Reportagen

Fotoreportage: Das Flugpsportzentrum Spitzerberg ist immer einen (Familien-)Ausflug wert

Alle Fotos: www.der-rasende-reporter.info

Rund 70 Kilometer östlich von Wien liegt mit dem Spitzerberg einer der traditionsreichsten Flugplätze Österreichs. An diesem Ort vereinen sich Tradition und Moderne in perfekter Symbiose und auch abseits des Fliegerischen ist der "Spitz", wie er von seinen Freunden liebevoll genannt wird, immer einen Ausflug wert - auch, und vor allem, mit Kindern. Die Sommerferien bieten sich dafür ideal an. Neben "Flieger schauen" locken ein Kinderspielplatz und ein Hotel, von dem aus man Ausflüge in die nähere Umgebung unternehmen kann.

Ganz in der Nähe des heutigen Flugplatzes wurde bereits vor 101 Jahren, nämlich 1924, Segelflug betrieben. Das 100-Jahr-Jubiläum begingen die Spitzerberger Flieger im vergangenen Jahr würdevoll bei Kaiserwetter. Der heutige Flugplatz Spitzerberg entstand im Jahr 1929. Der "Berg", dem der Flugplatz seinen Namen verdankt, ist 302 Meter hoch und heute beliebter Startplatz von Hängegleiter-Piloten. Vom Flugfeld und von den Hängen des benachbarten Hundsheimer Kogels wurde ab dieser Zeit intensiv Flugsport betrieben und 1931 fand vom Hundsheimer Kogel aus der ers­te Dau­er­flug mit 2 Stun­den und 23 Minu­ten (Start­über­hö­hung 250 – 300 m) in einem ver­klei­de­ten ​"Zög­ling" statt. Am "Spitz" selbst errichteten die Flieger einen ersten Hangar und noch in der Ersten Republik entstand 1936 das sogenannte "Segelfliegerheim", das als Hotel noch heute existiert und davor jahrzehntelang eine preiswerte Unterkunft für (angehende) Jungflieger bot - in 4- und 6-Mann-Zimmern. Wer günstig das Fliegerhandwerk erlernen wollte, musste eben auch Opfer bringen und auf Privatsphäre verzichten, doch in dieser Unterkunft reifte auf der anderen Seite die gerade im Segelflug so unerlässliche Fliegerkameradschaft. Ab dieser Zeit zogen viele Flugvereine zum Spitzerberg. "Begün­stigt durch die opti­malen Gegeben­heit­en wur­den in die­ser Zeit auch vie­le Reko­rde voll­bracht, darunter zum Beispiel 1937 der öster­re­ichische Streck­en­reko­rd von 157 Kilometer, der Dauer­flu­greko­rd Ein­sitzer 27 h, 50 min, 1938: Dauer­flu­greko­rd Dop­pel­sitzer: 40 h, 38 min. Mit dem Anschluss Österreichs an das Dritte Reich brachen sieben finstere Jahre an und es erlosch der zivile Flugbetrieb am Spitzerberg. Nach der Befreiung Österreichs vom verbrecherischen Nazi-Terror lag der Flugplatz in der russisch (sowjetisch) besetzten Zone. Wenn auch "die Russen" allgemein als kinderfreundlich gaben, so wüteten und plünderten sie doch auch. Als Österreich mit dem Staatsvertrag 1955 seine volle Souveränität endlich wiedererlangt hatte und die Russen sowie die Westalliierten abgezogen waren, war die bauliche Infrastruktur am Spitzerberg durch Kriegseinwirkungen und das Verhalten der russischen Besatzungstruppen arg in Mitleidenschaft gezogen.

Der lautlose und umweltfreundliche Segelflug wird am Spitzerberg groß geschrieben. Gestartet wird mittels Winde oder Schleppflugzeug. Zum Schleppen kommt unter anderem die DR 400 mit der Kennung OE-KUI zum Einsatz.
Tecnam P92
Segelfliegen ist Teamsport! Ohne Fliegerkameradschaft läuft nichts.
Leises und umweltfreundliches Ultraleichtflugzeug vom Typ Ikarus C42.

In der Chronik der Spitzerberger Flieger heißt es dazu: "Das Haupt­ge­bäu­de war als Rui­ne not­dürf­tig bewohn­bar, die Sei­ten­trak­te gal­ten als abbruch­reif. Zur Ret­tung vor dem Ver­fall fand 1946 nach lang­wie­ri­gen Ver­hand­lun­gen die Über­ga­be der Gebäu­de an das Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Unter­richt statt."

Das Gebäude rechts stammt aus den 1930er Jahren und wurde - wie die gesamte Infrastruktur - in den vergangenen Jahren umfassend modernisiert und renoviert.
Blick vom Spitzerberg auf das gleichnamige Flugsportzentrum.

