Für die meisten Passagiere sind die Damen und Herren Flugbegleiter wohl nichts anderes „fliegende Kellner“, nicht selten werden vor allem die Frauen auch zu reinen Sexobjekten degradiert. Das Bild vom vermeintlichen „Kellner über den Wolken“ ist scheinbar sogar bei manchen Mitarbeitern des Arbeitsmarktservice verbreitet. Eine Maturantin - sie wurde später Flugbegleiterin bei der AUA - wurde bei einer Beratung beim AMS gefragt, ob sie denn Vorkenntnisse in der Gastronomie habe. Als sie das verneinte, riet er der AMS-Berater von einer Bewerbung als Flugbegleiterin ab ... Dabei ist Flugbegleiter ein besonders verantwortungsvoller Beruf - für den es keinerlei gastronomische Erfahrung braucht. Denn das Bordservice ist dabei lediglich jenen Teil, den der Passagier im Alltag zu sehen bekommt - und die dafür erforderlichen Kenntnisse werden im Training durch den Arbeitgeber vermittelt.
Die wahre Aufgabe von Flugbegleiterinnen und Flugbegleitern (wobei der früher gebräuchliche Begriff Stewardess oder Steward in den Ohren vieler durchaus stilvoller klingt) ist jedoch die Sicherheit an Bord. Da reden wir noch gar nicht von einer Notlandung oder einem Absturz, nein, der Komplex Sicherheit umfasst viele Themenbereiche, die den Reisenden in der Regel überhaupt nicht bewusst sind. Das fängt bei der Deeskalation eines Streits unter Passagieren(zB um den Sitzplatz) an Bord an und endet bei der Evakuierung eines Flugzeuges im Ernstfall. Grundsätzlich müssen Flugbegleiter weltweit zwar alle einen gewissen Mindeststandard erfüllen. Doch diese Mindestanforderungen sind – wie auch bei den Piloten – immer ein Kompromiss zwischen der Sicherheit und den Interessen der Wirtschaft. Viele Billigflieger erfüllen in aller Regel gerade die Mindeststandards, man will schließlich keinen Cent ausgeben, der nicht sein muss. Wobei es auch im Low Cost Segment positive Ausnahmen gibt.
Qualitätsfluglinien wie Austrian Airlines, die übrigens seit mehr als einem halben Jahrhundert ohne Absturz ihre Passagiere sicher rund um den Globus fliegt (der bisher einzige Unfall mit Todesfolge in der Geschichte der AUA ereignete sich vor 65 Jahren kurz vor der Landung in Moskau; eine derart hervorragende Sicherheitsbilanz wie Austrian Airlines können nicht einmal Lufthansa oder die 2001 in die Pleite geschlitterte Swissair vorweisen, beides renommierte Qualitätsairlines) tun bei der Qualifikation ihrer Piloten und Flugbegleiter dagegen grundsätzlich deutlich mehr als der Gesetzgeber vorschreibt.
Billigflieger mit „Ausbildungsmängeln“ bei Flugbegleiterin
Wohin es führen kann, wenn Flugbegleiter schlecht ausgebildet sind, erlebten die Passagiere der Ryanair-Tochter LaudaMotion (heute Lauda Europe Ltd.) im Jahr 2019 am eigenen Leib: Nach einem simplen Startabbruch wegen Triebwerksproblemen in London (von den Piloten hochprofessionell ausgeführt) geriet die Kabinenchefin (Purser) in Panik und leitete eigenmächtig – bei noch laufenden Triebwerken – eine überhaupt nicht erforderliche Evakuierung der Kabine ein, ein potentiell lebensbedrohliches Unterfangen. Die britische Untersuchungsbehörde AAIB attestierte der Chef-Flugbegleiterin später – in nobler britischer Zurückhaltung – „Ausbildungsdefizite“. Wenn aber schon eine derart ungeeignete Person bei einem großen Billigflugkonzern in die Position der Kabinenchefin gelangen konnte, dann möchte ich (das ist meine ganz persönliche Meinung, die keinen Anspruch auf allgemeine Gültigkeit erhebt) lieber erst gar nicht wissen, wie es mitunter um den Ausbildungsstand der restlichen Flugbegleiter bei manchen Billigfluglinien bestellt sein könnte. Dazu kommt noch, dass es Berichte von LaudaMotion-Mitarbeitern gibt, dass die Arbeitsatmosphäre von „Angst und Druck geprägt“ sei. Kranke Mitarbeiter würden unter Druck gesetzt. Etwas, das der Sicherheit generell nicht gerade förderlich ist.
