Punktlandung

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Kommentar: Österreichs Luftraum und das Land schützen - der NATO beitreten, jetzt!

Über gerade einmal 15 Eurofighter verfügt das Bundesheer, für eine Luftraumverteidigung wären MINDESTENS 75 Stück erforderlich - sagt der Rechnungshof, Symbolbild - Foto: Austrian Wings Media Crew

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat zwei Dinge schonungslos offen gelegt. Auch Länder, die nicht einem Militärbündnis angehören oder gar neutral sind, sind nicht vor Aggressoren sicher. Werden sie jedoch angegriffen, können sie keine aktive militärische Unterstützung eines Bündnisses erwarten. Nachdem Österreich mit seinen 15 "technisch kastrierten" Eurofightern nicht einmal ansatzweise in der Lage ist, sich selbst zu verteidigen, wäre es Zeit, die jahrzehntelang gepflegte "Lebenslüge" der Neutralität (die in Wahrheit 1955 nur auf Druck der Sowjetunion pro Forma beschlossen wurde) zu beenden und offen über einen Beitritt zur NATO zu sprechen.

Seit etwas mehr als einer Woche tobt Krieg in der Ukraine. Russlands Diktator Wladimir Putin marschierte völkerrechtswidrig in das Land ein und versucht es zu erobern, trifft dabei allerdings auf erbitterten Widerstand der ukrainischen Bevölkerung, die mit dem Mut eines König Leonidas und dem Draufgängertum eines Gebhard Leberecht von Blücher gegen die Aggressoren kämpfen. Doch einen entscheidenden Faktor haben die Ukrainerer bereits zu Beginn der russischen Invasion verloren - ihre Luftüberlegenheit. Zwar konnten die Verteidiger bereits mehr als 70 russische Kampfjets und Helikopter abschießen, doch die eigene ukrainische Luftwaffe wurde von Russland in den ersten beiden Tagen des Angriffskrieges ausgeschaltet. Und Russland wird sich kaum mit der Ukraine allein zufrieden geben, darin sind sich viele militärisch ausgebildeten Beobachter sicher. Auch Veit V. Dengler, seines Zeichens Gründungsmitglied der NEOS meint dazu: "Russland will die Ukraine unterjochen und mit Belarus in ein neu-slawisches Großreich eingliedern. Das sieht Putin als seine historische Mission, und er wird nicht ruhen, bis er seinen Willen durchsetzt – oder bis er von seinen Satrapen gestoppt wird. Das ist aus heutiger Sicht leider unwahrscheinlich. In der Zwischenzeit bringt er unermessliches Leid über eines der größten Länder Europas mit 41 Millionen Einwohnern. Ähnliches steht weiteren Ländern bevor, die auf sich allein gestellt sind, so wie Georgien und Moldawien."

Denn wie man am Beispiel der Ukraine sieht, liefert die NATO zwar Waffen (und vermutlich auch geheimdienstliche Informationen), mit Kampftruppen unterstützt sie die Ukraine allerdings nicht. Denn die NATO ist ein Verteidigungsbündnis, Members only. Wer nicht Mitglied ist, der darf im Ernstfall weder mit Luftunterstützung noch Bodentruppen rechnen. Nicht einmal zur Ausrufung einer Flugverbotszone über der Ukraine konnte sich die NATO durchringen.

NATO-Erweiterung in Osteuropa
In weiser Voraussicht haben sich deshalb viele andere ehemals im Einflussbereich der Sowjetunion liegende Länder schon vor vielen Jahren der NATO angeschlossen, etwa Tschechien, Polen, Rumänien oder die Slowakei.

Österreich dagegen narrt seine Bevölkerung noch immer mit der Mär der "immerwährenden Neutralität", die zu schützen das Bundesheer zwar verpflichtet, tatsächlich aber nicht einmal wenige Tage in der Lage wäre. Machen wir uns nichts vor: Sollte, aus welchen Gründen auch immer, Russland oder ein anderer Aggressor in Österreich einmarschieren wollen, stünde das Heer auf verlorenem Posten. Für eine Luftraumverteidigung bräuchte es, wie kürzlich berichtet und auch vom Rechnungshof bestätigt, mindestens 75 moderne Kampfjets. Wir haben, dank verantwortungsloser Politiker gerade einmal 15 Maschinen, die technisch auch noch weitgehend kastriert sind. Und der Rest des Bundesheeres ist ebenfalls - von wenigen Vorzeigeverbänden und Eliteeinheiten wie dem Jagdkommando abgesehen - in einem ziemlich desaströsen Zustand, daran ändert auch die geplante Aufstockung der Finanzierung auf absehbare Zeit nichts.