Am 2. Oktober 1955 - also heuer vor 70 Jahren - war es dann soweit: Der Flugplatz Spitzerberg wurde als Bundessportschule Spitzerberg feierlich wiedereröffnet und wurde zur PIlgerstätte Wiener, niederösterreichischer und burgenländischer Segelflieger, die während der russischen Besatzung nicht hatten fliegen dürfen. Drei Jahre später, ab 1958, schrieb der Spitzerberg Geschichte, als er preisgünstig 3-wöchige Intensivkurse zur Erlangung des Segelfliegerscheins anbot. Bereits mit 15 Jahren konnte man die Ausbildung beginnen. Tagsüber wurde geflogen, geflogen und nochmals geflogen, am Abend und bei Schlechtwetter die Theorie gepaukt. Noch heute findet diese - natürlich an die Erfordernisse des modernen Flugbetriebs angepasste - Intensivmethode der Nachwuchsausbildung am Spitzerberg Anwendung.

Schleppverband kurz nach dem Start.
Die OE-KUI ist ein viersitziges Reiseflugzeug, das unter anderem zum Schleppen von Segelflugzeugen eingesetzt wird.

1998 zogen dann dunkle Wolken über dem "Spitz" auf, als der Bund die dort angesiedelte Bundessportschule aus finanziellen Gründen schloss. Der Österreichische AeroClub übernahm den Flugplatz, doch die finanzielle Situation ist angespannt und es war dem persönlichen Einsatz und hohen Engagement der Spitzerberger Flieger zu verdanken, dass ihr Platz überhaupt überleben konnte. 

2016 dann die (finanzielle) Rettung. Der als Mäzen der Fliegerei bekannte Red Bull Eigentümer Dietrich "Didi" Mateschitz (verstorben 2022) kaufte den Flugplatz und gliederte in ihn die Flug­platz Völ­ten­dorf und Spit­zer­berg GmbH ein - der Betrieb wurde für mindestens 20 Jahre garantiert. Für den Betrieb am Platz ist der Verein Flugsporzentrum Spitzerberg unter Führung des unermüdlichen Rudolf "Rudi" Wenighofer, der sich selbst humorvoll "Zirkusdirektor" nennt, verantwortlich. Ehrenobmann ist Wolfgang Oppelmayer, eine fliegende Legende, mit der auch der Autor dieser Zeilen schon mehrmals geflogen ist - inklusive Kunstflug in der leider 2010 verunfallten Cessna 152 Aerobat OE-CUG. Doch das ist eine andere Geschichte.

Das Flugfeld ist inmitten der idyllischen Natur gelegen.
Blick ins Cockpit der OE-KUI.
Zwei der drei Hangars.

Zahlreiche Luftfahrzeuge im Privatbesitz und Flugvereine sind auf dem Flugplatz ansässig, dazu kommen noch Modellflieger und Hängegleiter-Piloten. Das einstige Segelfliegerheim mit seinen militärisch anmutenden Schlafsälen wurde zu einem Hotel mit Tennisplätzen und Naturschwimmbad umgebaut, die frühere Flugplatzkantine mit Holztischen, Heurigenbänken und einem bescheidenen Angebot (Würstel mit Senf und Kren ...) ist seit 2012 einem ausgezeichneten Lokal, dem Restaurant Icarus, gewichen, das mit viel Herzblut und kulinarischer Kompetenz von Katharina und Gabriel Mehes geführt wird. Die Rezensionen im Internet sprechen für sich. Kulinarisch lebt hier gewissermaßen die k.u.k. Monarchie weiter, wie der Nostalgiker sagen würde.

Ob slowakische Krautsuppe, Wiener Schnitzel vom Schwein/Huhn/Kalb oder ausgefallene Fischvariationen - das "Icarus" am Spitzerberg lässt keine Wünsche offen.
Innenbereich des Restaurant Icarus samt Kinderspielecke.
Die Terrasse des Icarus ist überdacht und bietet so Schutz vor der prallen Sonne.

Große Portionen, angemessene Preise und österreichisch-slowakische Küche lassen nicht nur die Fliegerherzen höherschlagen, sondern locken auch viele Menschen aus der näheren Umgebung zum Flugsportzentrum Spitzerberg - immerhin ist das klassische Dorfwirtshaus vielerorts bereits ausgestorben und das "Icarus" ein toller Ersatz dafür. Positiver Nebeneffekt ist eine große Akzeptanz des Flugplatzes in der Bevölkerung, wobei gesagt werden muss, dass die Motorflieger bei ihren An- und Abflugverfahren größtmögliche Rücksicht auf die Menschen nehmen und das Überfliegen besiedelter Gebiete nach Möglichkeit vermeiden. Es ist eine gedeihliche Co-Existenz, die sich andere Flugplätze wünschen würden. Wobei der Spitzerber mit seiner Graspiste und seinem Segelfluggelände ein "Flugfeld" im wahrsten Sinn des Wortes ist - ein Naturparadies, in dem Pflanzen- und Tierliebhaber auf ihre Kosten kommen - unter anderem die Freunde von Zieseln, die sich auf dem Areal tummeln.

