Punktlandung

In eigener Sache: Warum Meinungsfreiheit nicht Schrankenlosigkeit bedeutet

Foto: Austrian Wings Media Crew

Ein großes Dankeschön an unsere Leser. Rund 99 Prozent von ihnen zeigen, dass sie auch in Pandemiezeiten absolut verantwortungsbewusst sind. Gestern hat die Chefredaktion ein Facebook-Posting veröffentlicht, in dem ausführlich dargelegt wurde, weshalb es keine Zensur ist, wenn gewisse Beiträge gelöscht und einzelne User gesperrt werden (müssen). Mit Stand heute, 16. 11. 2021, 09:05 wurde dieser Beitrag 494 "Daumen nach oben", nur 10 User waren anderer Meinung. Auch der Kommentar-Reigen unterhalb war zu mehr als 99 Prozent positiv. Vielen Dank an die Austrian Wings Leserschaft, die damit nicht nur das eingangs erwähnte Verantwortungsbewusstsein, sondern auch Intelligenz bewiesen hat. Aus Gründen der Archivierung (wer weiß schon wie lange es Facebook gibt oder nicht mal alle Beiträge etwa durch einen Hackerangriff verschwinden) wird der Facebook-Text von gestern nachfolgend 1:1 auch redaktionell als Punktlandung veröffentlicht.

Es ist traurig: In gut zehn Jahren mussten wir nur eine Handvoll User auf Facebook sperren. Doch allein angesichts unserer Reportage zur Corona-Impfung in der AUA T7 mussten wir innerhalb von zwei Tagen 10 Usern die Schreibrechte auf unserer Facebook-Seite entziehen, weil sie entgegen den hier geltenden und unmissverständlich kommunizierten Regeln medizinische Fakenews gepostet oder uns bzw. den Autor mitunter sogar aktiv bedroht haben ( "werdet Euch für Hetze verantworten müssen wenn Corona vorbei ist" ). Nicht, dass wir Drohungen solcher kognitiven Tiefflieger tatsächlich ernst nehmen würden, aber es zeigt, auf welchem Niveau Egoisten, Überängstliche und dumme Menschen agieren, wenn ihnen die medizinischen Sachargumente ausgehen (sofern sie jemals welche hatten) oder wenn man von ihnen umsetzbare Vorschläge zur Entlastung der Intensivstationen einfordert.

Unter den Gesperrten ist leider auch ein langjähriger Stammleser, der allen Ernstes einen Link zu einer Seite geposted hat, die nicht nur im tiefsten rechtsextremen Spektrum verortet ist, sondern auch nachweislich medizinische Fakenews zum Thema Corona verbreitet (hat), von völlig abstrusen Inhalten zu anderen Themen einmal abgesehen. Wenn dann dieser jemand allen Ernstes von einer seriösen unabhängigen Seite spricht, dann ist der Bogen überspannt, obwohl mit diesem User bislang viel nachsichtiger umgegangen wurde, als mit den meisten anderen.

Freiheit nur für Verantwortungsbewusste
Gerne kommt an dieser Stelle von externer Seite der Vorwurf der Zensur. Das ist natürlich völliger Unsinn. Jede Form der Freiheit bedingt allerdings, dass derjenige, der eine Freiheit nutzt, der Verantwortung gerecht wird, die damit einhergeht. Es gibt im Leben keine Freiheit ohne Verantwortung und keine Rechte ohne Pflichten.

Wer heute als Führerscheinbesitzer die "Freiheit" hat, mit dem Auto zu fahren, wird diese Freiheit ganz schnell wieder los sein, wenn er mit Tempo 100 durch die 30er-Zone vor einer Schule rast. Wer heute als Jäger die Freiheit besitzt, ein Gewehr zu führen, wird diese Freiheit ganz schnell wieder los sein, wenn er etwa betrunken einen Passanten mit der Waffe bedroht. Wer heute als Verkehrsflugzeugführer die Freiheit besitzt, einen A320 zu steuern, wird diese Freiheit ganz schnell wieder los sein, wenn er während des Fluges eines seiner Kinder auf dem Pilotensitz Platz nehmen lässt (gab es alles schon, Beispiele aus der Realität). Die Liste mit derartigen Beispielen ließe sich noch lange fortsetzen.