Sicherlich, aufgrund dieses dramatischen Vorfalles mit der Ryanair-Tochter LaudaMotion in London 2019 ist eine Verallgemeinerung nicht zulässig und es gibt auch im Billigflugsegment viele wirklich hervorragende Leute in Cockpit und Kabine. Aber es ist nun mal eine Tatsache, dass die Arbeitsbedingungen bei manchen Low Cost Airlines teilweise als „sklavenähnlich“ gelten und es deshalb für diese Airlines schwieriger sein dürfte, gutes Personal zu finden (bzw. langfristig zu halten) als für etablierte Qualitätsfluglinien, die sozial gut abgesicherte Angestelltenverhältnisse mit einem angemessenen Gehalt bieten. Zu diesen Qualitätsfluglinien zählt ohne Zweifel der Lufthansa-Konzern (wobei es auch hier unterschiedliche Arbeitsbedingungen innerhalb des Konzerns gibt), zu dem seit 2009 auch die österreichische Austrian Airlines gehört, wenngleich auch hier die Arbeitsbedingungen im Vergleich zu früheren Zeiten ohne Zweifel härter geworden sind – der Wettbewerb mit Billigfliegern und Konkurrenten aus dem Nahen Osten fordert seinen Tribut. Bei der Sicherheit macht die AUA dennoch keine Abstriche, wie ein Blick hinter die Kulissen des Trainingszentrums zeigt.
AUA sichert hohes Ausbildungsniveau mit eigenem Aviation Campus
Die AUA betreibt auf dem Flughafen Wien mit dem Austrian Aviation Campus ein eigenes Ausbildungszentrum, in dem ihr Kabinenpersonal in Sicherheit und Bordservice geschult wird.

Wie die Piloten (siehe unter anderem das Interview mit AUA-Flugkapitän Rudolf Buchsteiner), müssen auch die Flugbegleiter bei regelmäßigen Überprüfungen zeigen, dass sie sämtliche Standard- und Notfallmaßnahmen jederzeit perfekt beherrschen. Derzeit verfügt Austrian Airlines über rund 2.500 Flugbegleiter.
Geleitet wird die Ausbildungsstätte von Stefan Koller, Head of Safety, Security & CRM Training. Als qualifizierter A320-Pilot ist er das Bindeglied zwischen der Kabine und dem Cockpit. Ihm unterstehen rund 90 Trainerinnen und Trainer, die für die Qualifikation der Flugbegleiter verantwortlich sind. Die Ausbilder sind dabei fast alle selbst aktiv im Flugdienst tätig - oder waren es zumindest früher einmal.