Die Neutralität (deren Hintergrund, so wage ich zu behaupten, der Großteil der Österreicher überhaupt nicht in vollem Umfang kennt), kam letzten Endes auf Druck der Sowjets zustande, damit sie Österreich 1955 verließen. Tatsächlich war Österreich allerdings nie neutral, sondern immer westlich orientiert. Es gab im Kalten Krieg eine rege Zusammenarbeit mit westlichen Geheimdiensten. Das wussten auch die Sowjets.

Atombomben auf Österreich
Wäre der "Kalte Krieg" in den 1970er oder 1980er Jahren tatsächlich eskaliert, so hätte Österreich seine "ach so heilige" vorgeblich "immerwährende Neutralität" genau gar nichts gebracht. Wie der "Standard" schon 2001 berichtete, wäre das kleine, "ach so neutrale Österreich" im Falle eines Krieges zwischen Ost und West, nämlich gleich mit 12 atomaren Sprengköpfen angegriffen und damit faktisch dem Erdboden gleich gemacht worden - eben weil die Sowjets genau wussten, dass unsere Neutralität in Wahrheit nur eine leere Hülle war, beziehungsweise ist. Übrigens, auch die Ukraine war bis 2014 offiziell neutral, trotzdem besetzte Putin die Krim und Teile der Westukraine. Was hat der Ukraine ihre Neutralität also gebracht? Genau gar nichts!

Selbsttäuschung beenden, Rückgrat zeigen, der NATO beitreten
Die Geschichte hat also mehr als deutlich gezeigt, dass Neutralität im Ernstfall nicht schützt und dass Österreich in einem solchen Ernstfall alleine überhaupt nicht verteidigungsfähig wäre. Vermutlich wäre unsere Luftwaffe innerhalb eines halben Tages vollständig vernichtet, und ohne den Luftraum zu beherrschen, ist eine längerfristige effiziente Landesverteidigung de facto unmöglich.

Dazu auch Neos-Gründungsmitglied Veit V. Dengler: "Rechtlich haben wir die Neutralität durch unsere unionsrechtlichen Verpflichtungen im Rahmen der Verträge von Maastricht, Nizza, Amsterdam und Lissabon aufgegeben, auch wenn die Politik wider besseres Wissen Werbung mit ihr macht. Man hat das Ende der Neutralität der österreichischen Bevölkerung immer nur sehr verklausuliert kommuniziert. Sie glaubt daher noch an eine "Neutralität", ohne zu wissen, was mit ihr verbunden ist."

Neutrales Schweden und Finnland erwägen NATO-Beitritt
Selbst die neutralen Länder Schweden (94 Kampfjets vom Typ Gripen, 60 weitere bestellt, plus 46 Jettrainer vom Typ Saab 105) und Finnland (62 F/A-18 Hornet Kampfjets, 64 Lockheed Martin F-35 bestellt, plus 37 Jettrainer vom Typ BAE Hawk), die anders als Österreich (15 abgespeckte Eurofighter) mit einigermaßen starken Heeren und Luftwaffen tatsächlich in der Lage gewesen wären, sich zumindest eine gewisse Zeit lang selbst zu verteidigen, überlegen angesichts des russischen Krieges gegen die Ukraine offen, ihre Neutralität aufzugeben und der NATO beizutreten.

"Wir haben keine funktionierende Flieger- und Drohnenabwehr. Unsere Fliegerabwehr endet auf einer Höhe von 3.000 Metern, das ist gar nichts. In der Luft haben wir die 15 Eurofighter, denen es an wesentlichen Systemen fehlt, die ein modernes Flugzeug ausmachen. Auch die Lenkwaffen sind veraltet und nur in geringster Stückzahl vorhanden. Wegen der Geldknappheit will man die Nutzungsdauer bestimmter Systeme im Bereich Flieger- und Panzerabwehrlenkwaffen verlängern. Es bleibt aber ein altes System und gehört erneuert. Was solche neuen Systeme leisten, sieht man in der Ukraine."
Günter Höfler, von 2006 bis 2012 Kommandant des Streitkräfteführungskommandos des Bundesheeres

Und auch Österreich sollte deshalb die Selbsttäuschung und die Lebenslüge von der "immerwährenden Neutralität" beenden und einen NATO-Beitritt anstreben - verbunden mit einer Modernisierung des Heeres und insbesondere der Luftstreitkräfte. Realitätsverweigerung und "Kopf in den Sand stecken" hat nämlich noch nie Probleme gelöst oder Kriege verhindert.

"Bester Schutz für Österreich ist ein Beitritt zur Nato."
Günter Höfler

Der Krieg in der Ukraine ist der beste Beweis dafür. Deshalb spricht sich auch der frühere Militärkommandant Günter Höfler in der "Kleinen Zeitung" offen für einen NATO-Beitritt Österreichs aus. Es ist nämlich längst fünf nach Zwölf.

Text: P. Huber

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