Reportagen

Die P 38 der Flying Bulls

Letzte Aktualisierung: 12. Jänner 2011 / 15:46 Uhr

Am 09. März 2009 herrschte helle Aufregung am Flughafen Salzburg. In freudiger Erwartung auf die Ankunft des neuesten Mitgliedes Flying Bulls, drängten sich Mitarbeiter von Red Bull, Journalisten und Schaulistige am und rund um den Flughafen. Um17:36 landete sie schließlich – die P 38L Lightning, N-25Y. Austrian Wings erzählt ihre Geschichte.

Sigi Angerer und Dietrich Mateschitz sind in der heimischen Szene keine Unbekannten. Sigi Angerer ist leidenschaftlicher Flieger und holte als bislang einziger Pilot eine Corsair nach Österreich.

Dietrich Mateschitz ist Vollblutunternehmer, Chef von Red Bull und ebenfalls Luftfahrtenthusiast. Für die Luftfahrtbegeisterten in Österreich war diese Symbiose ein Glücksfall, gibt es doch nicht zuletzt deshalb seit einigen Jahren die „Flying Bulls“ mit ihrer historischen - und vor allen Dingen flugfähigen - Flugzeugflotte, darunter eine Bell AH 1 Cobra, mehrere Alpha Jets, eine North American B 25J Mitchell und eine Douglas DC 6, die im futuristisch anmutenden Hangar 7 am Salzburger Flughafen ihre Heimat hat.

Diese illustre Sammlung seltener Fluggeräte hat nun endlich Zuwachs bekommen. Nach mehr als dreijähriger Restaurierung traf am 09. März kurz nach 17:30 eine P 38L „Lightning“ (Blitz) im Hangar 7 ein.

Die N-25Y vor dem Hangar 7 am Flughafen Salzburg - Foto: M. A.

Eine „Lightning“? Was bitte ist denn das?

Das fragen sich vermutlich nicht wenige Menschen, wenn sie diese Zeilen lesen, gehört die P 38 doch nicht gerade zu den bekanntesten historischen Flugzeugen.

Die Lockheed P 38 Lightning war ein zweimotoriger schwerer (Langstrecken-) Jäger, der von den US-Luftstreitkräften während des Zweiten Weltkrieges vorwiegend im Pazifikraum eingesetzt wurde, während in Europa nur verhältnismäßig wenige Exemplare im Einsatz standen. Insgesamt wurden mehr als 10.000 "Lightnings" gefertigt.

Heute fliegen weltweit nur noch sechs P 38 „Lightnings“, jene der Flying Bulls ist gegenwärtig das einzig flugfähige Exemplar außerhalb der USA.

Diese P 38 wurde 1944 als L-Serie, die vorletzte Version, gebaut und war zuletzt im Besitz der us-amerikanischen Fliegerlegende Marvin „Lefty“ Gardner.

Gardner bewarb sich als Kind bei der Air Force, wo er jedoch nicht wie erhofft waghalsige Manöver mit Jagdflugzeugen fliegen durfte sondern auf mehrmotorigen Maschinen Dienst versah. Später hielt er sich als selbstständiger Agrarflieger im wahrsten Sinne des Wortes in der Luft und begann ausrangierte „Warbirds“ zu sammeln. Im Rahmen dieser Sammelleidenschaft erwarb er schließlich auch eine 1944 gebaute P 38L „Lightning“, die nie im Kriegseinsatz gestanden hatte.

Die Maschine wurde in einen flugfähigen Zustand versetzt, erhielt eine auffällige weisse Bemalung und den Spitznamen „White Lightnin'“ Lefty Gardner tourte mit ihr in den USA von einer Flugschau zur nächsten, wo der seltene Vogel jedes Mal die Massen begeisterte.

Die "White Lightnin' " im Flug - Quelle: Youtube

Dann, vor einigen Jahren, geschah es - die Maschine befand sich auf dem Rückweg von Reno, als einer der beiden Motoren Feuer fing. Gardner gelang zwar eine Notlandung, die Maschine war allerdings schwer beschädigt, eine Reparatur kostete Unsummen. Zwar gingen zahlreiche Spenden für die Restaurierung der „White Lightnin'“ ein, doch diese hätte weitaus mehr gekostet, sodass die Gelder schlussendlich zurückbezahlt wurden.

Nach der Notlandung schien es, als würde die Maschine nie wieder fliegen - Foto. R. Myer

Das Flugzeug blieb schwerbeschädigt am Boden, und fast schien es, als sollte es nie wieder in sein Element zurückkehren. Doch man hatte die Rechnung ohne Sigi Angerer und die Flying Bulls gemacht. Zwar wollten diese ihre Flotte aufstocken, doch das bevorzugte Muster war eine P 51 Mustang. Sigi Angerer, Chefpilot der fliegenden Bullen, der schon die B 25J Mitchell nach Salzburg geholt hatte, konnte das Management jedoch überzeugen, mit Lefty Gardner in Verhandlungen über den Kauf der P 38 einzutreten.

