Reportagen

Legendäre Su-24 im Dienst der ukrainischen Heimatverteidiger

Su-24 der Ukrainischen Luftwaffe im Flug - Foto: Chris Lofting / GFDL 1.2

Ihren Erstflug hatte die Suchoi Su-24 vor rund einem halben Jahrhundert. Doch auch heute noch steht der seltene Schwenkflügler im Kampfeinsatz. Die von Russland am 24. Februar dieses Jahres völkerrechtswidrig überfallene Ukraine nutzt das robuste Flugzeug als Aufklärer und Erdkampfflugzeug.

Die Geschichte der Suchoi Su-24 reicht bis in die 1960er Jahre zurück. Damals suchte die Sowjetunion nach einem Ersatz für die veraltete Jakowlew Jak-28, die noch aus den 1950er Jahren stammte. Suchoi entwickelte zunächst das Modell S-6, war jedoch mit den Flugeigenschaften nicht zufrieden. In der Folge entschied sich  Konstrukteur Jewgeni S. Felsner Ende des Jahres 1967 für die Konstruktion eines Schwenkflüglers. Inspiriert wurden die Sowjets dabei von der US-amerikanischen F-111, die seit Sommer des Jahres 1967 bei den US-Streitkräften im Einsatz war.

Der als T-6-2I bezeichnete Prototyp hob am 17. Januar 1970 mit Testpilot Wladimir Sergejewitsch Iljuschin am Steuer erstmals ab. Der Pilot war übrigens der Sohn des legendären Flugzeugkonstrukteurs Sergei Wladimirowitsch Iljuschin. Anders als beim Vorgängermuster S-6 waren die Konstrukteure mit dem neuen Modell zufrieden. Es bedurfte nur weniger technischer Anpassungen, ehe die erste, nun als Suchoi Su-24 bezeichnete, Serienmaschine im Jahr 1971 vom Band lief. 1973 stellte die Rote Armee das neue Muster in den Dienst,.

Die Suchoi Su-24 ist ein zweisitziger taktischer Frontbomber, bei dem die Piloten - wie beim amerikanischen Vorbild F-111 - in einem analog ausgestatteten Cockpit nebeneinander sitzen. Durch ihre Schwenkflügel, die zwischen 16 Grad (für Start und Landung) und 69 Grad Pfeilung aufweisen und das robuste Fahrwerk kann die Maschine auch auf kurzen Behelfspisten eingesetzt werden.

Die Maximalgeschwindigkeit liegt bei rund 2.300 Stundenkilometern (rund 2,2 Mach), auf Meereshöhe sind maximal 1.320 Stundenkilometer (rund 1,15 Mach) möglich. Dazu ist die Zelle der Maschine wie bei den meisten sowjetischen Kampfflugzeugen ausgesprochen robust und in der Lage, auch mit starken Beschädigungen weiterzufliegen. Als Bewaffnung ist eine 23mm-Bordkanone fest installiert, darüber hinaus kann die Su-24 ein großes Arsenal an gelenkten und ungelenkten Waffen für den Einsatz gegen Bodenziele mitführen. Für den Selbstschutz verfügt die Su-24 über einen Radarwarner, einen Raketenanflugwarner sowie über die Möglichkeit, Täuschkörper auszustoßen. Neben den Angriffsversionen wurde ab 1980 auch die reine Aufklärungsversion Su-24MR ohne Bordkanone produziert.

Su-24 bei der ukrainischen Luftwaffe
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und der damit einhergehenden Unabhängigkeit der Ukraine erhielt das Land rund 200 Maschinen aus den Beständen der sowjetischen Luftwaffe. Über die Jahre wurde eine Vielzahl Su-24 von der Ukraine außer Dienst gestellt, ein Teil eingemottet, ein anderer einfach unter freiem Himmel abgestellt.

Als der russische Diktator und Kriegsverbrecher Wladimir Putin seine Truppen die Ukraine am 24. Februar dieses Jahres völkerrechtswidrig überfallen ließ, hatte die Ukraine noch zwischen 12 und 20 Su-24 verschiedener Versionen in Betrieb, die beim 7th Tactical Aviation Brigade "Petro Franko". Diese Einheit verfügte über zwei Bomberstaffeln und eine Aufklärungsstaffel, die mit Su-24MR ausgerüstet war.

In dem fast 10 Monate dauernden russischen Angriffskrieg wurden mindestens 11 ukrainische Su-24 abgeschossen, zahlreiche weitere durch die russischen Invasoren am Boden zerstört. Damit wäre davon auszugehen, dass die Ukraine rein rechnerisch über keine flugfähigen Su-24 mehr verfügt. Doch weit gefehlt. Denn die Verteidiger des von Russland überfallenen Landes versetzten einige eingemottete Flugzeuge in einen flugfähigen Zustand und nutzten etliche weitere abgestellte Maschinen als Ersatzteilspender, sodass die Su-24 sowohl in der Rolle als Aufklärer als auch in jener als Frontbomber weiterhin auf dem ukrainischen Schlachtfeld präsent ist, wie unter anderem dieses Video des OSINT-Netzwerkes vom August 2022 zeigt. Die ukrainischen Streitkräfte selbst veröffentlichten beispielsweise diese Cockpitaufnahmen auf einer Su-24 auf Feindflug.

Wie lange das allerdings noch der Fall sein wird, ist unklar, denn im Gegensatz zur MiG 29, die ebenfalls in der Rolle des Erdkampfflugzeuges eingesetzt wird, kann die Ukraine bei der Su-24 nicht auf Nachschub aus befreundeten NATO-Ländern hoffen.

Text: NG