Und ganz genau so verhält es sich mit der Meinungsfreiheit. Meinungsfreiheit bedeutet nicht Schrankenlosigkeit, im Gegenteil. Wer diese Freiheit missbraucht, um medizinische Fakenews oder Behauptungen zu verbreiten, die nicht dem wissenschaftlichen Stand der Forschung zum Thema Corona entsprechen, der verliert hier auf Austrian Wings diese Freiheit. Wer meint, uns sinngemäß mit einem "Volksgerichtshof" für die Zeit nach der Corona-Pandemie drohen zu müssen, ebenso, abgesehen dass die besagte Person möglicherweise noch mit einer strafrechtlichen Verfolgung zu rechnen hat. Der Screenshot liegt derzeit jedenfalls schon beim Anwalt für die Prüfung der weiteren Schritte.

In aller Deutlichkeit: FaLschismus (nicht zu verwechseln mit Faschismus) wird hier nicht geduldet. Beim Falschismus dreht sich alles um die Frage, was genau grober Unfug ist, sprich: Was ist so eindeutig und nachweisbar und einfach erklärbar falsch, dass es nicht ernst genommen werden DARF? Ein Klassiker des Falschismus wäre, in einer Diskussion um die Vermessung der Erde allen Ernstes auch die Meinung einzubeziehen, die Erde sei eine Scheibe. Daran lässt sich gut erkennen, worin genau eine der Gefahren besteht: Falschismus kann konstruktive Problemlösungen massiv gefährden.

Im Fall der Corona-Diskussion wären klassische Beiträge, die unter Falschismus fallen etwa solche, die behaupten, die Corona-Impfung mache unfruchtbar, oder "die Leute fallen reihenweise nach der Impfung (tot) um" oder "es stimmt nicht dass lauter Ungeimpfte auf der Intensiv liegen."

Derartig dumme und wissenschaftlich nachweislich falsche Aussagen, die dazu geeignet sind, andere Leute (meist einfach gestrickte Menschen, die nun einmal keinerlei medizinische Qualifikation haben) zu verunsichern, haben hier keinen Platz.

Man kann sicherlich über die eine oder andere Wortwahl in den Austrian Wings Beiträgen geteilter Meinung sein. Austrian Wings ist bekannt dafür, nicht diplomatisch, sondern Klartext zu reden. Dass gefällt nicht jedem Leser und das ist auch in Ordnung. No bad feelings.

Aber die medizinischen Hardfacts und Zahlen sowie wissenschaftliche Quellen (teils unter namentlicher Angabe der entsprechenden Fachleute) zum Thema Corona hat uns bis jetzt noch keiner der Kritiker widerlegen können.

Kurzum: Harte, klare Worte sind in jeder Diskussion willkommen, aber die Fakten müssen einer seriösen dem wissenschaftlichen Stand der Forschung entsprechenden Überprüfung standhalten. Auch jeder Arzt muss sich bei der Behandlung seiner Patienten (und nicht nur bei Corona) daran halten. Verstößt er gegen die Regeln und führt Behandlungen nicht lege artis durch, wird er über kurz oder lang ebenfalls seine Freiheit verlieren – nämlich die Freiheit, als Arzt tätig zu sein.

Und im Falle von Corona sind die medizinisch-wissenschaftlichen Fakten weltweit glasklar und werden so auch von über 90 Prozent der gesamten Mediziner weltweit anerkannt: Die Impfung schützt nachweislich zu einem hohen Prozentsatz vor einem schweren Verlauf einer Corona-Infektion und auf Österreichs Intensivstationen liegen zum größten Teil ungeimpfte Patienten. Das sind Fakten über die man ebenso wenig verhandeln kann wie über die Tatsache, dass jeden Morgen die Sonne aufgeht.

Die Chefredaktion

Hinweis: „Punktlandungen” sind Kommentare einzelner Autoren, die nicht zwingend die Meinung der Austrian Wings-Redaktion wiedergeben.