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Anwälte: "Mängel an Concorde waren seit Jahrzehnten bekannt"

Die Anwälte der Hinterbliebenen des Piloten jener Concorde, die im Juli 2000 kurz nach dem Start in Paris abstürzte und 113 Menschen in den Tod riss, behaupten nun, dass das Unglück vermeidbar gewesen wäre.

Sie führen an, dass Strukturmängel an dem Überschallflieger "seit Jahrzehnten" bekannt gewesen, von den Behörden aber aus "Prestigegründen" verschwiegen worden seien. Das berichtet der "Spiegel".

Das Anwaltsteam Roland Rappaport und Claire Hocquet - es vertritt die Hinterbliebenen von Flugkapitän Christian Marty - habe das Urteil des Oberlandesgerichts Versailles vom 29. November 2012 analysiert und sei zu dem Schluss gekommen, dass die seit Jahrzehnten bekannten Schwächen schon mehrfach zu Beinhahe-Unfällen geführt hätten.

Sie kamen außerdem zu dem Schluss, dass "die Richter durchaus verstanden haben, was passiert, wenn wirtschaftliche, finanzielle und Prestige-Überlegungen die Sicherheitsansprüche in den Hintergrund drängen und hohe Beamte ihre Verantwortung nicht wahrnehmen", so der "Spiegel" weiter.

Das Urteile räume auf mit der "verbreiteten und sorgsam gepflegten Vorstellung", dass ein Metallteil auf der Piste, das eine DC-10 zuvor verloren hatte, allein für das Unglück verantwortlich sei.

Bereits seit dem Jahr 1979 nämlich seien strukturelle Mängel des Überschalljets bekannt gewesen. Am 14. Juni beispielsweise musste eine Concorde auf dem Weg von Washington nach Paris umkehren, als während des Fluges ein Loch in der Tragfläche entdeckt wurde - verursacht durch "Gummistücke und Rad-Schrapnell", das auch "ein Triebwerk, drei Tanks und mehrere hydraulische wie elektrische Leitungen" beschädigt hatte.

Laut den Anwälten sei dies kein Einzelfall gewesen - ähnliche Vorfälle habe es auch im Oktober 1979 sowie im Februar 1981 gegeben.

In den 24 Jahren des Concorde-Betriebes bis zum Jahr 2000 seien an den 13 Jets von Air France und British Airways nicht weniger als 84 Fälle von Reifenplatzern dokumentiert, in 16 Fällen seien die Probleme als "schwere Zwischenfälle" klassifiziert worden, in sechs Fällen sogar als "Unfall".

Am 3. Oktober 1979 habe sogar der französische Transportminister auf die Frage von Präsident Valéry Giscard d'Estaing geantwortet: "Es gibt Unfälle, die schwer waren, manchmal sehr schwer, zumal der Unfall von Washington war sehr schwer, man ist nur mit knapper Not der Katastrophe entgangen."

Dennoch seien keine Verbesserungen an den Zellen der Flugzeuge vorgenommen worden. Der Hersteller habe lediglich lapidar auf die "laufende Suche nach möglicherweise verletzbaren Zonen oder eventuelle Modifikationen der Außenhaut" hingewiesen, obwohl Experimente gezeigt hätten, dass in sechs von neun Fällen die Treibstofftanks durch Reifenteile beschädigt worden seien.

(red NE, CvD)