Reportagen

Pan Am 214: Tödlicher Blitzschlag

Wind und Wetter, selbst heftige Gewitter, stellen für moderne Flugzeuge heute nur noch verhältnismäßig geringe Gefahren dar. Sogar einen direkten Blitzeinschlag überstehen Verkehrsflugzeuge ohne gröbere Schäden, keinesfalls stürzen sie deshalb ab. In den Anfängen der Fliegerei war das anders, die Piloten wussten das und mieden deshalb Gewitter tunlichst. Mit Einführung der großen Jets schien die Gefahr aber geringer geworden zu sein, bis der Absturz einer Pan Am 707 vor genau 50 Jahren, am 8. Dezember 1963, alle 81 Menschen an Bord das Leben kostete.

Am Morgen des 8. Dezembers 1963 startete die Boeing 707-121 (N709PA, Taufnahme Clipper Tradewind) in Philadelphia mit Ziel Puerto Rico. In Baltimore legte der vierstrahlige Jet eine Zwischenlandung ein.

Bei der Landung Puerto Rico befanden sich schließlich noch rund 25.000 Pfund Kerosin in den Tanks, weitere 78.000 Pfund wurden getankt. Treibstoff genug um nötigenfalls Warteschleifen fliegen oder einen Ausweichflughafen ansteuern zu können, denn für den Rückflug nach Philadelphia waren schwere Gewitter vorhergesagt.

Um 16:10 Uhr hob die Maschine als Flug Pan Am 214 (Rufzeichen Clipper 214) mit 73 Passagieren und 8 Besatzungsmitgliedern an Bord ab und erreichte die Zwischenstation Baltimore um 19:35 Uhr, wo ein Pan Am Techniker die Maschine inspizierte und die Betankung überwachte.

Rund 50 Minuten später startete Clipper 214 erneut und nahm Kurs auf seine Enddestination Philadelphia.

Um 20:42 Uhr erreichte die Maschine das Funkfeuer Newcastle und erhielt vom Fluglotsen die aktuellen Wetterinformationen, die alles andere als rosig waren. Der Kapitän entschied sich, Warteschleifen zu fliegen und auf eine Wetterbesserung zu hoffen. Der Fluglotse teilte Clipper 214 mit: "Expect approach clearance at 21:10hrs ..."

Um 20:50 Uhr teilte die Besatzung der Pan Am Maschine der Bodenkontrolle mit, dass sie jetzt für einen Landeanflug bereit sei, doch der Lotse wies Clipper 214 an, gemeinsam mit den fünf anderen Maschinen im Holding zu bleiben.

Rund 8 Minuten später wurde die Maschine von einem Blitz getroffen. Dadurch entzündeten sich die Treibstoffdämpfe, die sich im fast leeren Reservetank Nummer 1 gebildet hatten, explosionsartig, was zum Verlust des äußeren Teils der linken Tragfläche führte.

Die Boeing 707 geriet außer Kontrolle und stürzte ab. Um 20:58:56 empfing der Lotse der Anflugkontrolle in Philadelphia den letzten Funkspruch der Pan Am Maschine: "Mayday, Mayday, Mayday! Clipper 214 out of control. Here we go."

Die Besatzung des National Airlines Fluges 016, der sich ebenfalls im Holding befand, beobachtete den unkontrollierte Sturzflug der Pan Am 707 und funkte "Clipper 214 is going down in flames" an die Anflugkontrolle.

Wenige Sekunden später schlug die N709PA auf offenem Gelände bei Elkton, Maryland auf und wurde völlig zerstört. Alle 81 Menschen an Bord starben.

Schema der Tanks in der Boeing 707 N709PA - Grafik: Offizieller Unfalluntersuchungsbericht
Schema der Tanks in der Boeing 707 N709PA - Grafik: Offizieller Unfalluntersuchungsbericht

Die Untersuchungsbehörden kamen zu dem Schluss, dass die Kerosindämpfe im Tank vermutlich nicht durch den Blitzschlag explodiert wären, wenn die Maschine mit einem Blitzableiter ausgestattet gewesen wäre. Die FAA ordnete als Konsequenz aus dem Absturz von Pan Am 214 an, dass künftig alle Flugzeuge, die im US-Luftraum operieren mit solchen "Static dischargers" ausgestattet sein müssen.

Durch den Absturz von Pan Am 214 wurde laut Guinness Buch der Rekorde (Ausgabe 2005) auch ein trauriger Rekord aufgestellt: Es ist die größte Anzahl von Todesopfern, die je ein einzelner Blitzeinschlag gefordert hat.

(red / Titelbild: Boeing 707-100 von Pan Am, Symbolbild - Foto: Pan Am, Archiv Austrian Wings Media Crew)