„Ein möglichst realistisches Training ist uns besonders wichtig“, betont Koller bei meinem Besuch vor Ort, und ergänzt: „Dadurch, dass unsere Trainer zu 100 Prozent aus der Praxis kommen, kennen sie auch die Sorgen der angehenden Kolleginnen und Kollegen und können das Training mit Beispielen aus ihrem Berufsalltag praxisnah gestalten. Wir setzten zusätzlich immer wieder entsprechende Schwerpunkte.“
Trainiert wird im Winter, geflogen im Sommer
Die meisten Trainings finden saisonal im Herbst und Winter statt, da dann Flüge stattfinden. Koller: „Im Sommer wird besonders viel geflogen, da benötigen wir das Personal auf der Strecke. Von der Disposition her bemühen wir uns deshalb, möglichst viele Aus- und Fortbildungen in den Winter zu verlegen.“ Die Grundausbildung dauert zwei Monate, davon ist ein Monat ausschließlich für den Sicherheitsaspekt reserviert, wie Koller unterstreicht: „Diese ersten vier Wochen sind ausgesprochen intensiv für die neuen Kolleginnen und Kollegen.“
Nach bestandener Abschlussprüfung fliegen die neuen Flugbegleiter erst einmal vier Rotationen als zusätzliches Besatzungsmitglied (ACM = Additional Crew Member) unter Aufsicht erfahrener Kollegen. Das Einstiegsmuster ist dabei in der Regel die A320-Familie (oder derzeit noch der Embraer, der allerdings bis 2028 ausgeflottet wird), nach etwa einem Jahr kann man dann auf die Langstrecke (derzeit noch Boeing 767, Boeing 777 und Boeing 787, mittelfristig ausschließlich Boeing 787) wechseln. Gezwungen werde jedoch niemand, die AUA als verantwortungsbewusster Arbeitgeber nimmt durchaus Rücksicht auf die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter, die sich beispielsweise aus Kinderbetreuungspflichten ergeben können. Für Koller ist es wichtig, dass die eingesetzten Trainingsmittel immer dem neuesten Stand der Technik entsprechen. Für die Zukunft ist auch „Virtual Reality“ ein Thema in der Ausbildung. Gleichberechtigung ist der AUA ebenfalls ein großes Thema: Männer und Frauen verdienen hier das gleiche Gehalt für gleiche Arbeit, das ist leider auch im 21. Jahrhundert noch nicht in allen Branchen/Firmen so.
Wie sieht das alles aber in der Praxis aus? Was müssen Flugbegleiter tatsächlich in Sachen Sicherheit leisten? Was sind die Grundvoraussetzungen, um Flugbegleiter bei Austrian Airlines zu werden. Das erklärten Manuela Machacek, Flight Attendant & Quality Ambassador und Julia Steiger-Tösch, Safety & Security Trainerin, Teamleader Safety & Security Training, die außerdem als Purser auf der Langstrecke fliegt.



Um sich überhaupt bewerben zu können, müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein. Ein Mindestalter von 18 Jahren und eine abgeschlossene Berufsausbildung oder Matura gehören dazu. Teamfähigkeit ist ebenfalls ein wichtiger Punkt und – auf den ersten Blick vielleicht ungewöhnlich – man muss schwimmen können. „Auch wenn es sehr unwahrscheinlich ist, es könnte ja einmal zu einer Notwasserung kommen“, erläutern Machacek und Steiger-Tösch diese Anforderung. Männliche Bewerber müssen zudem einen abgeleisteten Präsenz- oder Zivildienst vorweisen können. Deutsch und Englisch (fließend) sind selbstverständlich, eine weitere lebende Fremdsprache ist von Vorteil. Früher zwar die zweite lebende Fremdsprache sogar verpflichtend, hier hat die AUA die Vorgaben in der jüngeren Vergangenheit etwas gelockert.
Wer nach erfolgter Bewerbung persönlich eingeladen wird, durchläuft ein mehrstufiges Auswahlverfahren. Wir dieses bestanden, beginnt die eigentliche zweimonatige Grundausbildung mit anschließender Praxis auf dem Einstiegsmuster A320. „Im weiteren Verlauf ihrer Karriere können sich Flugbegleiter – entsprechend ihrer individuellen Stärken und Interessen – in verschiedene Richtungen weiterentwickeln. Dazu zählen beispielsweise Bewerbungen für Zusatzfunktionen wie Trainer oder Referent ebenso wie für ausgeschriebene Positionen als Purser 1 oder Purser 2“, ergänzt Unternehmensspsrecherin Anita Kiefer bei meinem Besuch am Aviation Campus.
