Punktlandung

Wieso das AUA-Personal am Quartalsverlust nicht schuld ist

Die AUA hätte im ersten Quartal selbst ohne eine einzige Betriebsversammlung und ohne einen einzigen Streiktag einen veritablen Verlust eingeflogen, Symbolbild - Foto: www.der-rasende-reporter.info

Einen Verlust von 122 Millionen Euro meldet die AUA für das erste Quartal 2024. In der Öffentlichkeit und manchen Medien liest sich das so, als wären Betriebsversammlungen und Streiks der Belegschaft für bessere Arbeitsbedingungen und mehr Gehalt daran schuld. Doch eine genaue Betrachtung der Zahlen zeigt, dass das nicht stimmt. Ein Kommentar aus aktuellem Anlass.

Gestern gab der Lufthansa-Konzern bekannt, dass die Österreich-Tochter Austrian Airlines, im Volksmund besser bekannt als AUA, einen Quartalsverlust von 122 Millionen Euro (erstes Quartal 2024) eingeflogen hat. Praktischerweise wurde diese Zahl just an jenem Tag veröffentlicht, an dem die Abstimmung der Gewerkschaftsmitglieder über die Annahme oder Ablehnung des jüngsten AUA-Angebots für das fliegende Personal zu Ende ging.

Auch wenn es weder das AUA-Management (der verlängerte Arm der Lufthansa in Österreich) noch die Lufthansa selbst explizit so gesagt haben, die Message, die bei vielen in der Öffentlichkeit ankam, war: "Da schaut her, die gierigen Piloten und Flugbegleiter haben mit ihren Streiks und ihren überhöhten Forderungen das Minus verursacht." Ein Blick in die sozialen Medien und teilweise auch in die Onlineforen von Medien zeigt diese Stimmung sehr deutlich, ebenso kam sie in etlichen von mir mit "branchenfremden Personen" geführten persönlichen Gesprächen und Telefonaten zum Ausdruck. Ob das von der Lufthansa oder dem AUA-Management so beabsichtigt war, sei dahingestellt. Ungelegen kommt dem Management diese öffentliche Meinung gegen das Personal jedoch nicht, denn dadurch erhöht sich der Druck auf Gewerkschaft und Arbeitnehmer. Das Management kann sich ins Fäustchen lachen, wenn die Belegschaft die Sympathie der Öffentlichkeit verliert.

Bei Betrachtung der nüchternen Fakten ergibt sich jedoch ein anderes Bild: Das Personal und seine Betriebsversammlungen sowie Streiks sind überhaupt nicht schuld daran, dass die AUA heuer im ersten Quartal einen Verlust eingeflogen hat. Denn das erste Quartal ist bei der AUA schon traditionell ein Minusgeschäft, wie ein Blick in die öffentlich einsehbaren Finanzberichte ganz klar zeigt.

  • 2018 flog die AUA im ersten Quartal ein Minus von 73 Millionen Euro ein; die Tageszeitung "Die Presse" schrieb damals dazu wörtlich: "Wie üblich brachte das erste Quartal einen Verlust (...)"
  • 2019 flog die AUA im ersten Quartal sogar einen noch größeren Verlust ein - das Minus betrug gar 99 Millionen Euro
  • 2020 lag der Verlust - und das ganz ohne Betriebsversammlungen und Streiks - bei 136 Millionen Euro, wobei fairerweise gesagt werden muss, dass Corona hier durchaus schon erste Auswirkungen hatte
  • 2021 war es ein Minus von 106 Millionen Euro
  • 2022 sah es nicht viel besser aus: Das Minus lag bei stolzen 109 Millionen Euro - das Branchenportal "Tip Online" konstatierte damals völlig richtig, dass das erste Quartal "traditionell in den roten Zahlen" sei
  • 2023 machte die AUA im ersten Quartal noch immer 73 Millionen Euro Minus

Wenn man sich diese Zahlen ansieht, so ist das aktuelle Quartalsergebnis von -122 Millionen Euro weder besonders gut noch besonders schlecht, sondern liegt eigentlich im Mittelfeld - OBWOHL das Personal mehrere Betriebsversammlungen und Streiks abhielt.

Natürlich wäre es unseriös zu sagen, dass die Betriebsversammlungen und die Streiks des fliegenden Personals keinerlei Auswirkungen hatten. Legt man die kolportierten Kosten von 24 Millionen Euro (laut AUA-Sprecherin Sophie Matkovits, 4. April), welche diese Arbeitskampfmaßnahmen bisher verursachten haben, der Berechnung zugrunde und zieht sie von dem nun veröffentlichten Verlust von 122 Millionen Euro ab, so ergibt sich rein rechnerisch, dass die AUA das erste Quartal 2024 in jedem Fall mit knapp 100 Millionen Euro Verlust abgeschlossen hätte - ganz ohne Streik oder Betriebsversammlungen.

Den sprichwörtlichen "Schwarzen Peter" für den Verlust der Belegschaft zuzuschieben, ist daher weder ethisch gerecht noch faktisch korrekt.

Text: Patrick Huber, www.der-rasende-reporter.info

Hinweis: „Punktlandungen” sind Kommentare einzelner Autoren, die nicht zwingend die Meinung der Austrian Wings-Redaktion wiedergeben.