nach Phuket fliegen zu können, mussten wir Tankstopps in Bahrain und Colombo einlegen."

Wechsel auf richtiges Langstreckengerät
Als sich die Ankunft der ersten Boeing 767-300ER für Lauda Air abzeichnete, ging Samhaber gemeinsam mit anderen Piloten der Lauda Air nach Australien um bei der dortigen Fluggesellschaft Ansett (übrigens die einzige Airline der Welt, die die 767 jemals mit Flugingenieur im Einsatz hatte) das Typerating für die Boeing 767 zu erwerben. Im April 1988 traf die erste 767 der Lauda Air, die OE-LAU, auf dem Flughafen Wien Schwechat ein. Die Maschine war zuvor bei Boeing als Testmaschine im Einsatz gewesen. Dadurch hatte sie Lauda Air zwar günstig erstanden, auf der anderen Seite reichten die Flugleistungen dieses Flugzeuges nicht an die späterer 767-300ER aus der Serienproduktion heran.

Boeing 767-300ER von Lauda Air - Foto: Werner Fischdick

"Ich flog die Boeing 767 von 1988 bis 1996 und war wirklich auf der ganzen Welt unterwegs. Es war eine schöne Zeit damals. Wir flogen mit der 767 unter anderem nach Hongkong, Sydney, Melbourne, Taipeh, Miami oder Los Angeles. Ab 1994 unterstützte ich den Aufbau der Lauda Air Italy und war viel in der Karibik unterwegs, steuerte Plätze wie Fortaleza, Cancun, Kingston, Punta Cana oder Barbados an", schwärmt Samhaber noch heute von dieser Zeit. Fast ein Jahr lang war er in diesem Zeitraum auch in Australien stationiert und flog ausschließlich die Rotation Sydney - Bangkok - Phuket - Sydney.

Die Triple Seven kommt
1996 wurde Samhaber von Niki Lauda zu Boeing nach Seattle geschickt, um die bevorstehende Einflottung der Boeing 777 zu begleiten. Nachdem er die erste Boeing 777, die noch heute bei der AUA im Einsatz befindliche OE-LPA, nach Österreich überstellt hatte, wurde der Zweistrahler nicht gleich im Linienverkehr eingesetzt. "Es gab Festveranstaltungen und Präsentationsflüge nach Salzburg, Graz, Hamburg und München", erinnert sich Samhaber im Gespräch mit "Austrian Wings." Besonders in Erinnerung blieb ihm der Festakt in Salzburg: "Wir führten an diesem herrlichen Herbsttag mit 26 Grad einen Rundflug durch. Da kam der Funkspruch, dass Innsbruck die Maschine auch gerne sehen würde und wir sind dann nach Innsbruck und haben dort einen Lowpass gemacht, ehe wir zurück nach Salzburg sind."

Chefpilot und Ausbilder
Aufgrund seiner langjährigen Erfahrung wurde Samhaber zum Chefpilot und Flottenchef der Boeing 777 ernannt und führte diese Funktion weiter aus, als die konkursreife Lauda Air 2002 vollständig von Austrian Airlines übernommen wurde. Auch das AUA-Management war mit den Leistungen des erfahrenen Piloten zufrieden und so begleitete er gemeinsam mit seinen Kollegen ab dem Jahr 2007 den Aufbau der neuen Fluggesellschaft Aerologic.

"Fliegerei ist immer Teamwork. Das gilt für die Arbeit im Cockpit ebenso wie für die Arbeit des Kabinenpersonals."
Manfred Samhaber

Später wirkte er auch bei der Schulung der Piloten der Lufthansa Cargo und der SWISS auf die Boeing 777 mit. Denn neben seiner Tätigkeit als Pilot und Manager hatte sich Samhaber zwischenzeitlich zusätzlich als Prüfer und Ausbilder qualifiziert.

Kapitän Samhaber auf dem Weg vom AUA-Hauptbüro zum Flugantritt - Foto: Huber / Austrian Wings Media Crew

Rückkehr zu den Wurzeln
Im Jahr 2016, "an meinem 60. Geburtstag", traf Samhaber die Entscheidung, dass er wieder "zurück zu meinen Wurzeln" wollte: "Ich war die letzten 20 Jahren als Management-Pilot tätig, was sehr herausfordernd war und viel Spaß gemacht hat, aber auch sehr viele administrative Tätigkeiten mit sich gebracht hat. Die letzten fünf Jahre meines Berufslebens wollte ich einfach wieder mehr auf der Linie fliegen und legte daher meine Funktionen als Management-Pilot zurück."