Man wurde sich schließlich einig und die FlyingBulls konnten die „White Lightnin'“ inklusive zahlreicher Ersatzteile erwerben.

Quelle: Youtube

Die P 38 sollte in den USA restauriert werden und anschließend ihre neue Heimat im Hangar 7 in Salzburg finden. Nach mühseligen Restaurierungsarbeiten bei Ezell Aviation, konnte die N-25Y, so ihr amtliches Kennzeichen, am 02. Juni 2008 schließlich in einem als neuwertig zu bezeichnenden Zustand zu ihrem zweiten „Erstflug“ abheben.

Die Flugerprobung in den USA verlief erfolgreich - Fotos: Flying Bulls


Das praktisch fabrikneue Cockpit der P 38; Raimund Riedmann, einer von drei Piloten: "Sie ist ein sehr agiles Flugzeug, wir fliegen sie ca. 60 bis 70 Stunden pro Jahr auf Airshows." - Foto: P. Radosta / Austrian Wings

Blick auf den "Powerquadranten": Die silbernen Hebel ganz links regeln das Gast, die beiden blauen die Propellerverstellung und die beiden roten das Benzin-Luftgemisch der Triebwerke; das in der Bildmitte erkennbare schwarze Rad dient der Höhenrudertrimmung  - Foto: P. Radosta / Austrian Wings

Doch es sollte noch mehr als ein halbes Jahr dauern, ehe die „Lightning“ nach Österreich kam.

Triebwerkstestlauf - Quelle: Youtube

Die schwierigste Hürde, die es zu meistern galt, war die Frage nach der Art der Überstellung - Flug oder Schiff? Oder eine Mischung aus beidem?

Zunächst zog Angerer in Erwägung, die Maschine selbst über den Atlantik zu fliegen, gab diesen Plan jedoch schlussendlich aufgrund der ihm zu hoch erscheinenden Risiken auf. Am Ende stand eine salomonische Lösung.

Er überführte die Maschine fliegend nach Pensacola. Anschließend wurde sie per Bodentransport zum Hafen transportiert, wobei sie mehrmals mittels Kränen über ansonsten unüberwindbare Straßenkreuzungen gehoben werden musste. Anschließend ging es mit dem Schiff in einer mehrwöchigen Reise nach Europa. Die Ankunft in Hamburg erfolgte am 06. März 2009.

Da aufgrund des Wetters die Weiterreise nach Salzburg mehrmals verschoben werden musste, dauerte es noch bis zum 9. März, ehe die P 38 den letzten Abschnitt ihrer Reise dann in ihrem ureigensten Element - der Luft - mit bis zu 500 km/h Reisegeschwindigkeit zurücklegen konnte und, wie eingangs erwähnt, am 09. März 2009 - nach einer wetterbedingten Zwischenlandung in Oberpfaffenhofen - um 17:32 am Flughafen Salzburg eintraf, wo sie seither der neue Star im Hangar 7 ist.

Sigi Angerer landete die P 38 Lightning um 17:36 Uhr in Salzburg und wurde begeistert empfangen - Fotos: M. A.


Eines der beiden mächtigen Allison V1710-111/113 Triebwerke der Lightning - Foto: P. Radosta / Austrian Wiings

Ihren ersten großen öffentlichen Auftritt hatte die P 38 der Flying Bulls auf der Airpower 2009 in Zeltweg, und sicherlich wird sie auch im Jahr 2011 wieder dort zu sehen sein.

Winterzeit ist Wartungszeit und solch alte Schätze benötigen besonderes viel Pflege: Die P 38 im Hangar 8 in Salzburg - Foto: P. Radosta / Austrian Wings

Auf jeden Fall heiße ich sie, jene fliegende Legende, die von ihren ehemaligen Gegnern im Zweiten Weltkrieg, aufgrund ihrer markanten Form und der schweren Bewaffnung, den Beinamen "Gabelschwanzteufel" erhielt, im Namen von Austrian Wings bereits jetzt in ihrer neuen Heimat Österreich herzlich willkommen und wünsche Sigi Angerer und den anderen Glücklichen, die sie fliegen werden, stets eine sichere und wohlbehaltene Heimkehr von ihren "Ausflügen".

Technische Daten:

Kennzeichen: N-25Y
Werksnummer: AF44-53254
Spannweiter: 15,8 m
Länge: 11,50 m
Höhe: 4 m
Max Startgewicht: 7.484 kg
Höchstgeschwindigkeit: 666 km/h
Reisegeschwindigkeit: 443 km/h
Triebwerke: 2x Allison V1710-111/113 je 1.475PS
Dienstgipfelhöhe: 12.192 m

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Links:

Flying Bulls

Fotos von der Restaurierung

Ezelle Aviation

(red CvD)