Körperlich und mental anspruchsvolle Ausbildung mit viel Praxis
Die Ausbildung selbst ist fordernd, gliedert sich in einen theoretischen und einen Praxisteil. „In der Theorie lernen die neuen Kolleginnen und Kollegen beispielsweise auch, welche Gegenstände als ,gefährlich’ gelten und daher gar nicht mit an Bord genommen werden dürfen“, wissen die erfahrenen Flugbegleiterinnen Machacek und Steiger-Tösch. Gute Kommunikation – überhaupt essentiell in der Luftfahrt – ist ebenfalls Bestandteil der Ausbildung. Die Flugbegleiter lernen, wie sie in Diskussionen und bei Konflikten deeskalierend, charmant aber dennoch mit dem gebotenen Durchsetzungsvermögen auftreten. Denn es liegt in der Natur der Sache, dass ein Passagier nicht in Begeisterungsstürme ausbricht, wenn ihm erklärt wird, dass sein mitgenommener Akku oder das vielleicht bei der Sicherheitskontrolle „durchgerutschte“ Benzinfeuerzeug an Bord verboten ist, weil es im wahrsten Sinne des Wortes brandgefährlich sein kann.
Und Feuer zählt überhaupt zu den gefährlichsten Situationen an Bord von Verkehrsflugzeugen, hat in der Vergangenheit schon zu etlichen Zwischenfällen und leider auch einigen tödlichen Abstürzen geführt, wie beispielsweise im Fall von Swissair 111 im Jahr 1998 und im Fall von South African Flug 295 im Jahr 1987. Deshalb zielt die Schulung der Flugbegleiter einerseits darauf ab, Gegenstände, die ein Feuer auslösen könnten, früh zu identifizieren und von Bord zu verbannen und andererseits im Fall des Falles eine professionelle Brandbekämpfung vorzunehmen. Steiger-Tösch: „An Bord aller unserer Flugzeuge haben wir verschiedene Feuerlöscher. Den Umgang damit trainieren wir in einem eigenen Feuerlöschcontainer hier am Aviation Campus. Wichtig ist, dass man als Crew stets Ruhe bewahrt und im Ernstfall zuvor eintrainierte Handlungsabläufe automatisch ablaufen. Beim Löschen eines Brandes zählen dazu etwa das Anlegen der Rauchschutzhaube und der Schutzhandschuhe, ehe man sich mit einem Löscher in die verrauchte Umgebung begibt.“












Das Thema Brandschutz nimmt man bei Austrian Airlines besonders genau, zumal in der jüngeren Vergangenheit ein neues Gefahrenpotential aufgetaucht ist: Smartphones und kleine Tablets. Deren Akkus können sich (vor allem wenn sie beschädigt sind) selbst entzünden und eine enorme Hitze entwickeln. Manchmal fällt ein kleines Gerät auch in eine Spalte beim Sitz und ist nicht mehr zugänglich. Auf keinen Fall sollten Passagieren dann an der Sitzverstellung hantieren und versuchen, das Gerät selbst „herauszufischen“. Warum, das weiß Flugbegleiterin Machacek: „Dadurch könnte es beschädigt werden, was wiederum das Risiko einer Entzündung erhöhen kann. Wenn einem Gast sein Smartphone in den Sitz rutscht, bitten wir ihn, sich sofort an die Crew zu wenden. Wir helfen gerne weiter.“


Denn – so kurios das auch klingt – die Flugbegleiter lernen in ihrer Ausbildung sogar, wie man einen Sitz im Flug auseinanderbauen kann, um so an das verlorene Smartphone zu gelangen. Das Trainieren einer Notwasserung samt Anlegen der Schwimmwesten, evakuieren des Flugzeuges und das Verbringen der Passagiere in die Rettungsflöße wird ebenfalls ausgiebig geschult – selbst wenn es in der bald 70-jährigen Geschichte der Nachkriegs-AUA noch nie eine Notwasserung gegeben hat. Ebenfalls ein Beleg für das hohe Sicherheitsniveau, doch wie man im Fall von US Airways 1549 (Notlandung am Hudson River im Jahr 2009) sieht, kann es völlig unvermittelt jederzeit einmal dazu kommen. Deshalb ist es wichtig, jederzeit auf den hoffentlich nie eintretenden Notfall vorbereitet zu sein.
Zur Vorbereitung einer Notwasserung gehört auch, die Passagiere über das richtige Anlegen der Schwimmwesten zu instruieren, ihnen dabei zu helfen und – ganz wichtig – zu erklären, dass die Schwimmwesten keinesfalls im Flugzeug, sondern erst NACH dem Verlassen der notgewasserten Maschine aufgeblasen werden.