Bei Nacht im Cockpit einer Boeing 777-200ER - Foto: AUA / Archiv Samhaber

"Luftbrücken"-Kapitän
Als die bis heute andauernde Corona-Pandemie im Frühjahr auch die AUA hart traf und die Fluglinie den regulären Betrieb erstmals in der Geschichte der Nachkriegs-AUA einstellen musste, gehörte Samhaber zu jenen Piloten, für die es kein Zögern gab, als Freiwillige für Evakuierungsflüge und den Transport medizinischer Ausrüstung zum Kampf gegen die Pandemie gesucht wurden. Auch seine Frau, eine Purserin, erklärte sich sofort zu diesen Flügen bereit.

"Ich habe meine Tätigkeit nie als Arbeit, sondern als Privileg gesehen. Ich durfte in die schönsten Länder dieser Erde reisen und wurde dafür auch noch bezahlt. Aber das Leben ist eben nicht nur immer angenehm, es gibt auch Dinge, die einfach getan werden müssen. Zudem ist es ein gutes Gefühl, seinen Beitrag zu leisten und Corona-Tests sowie Schutzausrüstung für die Ärzte und Pfleger, die an vorderster Front gegen die Pandemie kämpfen, nach Österreich zu fliegen", erläutert Samhaber.

Am 29. März 2020 war "Samy", wie er von Freunden und Wegbegleitern genannt wird, einer der vier Piloten, die den Evakuierungsflug "Austrian One" nach Australien durchführten - wir berichteten mit Video. Da Samhaber die Australien-Strecke zu Lauda Air Zeiten viele Jahre lang geflogen und auch fast ein Jahr in Sydney stationiert war, kannte er die Route, den Flughafen Sydney und auch die örtlichen Gegebenheiten und Besonderheiten sprichwörtlich wie seine Westentasche: "Wir waren vier Piloten, zwei Kapitäne und zwei Erste Offiziere und haben uns auf dem mehr als 16.000 Kilometer langen Nonstopflug regelmäßig abgewechselt."

"Bei unserem Nonstopflug von Wien nach Sydney habe ich das erste Mal in meinem Pilotenleben gesehen, dass die Tanks der Boeing 777 wirklich randvoll mit 136,5 Tonnen Kerosin betankt wurden."
Manfred Samhaber

Als die Besatzung Funkkontakt mit den australischen Fluglotsen aufnahm, wurde sie freudig mit den Worten "Welcome back, Austrian One" begrüßt, erinnert sich der Pilot.

Take Off in den Ruhestand
Jetzt verabschiedet sich der begeisterte Sportler - Rennradfahren und Kitesurfen - in den wohlverdienten Ruhestand. Nach annähernd 22.000 Flugstunden und 40 Jahren im Cockpit, hob er am 22. Jänner zum letzten Mal von Wien aus im Cockpit einer Boeing 777, der OE-LPC, ab.

Auf seiner letzten Rotation, von der Samhaber gestern Abend zurückgekehrt ist, bestand die Crew aus langjährigen Webegleitern - Foto: Huber / Austrian Wings Media Crew

Das Ziel Mauritius hatte er sich selbst ausgesucht, Cockpit- und Kabinenbesatzung bestanden auf dieser Rotation aus langjährigen Freunden und Weggefährten Samhabers. Gestern um 18:59 Uhr Lokalzeit kehrte er an Bord der OE-LPE aus Mauritius zurück. Die Landung in Wien erfolgte auf der Piste 34.

"Die vergangenen 40 Jahre haben sich trotz Arbeit immer gut angefühlt. Es war jeder Flug eine Freude für mich."
Manfred Samhaber

"Es gab für mich viele Höhepunkte in meiner fliegerischen Laufbahn. Besonders in Erinnerung geblieben sind mir unter anderem die Landungen auf dem alten Flughafen Kai Tak in Hongkong sowie die erste Landung in der Boeing 777 auf Madeira."
Manfred Samhaber

Es war Samhabers letzte Landung als AUA-Kapitän:"Für mich war Pilot der schönste Beruf der Welt, ich konnte meinen Traum verwirklichen und leben." Ob er in der Pension privat fliegen wird, kann er noch nicht sagen: "Man hat ja auch noch andere Hobbies (lacht) aber ganz ausschließen kann ich nicht, dass ich weiter fliege. Möglicherweise arbeite ich freiberuflich als Ausbilder für andere Unternehmen oder führe Überstellungsflüge und dergleichen durch. Mal schauen, ich lasse es auch ein bisschen auf mich zukommen."

Austrian Wings wünscht Manfred "Samy" Samhaber einen erfüllten Ruhestand und noch viele glückliche Jahre im Kreise seiner Liebsten.

(red HP)