Rund- und Schnupperflüge sind jederzeit nach Absprache möglich, die Spitzerberger Flieger gelten als besonders gastfreundlich. Direkt neben dem Restaurant "Icarus" gibt es einen tollen Kinderspielplatz mit Rutsche, Schaukel und - wie könnte es anders sein - einem Spielzeugflugzeug, der OE-HUI. Der Spitzerberg ist gewissermaßen ein "Familienflugplatz".

Rolladen-Schneider LS4 OE-5470 im Schlepp.

Der Ausflug zum Spitzerberg kann per Auto, E-Auto (Ladestationen vorhanden) Fahrrad/E-Bike oder Motorrad erfolgen, teilweise liegen die Parkplätze direkt vor den Hotelzimmern. Das Hotel am Flugsportzentrum Spitzerberg bietet sich als Ausgangspunkt für Ausflüge in die kulturell reiche Umgebung, etwa nach Hainburg, Kittsee oder über die Grenze nach Bratislava/Pressburg an.

Gerade jetzt zu Beginn der Sommerferien wäre ein Besuch mit Mittagessen und Rundflug am Spitzerberg doch einmal ein toller Familienausflug der etwas anderen Art - und vielleicht wird dabei beim Nachwuchs ja das Feuer für die Fliegerei geweckt ...

Noch vor einigen Jahren versprühten die Gebäude den Charme der 1960er und 1970er Jahre. Dank Mäzen Dietrich Mateschitz erstrahlen sie nunmehr in neuem Glanz.
Diese Katana (OE-AGX) gehört dem Stockerauer Flugsportverein.
Auch Gäste aus dem Ausland (Ungarn, Slowakei, Tschechien) schauen gerne am Spitz vorbei - wie dieser H120 mit der Kennung OK-HEL aus der Tschechischen Republik.

Übrigens, am 27. und 28. September geht wieder das Flugplatzfest am Spitzerberg über die Bühne, das - besonders bei familienfreundlich - bei freiem Eintritt besucht werden kann. Aber natürlich freuen sich die Flieger über eine freie Spende. 

Hier geht's zur Reportage vom Flugplatzfest 2024.

Man sieht: Das Flugsportzentrum Spitzerberg ist immer einen Besuch wert!

Der Spielplatz am Spitzerberg lässt Kinderherzen höher schlagen. Während die Eltern auf der schattigen Terrasse des Icarus zu kulinarischen Höhenflügen abheben, tollt der Nachwuchs in Sichtweite ungestört herum.
Neben den liebevoll gestalteten Kinderspielplatz gibt es einen Tennisplatz.
Im Inneren des Flugsportzentrums gibt es eine kleine Ausstellung mit Flugzeugteilen aus der Flotte der Flying Bulls.
Beim Haupteingang erinnert diese Gedenktafel an die Geschichte des Spitzerberg.
Der Haupteingang
Links im Bild das ehemalige Segelfliegerheim, heute ein Hotel.
Der historische Charakter des Gebäudes wurde trotz Modernisierung erhalten.
Figur des Ikarus vor dem Hauptgebäude, im Hintergrund der Turm, auf dem der Flugplatzbetriebsleiter seinen Dienst versieht.
Am Spitz ist auch diese G109B stationiert, die unter anderem als Schleppflugzeug genutzt wird.
Alternativ zum Flugzeugschlepp kommt der Windenstart beim Segelfliegen zum Einsatz.
Beim Windenstart ist der Steigwinkel ausgesprochen steil - das sieht optisch spektakulär aus, ist bei korrekter Durchführung jedoch völlig ungefährlich.
Segelfliegen ist ein Mannschaftssport, Kameradschaft unabdingbare Grundvoraussetzung.
Gestartet und gelandet wird immer gegen den Wind.
Auch Gleitschirmfliegerei wird am Spitzerberg betrieben.
Die Modellflieger sind ebenfalls am Spitz aktiv.

Hinweis im Sinne der Transparenz: Der Autor erhielt für diesen persönlichen Bericht keinerlei Vergünstigungen vom Flugsportzentrum Spitzerberg und bezahlte auch sein Essen sowie die Getränke aus eigener Tasche. 

Text & Fotos: Patrick Huber