„Mit einer aufgeblasenen Schwimmweste ist es schwierig bis unmöglich, durch den Notausstieg zu kommen“, weiß Ausbilderin Julia Steiger-Tösch. Tatsächlich ertranken bei der Notwasserung des entführten Ethiopian Airlines Fluges 961 vor den Komoren im Jahr 1996 viele Passagiere, weil sie die Schwimmwesten zu früh aufgeblasen hatten.
Flugbegleiter - vielfältig qualifizierte Profis über den Wolken
Nicht ganz so spektakulär aber ebenfalls wichtig ist das korrekte Verhalten bei Druckverlust in der Kabine. Dann kommen die Masken für die Passagiere automatisch von der Decke. Flugbegleiter, die sich gerade in der Kabine beim Service befinden, müssen sich in einem solchen Fall eine der zusätzlichen Masken (es gibt regulär mehr Masken als Passagiersitze) greifen und auf Anweisungen aus dem Cockpit warten. Für die Crew stehen außerdem eigene tragbare Sauerstoffflaschen zur Verfügung, die sie gegebenenfalls nutzen können, um im Falle eines Druckverlustes in der Kabine mobil zu bleiben und den Passagieren zu assistieren. Für Reisende mit Kindern gilt in jedem Fall – ZUERST setzen sich die Erwachsenen die Maske auf, dann helfen sie ihrem Kind. Warum ist schnell erklärt: Es bringt nichts, dem Kind zuerst die Maske aufzusetzen, wenn man danach dann selbst ohnmächtig wird, weil man es nicht mehr rechtzeitig schafft, zur eigenen Maske zu greifen.









Doch nicht nur der professionelle Umgang mit den bereits aufgelisteten Notfällen zählt zu den Aufgaben der Flugbegleiter. Die Zahl der Flugreisenden steigt von Jahr zu Jahr, auch viele ältere Menschen nutzen das Flugzeug. Da bleiben gesundheitliche Probleme – von der Magenverstimmung über die Kreislaufschwäche bis zum Herzinfarkt – unter den Reisenden nicht aus. Deshalb sind die Flugbegleiter in erweiterter Erster Hilfe geschult und es befindet sich an Bord der Flugzeuge eine umfassende notfallmedizinische Ausrüstung – inklusive Defibrillatoren und ein sogenanntes „Doctors Kit“, das Ärzten vorbehalten ist. Auch hier übererfüllt Austrian Airlines als sicherheitsbewusste Qualitätsfluglinie die gesetzlichen Mindeststandards deutlich, und natürlich sind die Flugbegleiter auch geschult, an Bord befindliche Ärzte bei der Versorgung eines Patienten zu unterstützen.


Geradezu „gedrillt“ – weil es hier im Ernstfall wirklich auf jede Sekunde ankommt – werden die Flugbegleiter beim Thema Evakuierung eines Flugzeuges auf dem Boden. Eine solche geschieht grundsätzlich nur auf Anordnung eines der Piloten (oder nach eigenem Ermessen durch die Kabinenbesatzung wenn gesichert ist beziehungsweise angenommen werden muss, dass die Piloten nicht mehr handlungsfähig sind). Erforderlich kann sie aus verschiedenen Gründen werden, etwa nach Ausbruch eines Feuers auf dem Vorfeld, nach einem Start- oder Landeunfall.
Zu einer korrekten Evakuierung gehört weitaus mehr, als einfach nur die Türen zu öffnen und die Notrutsche hinunterzurutschen. Die Crew muss auch die – häufig in Panik verfallende – Masse von Passagieren im Zaum halten und mitunter davor schützen, sich selbst zu gefährden oder gar umzubringen bei einer panischen Flucht.
Flugbegleiterin Machacek präzisiert: „Egal ob auf Anweisung des Cockpits oder auf Eigeninitiative, bevor wir einen Notausstieg öffnen, müssen wir uns durch einen Blick nach draußen vergewissern, dass der Fluchtweg frei ist. Sprich, wenn es vor einer Türe brennt, können wir den Notausstieg nicht verwenden. Erst, wenn klar ist, hier ist eine sichere Evakuierung möglich, öffnen wir die Tür.“ Doch auch damit ist es nicht getan. „Wir müssen dann erst warten, bis die Notrutsche aufgeblasen ist und die Passagiere, die im Ernstfall natürlich nach draußen drängen mit Kompetenz und Eloquenz so lange zurückhalten, bis ein sichere Verlassen des Flugzeuges möglich ist. Das dauert einige Sekunden, je nach Größe der Rutsche.“ Und auch hier lauern noch Fallstricke für die Crew. Mitunter ist eine Tür nach einer Bruchlandung nämlich verklemmt, lässt sich gar nicht oder nur schwer öffnen. Der Mechanismus, der beim Öffnen des Notausstiegs dafür sorgt, dass sich die Rutsche automatisch aufbläst, kann beschädigt sein und versagen. Machacek: „Dann ist wiederum die Fähigkeit der Cabincrew gefragt, mit dieser Situation umzugehen, auf die professionelle Reaktion kommt es an.“
Genau das wird an verschiedenen Stationen im Ausbildungszentrum der AUA trainiert, für alle von der AUA geflogenen Flugzeugmodelle stehen sogenannte „Door Trainer“ zur Verfügung, an denen verklemmte Türen, nicht funktionierende Notrutschen, etc … simuliert werden können. Die Tür einer Boeing 777 oder 787 hat ein ordentliches Gewicht. Ist sie verkeilt, benötigt es einen erheblichen Kraftaufwand, um sie zu öffnen – sogar für einen gestandenen Mann mit 85 Kilogramm „Kampfgewicht“, wie der Selbstversuch des Autors ergab.
Ausbildungsleiter Stefan Koller schmunzelt: „Jede Flugbegleiterin, jeder Flugbegleiter muss das schaffen, egal ob die körperlich zierlich gebaute 18-jährige Maturantin oder der 90-Kilo-Mann, der in der Freizeit boxt oder Kraftsport macht. Denn das ist entscheidend im hoffentlich nie eintretenden Ernstfall und bei der Sicherheit machen wir keinerlei Zugeständnisse - weder im Cockpit noch in der Kabine.“

















Dass eine gut trainierte Kabinenbesatzung im Ernstfall den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen kann, zeigt der Fall von Air France Flug 358 im Jahr 2004. Der A340 der Air France schoss bei der Landung in Toronto (Kanada) über das Pistenende hinaus, stürzte einen Abhang hinunter, ging in Flammen auf und brannte binnen Minuten völlig aus. Nur dank der beherzten und professionellen Reaktion der Flugbegleiter überlebten alle Passagiere an Bord. Wie ein solcher Unfall mit mangelhaft qualifizierten Flugbegleitern, die schon bei einem simplen Startabbruch die Nerven wegschmeißen, ausgehen hätte können, möchte ich mir lieber gar nicht erst ausmalen ...
Zum Glück war die AUA in den vergangenen Jahrzehnten noch nie in einer derartigen Situation konfrontiert, was sicherlich auch auf das hochwertige Training ihrer Piloten zurückzuführen ist. Dafür wurde heuer erst ein Simulator für die Boeing 787 auf dem Flughafen Wien neu in Betrieb genommen.
Ihr Wissen und Können für den Notfall mussten die AUA-Flugbegleiter überhaupt nur sehr selten einsetzen und wenn, dann sind es zumeist medizinische Herausforderungen, die hoch über den Wolken auftreten. Aber es ist gut zu wissen, wie ausgezeichnet trainiert das Kabinenpersonal der Fluglinie mit der rot-weiß-roten Heckflosse ist. Da weiß man dann auch, dass die paar Euro die das Ticket mehr als beim Billigflieger kostet, gut investiert sind, während man seinen Kaffee auf dem Weg in den Urlaub genießt.

Übrigens, aktuell sucht Austrian Airlines wieder Flugbegleiter. Bewerben kann man sich hier.
Text & Fotos: Patrick Huber